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Klartext vom Fachmann: Kommunen können Bau von Windrädern zwar verzögern, aber nicht verhindern

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Von: Achim Kienbaum

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Windräder auf der Haar bei Möhnesee
Keine Ansichtssache, sondern knallharte Notwendigkeit, ist für Fachleute der Ausbau der Windenergie. Die Kommunen sind bei den Genehmigungsverfahren jetzt bereits weitgehend raus - und werden es bald noch viel mehr sein. © Peter Dahm

Wer keine Windräder vor seiner Haustür oder im Arnsberger Wald haben will und dabei auf Unterstützung „seiner“ Ratsmitglieder hofft, der dürfte nach den Ausführungen eines Fachmannes im Rat am Donnerstag, 8. September, enttäuscht gewesen sein. Für Politik und Verwaltung gab es dagegen einen Erkenntnisgewinn: Das Heft des Handelns beim Ausbau der Windkraft haben bereits jetzt weitgehend andere in der Hand – und werden es in Zukunft komplett haben.

Möhnesee – Es ist eine zweifellos schwierige Konstellation: Ein großes Informationsbedürfnis bei vielen Bürgern, die mit Plänen von Investoren konfrontiert werden, die in ihrer Nähe Windenergieanlagen (WEA) bauen wollen, trifft auf eine Politik, die sich zwar weitgehend einig ist bei der Notwendigkeit, mehr regenerativen Strom zu erzeugen, die aber noch keine belastbare gesetzliche Grundlage für diesen Ausbau geschaffen hat.

Vor diesem Hintergrund haben sich bislang auch die meisten Ratsfraktionen abschließende die Festlegung auf eigene Positionen, zum Beispiel zum Bau von Windrädern im Arnsberger Wald bei Brüningsen, vorbehalten (siehe Infokasten).

Juristische Großwetterlage

Politik und Verwaltung hatten mit Thomas Tyczewski von einer Münsteraner Anwaltskanzlei einen Fachmann in Sachen juristische Großwetterlage beim Ausbau der Windenergie eingeladen, der mit einigem Erfolg versuchte, eine in vielerlei Hinsicht komplexe Situation verständlich darzustellen. Komplex unter anderem deswegen,weil eine Unmenge juristischer Folgen zu bedenken sind, sehr vieles bei der Gesetzgebung noch „im Fluss“ ist und – es lebe der Föderalismus – vom großen Bund bis zur kleinsten Gemeinde alle Ebenen irgendwie beteiligt sind.

Aussichten

Bundesweit sollen auf 2 Prozent der Fläche Windkraft möglich werden. In NRW wird die Verteilung über den Landesentwicklungsplan gesteuert werden. Die Kommunen werden eigene Quoten erhalten, die wohl von ihren jeweiligen freien Flächen abhängen werden. Sie sind bei der Zumessung zu hören.

Apropos beteiligt: Mit Klaus Peter Teipel (CDU) hatte wohl nicht nur ein als Richter arbeitender juristischer Profi in der Runde nach den Ausführungen von Tyczewski den Eindruck, dass bei der vorliegenden Thematik die in der Verfassung verankerte Mitwirkung der Kommunen weitgehend ausgehöhlt werde – und damit auch die Möglichkeiten von Gemeindeparlamenten, den Bau nicht gewollter Windräder auf ihrem Gebiet zu verhindern.

Flächennutzungsplan ist ein stumpfes Schwert

Aktuell gibt es dafür in der Gemeinde nur das Instrument des Flächennutzungsplanes aus dem Jahr 2009, ,der keine WEAs südlich der Haar zulässt – ein ziemlich stumpfes Schwert schon jetzt, völlig untauglich spätestens 2027, erklärte Tyczewski. Spätestens dann werden die Entscheidungen darüber, wo Windräder gebaut werden dürfen, nämlich im Rahmen von Regionalplänen getroffen werden – dann wird also die Arnsberger Bezirksregierung über Genehmigungen entscheiden, nicht mehr, wie jetzt der Kreis.

Grüne glasklar: „Wir wollen mehr Windräder, auch im Wald“

Uwe Beißner und Uwe Gronert (beide Grüne) appellierten an alle Fraktionen im Rat, „endlich Position zu beziehen“, wo sie Windräder unterstützen und wo nicht. Nur so werde es möglich sein, später Einfluss auf die Ausweisung geeigneter Flächen auf regionaler Ebene zu nehmen. „Es muss Schluss damit sein, nach juristischen Möglichkeiten zu suchen, Windräder zu verhindern“, erklärte Gronert, „das ist nicht zu verhindern“. Stattdessen solle sich die Politik aktiv dafür einsetzen, Möglichkeiten auszuloten, Bürger finanziell auf verschiedene Weisen an den Erträgen aus der Windkraft zu beteiligen.

Die Grünen unterstützen unter anderem den Bau von Windenergieanlagen im Gemeindegebiet, sowohl auf Kalamitätsflächen im Arnsberger Wald als auch auf der Haar, sofern sie „mit Umwelt-, Natur- und Artenschutz einhergehen. Sie fordern darüber hinaus die „rückstandslose Entfernung“ aller Anlagen nach dem Ende der Laufzeit.

Und das wird vor dem Hintergrund geschehen, dass bestimmte Anteile an der Gesamtfläche für Windräder vorgehalten werden müssen. In NRW sind das 1,1 Prozent der Landesfläche – zu erreichen bis 2027, sogar 1,8 Prozent bis 2032 (siehe Infokasten). Möhnesee, das ist immerhin schon jetzt klar, wird dazu seinen Beitrag leisten müssen.

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