Doch wie war das damals, als oben auf der Hude, mitten im Arnsberger Wald, der große Neubau entstand? Erholung und Entspannung für Familien – dieses Anliegen leitete die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) seinerzeit, in der Ortschaft Brüningsen ein modernes Wohnheim zu errichten. Die malerische Möhne-Landschaft dort am Südrand der Talsperre, genau gegenüber von Günne, biete die besten Voraussetzungen, mögen sich die Verantwortlichen gedacht haben. Sie hatten, wie Verbandsvorsitzender Bernhard Winkelheide bei der feierlichen Grundsteinlegung betonte, auch zahlreiche Mütter im Blick, die noch nie in den Urlaub gefahren sind. Dieses Haus solle einen „bescheidenen Beitrag zur Verbesserung leisten“. Auch der soziale Aspekt dürfe nicht vergessen werden, denn die Einrichtung sei ja für die Arbeitnehmer bestimmt.
Der damalige Landrat Georg Ehrich hob in seiner Rede hervor, dass dieses Haus der von Gemeinsinn erfüllten Tradition und Aufgabenstellung der KAB alle Ehre mache. Auch den Mitgliedern der Gesellschaft, die trotz harter Arbeit noch nicht an den Annehmlichkeiten des Lebens teilnehmen können, solle sorgenfreie und finanziell gesicherte Erholung beschieden sein. Ehe und Familie sollten einem besonderen Schutz unterstellt sein. In erster Linie sei hier an kinderreiche Familien gedacht, die, laut Umfrage, noch nie Ferien gemacht haben.
In der Standortfrage bescheinigte Ehrich allen Beteiligten eine glückliche Wahl: Man habe sich wahrlich die schönste Ecke des gesamten Kreises Soest ausgesucht. Hubert Belke, Ortsvorsteher von Günne und gleichzeitig Bürgermeister der noch jungen Großgemeinde, erinnerte in seiner kurzen Ansprache an die Geschichte dieses Grundstückes.
Es sei noch gar nicht so lange her, da habe die Hude, wie sie heute noch genannt wird, den Bauern als gemeinschaftliche Weide für ihr Vieh gedient. Erst 1929 sei das Gebiet unter allen Nutznießern aufgeteilt worden und bei dieser Gelegenheit auch der Gemeinde ein Stück zugefallen. Schon immer soll sie besondere Pläne für dieses herrliche Stückchen Erde gehegt haben. Eine Gewerkschaft habe sich 1964 beworben. Das Ferienheim, das sie eigentlich für Arbeiterfamilien aus dem Ruhrgebiet bauen wollte, sei jedoch nie realisiert worden. Drei Jahre später jedoch war der Verwendungszweck endgültig beschlossene Sache: die KAB stieg ein, es dauerte jedoch noch geraume Zeit, bis der Verband die Handwerker bestellen konnte, denn die Finanzierung des Projektes zog sich lange Zeit hin. Doch nun gehe ein lang gehegter Wunsch der Gemeinde in Erfüllung, so Belke.
Zahlreiche Ehrengäste waren damals zur Hude gekommen, um die Weihe des Grundsteins durch Verbandspräses Walter Andernahr und das Einmauern samt Urkunde zu erleben. Sie wünschten den Bauherrn viel Glück und alles Gute für ihr Vorhaben. Bei ersten Planungen war noch die Rede von Kosten in Höhe von fünf Millionen Mark, kurz darauf rechnete man schon mit sieben Millionen. Den größten Zuschuss gab die Bundesregierung. Auch das Land, der Kreis und die Gemeinde Möhnesee gaben Geld. Was beim hoffnungsvollen ersten Spatenstich niemand ahnte: In der Energiekrise drohte das Projekt noch während der Bauphase zu scheitern. Doch das wusste der damalige Leiter Otto Mantel in seiner bekannten tatkräftigen Art zu verhindern. Dank seiner guten Verbindungen zur Militärseelsorge gelang es ihm, gegen ein langjähriges Belegungskontingent ein günstiges Darlehen zu vermitteln.
Das Heinrich-Lübke-Haus ist ein Anziehungspunkt und eine gefragte Adresse in der Gemeinde Möhnesee. Möglicherweise liegt es auch daran, dass es den Charme der 70er-Jahre ausstrahlt. Was jedoch nicht bedeutet, dass die Zeit dort oben stehen geblieben ist. Im Gegenteil: Mit einem breit gefächerten Angebot, einer besonderen, beinahe familiären Atmosphäre und einem kommunikativen Ambiente gelingt es dem Team, ein breites Publikum anzusprechen. Kinder wissen: Im Heinrich-Lübke-Haus ist immer etwas los, langweilig wird es nie, wenn Entdeckungstouren in der Natur oder Abenteuerspiele anstehen. Das zeigte sich gerade jetzt wieder im Osterferien-Programm. Die Kinder unternehmen etwas, ebenso die Eltern, abends dann wandern zum Beispiel alle gemeinsam durch den Wald.
„Leben und lernen unter einem Dach“, lautet das Motto in einem Haus für alle, verbunden mit der herzlichen Einladung: „Gönne die Günne!“ Urlauber, Seminarbesucher, Tagungsgäste, Ruhesuchende schwärmen für die gute Küche, Spaziergänger kehren nachmittags gern zu Kaffee und Kuchen ein und merken einmal mehr, wie schön es doch so nah vor der eigenen Haustür ist.
Im Jahr 1974 kamen die ersten Gäste, die Zahl der Übernachtungen dürfte inzwischen bei gut zwei Millionen liegen. Das 50-jährige Bestehen werde 2024 groß gefeiert, kündigt Martin Weimer an, „ein besonderes Jubiläum“.