Thomas Tyczewski stellte klar: Die Entscheidungsbefugnis, wer wo Windräder aufstellen darf, soll höher angesiedelt werden: Die Bezirksregierungen und Regionalräte sollen künftig entscheiden. Schon ab März 2023 könnte Arnsberg in der Theorie damit alle Kompetenzen an sich ziehen – der Kreis Soest würde schon dann nicht mehr über Genehmigungen entscheiden, die Gemeinde Möhnesee würde nicht mehr nach ihrem Einvernehmen gefragt, das trug Svenja Skowronski vor. Wann genau die Kompetenzen wandern werden, stehe aber noch nicht fest.
Aktuell gibt es 24 Bauvorhaben, mit denen sich Verwaltung und Politik befassen müssen. Die Fraktionsvorsitzenden der Parteien und eines Vereins im Gemeinderat haben sich gedanklich bereits getrennt von einem gültigen Ratsbeschluss, wonach südlich der Haar keine Windräder gebaut werden dürfen. Das wurde deutlich beim Podium nach den Fachvorträgen und der Vorstellung einer möglichen Bürger-Energie-Genossenschaft.
Die Grünen wollen den Wald schnell für erneuerbare Energien, für neue Fuß- und Radwege erschließen, lieber gestern als morgen. Die SPD will abwarten, was genau im Regionalplan steht, das sagte Gerhard Bruschke. Windkraft im Wald und Umweltschutz schließen sich nicht aus, das ist schon länger SPD-Position.
Die CDU hat keine einheitliche Linie. Als Fraktion sei man grundsätzlich zu Gesprächen bereit und sehe vor allem kein Problem bei Fichtenbeständen, schon gar nicht bei Brachflächen durch den Borkenkäfer. Birgit Honsel: „Wir reden über Nutzwald, nicht über Urwald.“ Man müsse auch den Waldbauern das Recht lassen, Geld zu verdienen. Die FDP gibt ihr bisheriges Nein auf und will ganz pragmatisch über Details reden. „Ich habe umgedacht“, sagte Boris Cramer. Auch die Bürgergemeinschaft will lieber reden. Wenn es gar nicht anders gehe, wolle man lieber schauen, wie man so viel wie möglich für die Gemeinde und die Bürger herausholen könne, sagte Christian Wolf. Anwalt, Dezernentin und Politiker waren sich einig: „Die Dinge sind im Fluss, wir wollen hier nicht in eine Glaskugel schauen.“
Bürgermeisterin Maria Moritz hielt sich mit Wortbeiträgen zurück. Mit Absicht, wie sie sagte – deshalb habe sie auch Michaela Padberg von der WDR-Lokalzeit Südwestfalen mit der Moderation des Abends beauftragt. Die Verwaltungschefin sagte zum Einstieg in den langen Abend: „Gemeinsam mit den Bürgern, der Politik in Möhnesee und den Verantwortlichen der Bezirksregierung Arnsberg möchte ich in den nächsten Wochen und Monaten einen größtmöglichen Konsens zum Thema Windenergie finden. Wir müssen uns dem Thema erneuerbare Energien intensiver stellen und unseren Beitrag dazu leisten. Das ist unsere Verantwortung für die zukünftigen Generationen.“
Diplom-Geograf Ulrich Cordes aus Allagen ist bekannt für seinen Widerstand gegen die Windräder im Wald. Er erinnerte an Möhnesees überregional bekannten Naturfreund Wilfried Stichmann: „Er hat immer gewarnt vor einer Windrad-Industrie im Arnsberger Wald.“ Und: „Wir müssen überlegen, ob wir uns nicht in 20 Jahren entsetzt fragen werden: ‚Was haben wir da bloß gemacht?“ Es gab ebenso Wortmeldungen, ein Umdenken sei endlich nötig, Wald und Windrad seien durchaus vereinbar – auch dafür gab es Beifall.
Wie können Bürger von Windenergie profitieren, wie können sie am Gewinn der Windradbetreiber teilhaben? Gregor Ahler stellte die Energiegenossenschaft Ahaus-Heek-Legden vor, die wie berichtet als Vorbild dient für das Projekt des Günners Ralf Schütte: Der möchte für Möhnesee und das Umland eine Bürger-Energiegenossenschaft gründen und sucht Interessierte, die sich beteiligen und mitbestimmen möchten. Das Prinzip: Ein Kopf, eine Stimme, ob die Einlage nun mindestens 500 oder 10 000 Euro beträgt – in Ahaus ist das die Obergrenze pro Kopf.
Die „Werkstattgespräche“ im Anschluss boten Raum für den Dialog zwischen den Projektierern, den Politikern, den Gästen und der Verwaltung.