1. Soester Anzeiger
  2. Lokales
  3. Möhnesee

Eine Premiere in der Gemeinde: Möhnesee bekommt ersten Stolperstein

Erstellt:

Von: Astrid Gunnemann

Kommentare

Familie Meyerhoff wohnte Am Kirchplatz 10.
Familie Meyerhoff wohnte Am Kirchplatz 10. © Dahm

Die Gemeinde Möhnesee bekommt ihren ersten Stolperstein. Damit soll an das Schicksal von Max Meyerhoff erinnert werden. Die Geschichte.

Körbecke – Die Gemeinde Möhnesee wird ihren ersten Stolperstein bekommen und damit an das Schicksal von Max Meyerhoff erinnern. Der als Meyer Meyerhoff geborene, später aber Max genannte jüdische Mitbürger, lebte bis 1938 mit seiner Frau Henriette im Haus Am Kirchplatz 10 – im Schatten der Pankratiuskirche. Der Kulturausschuss, der am Donnerstag, 12. Januar, tagte, sprach sich einstimmig dafür aus, den Künstler Gunter Demnig, der mittlerweile in ganz Deutschland Stolpersteine verlegt, mit der Verlegung in Körbecke zu beauftragen.

Max Meyerhoff, der mit seiner Frau und zwei Kindern in Körbecke ein angesehener Bürger war, betrieb im Haus Am Kirchplatz 10 eine Metzgerei mit Vieh- und Samenhandlung. Kurz nach der Reichspogromnacht im November 1938 wurde Max Meyerhoff verhaftet und 1944 im KZ Theresienstadt ermordet. Seine Kinder waren zu diesem Zeitpunkt verheiratet und lebten nicht mehr in Körbecke. Seine Frau Henriette konnte fliehen. Die Kinder von Max und Henriette Meyerhoff hießen Elly und Ernst. Ernst emigrierte bereits 1937 in die USA. Elly heiratete Otto Abendstern, das Paar bekam einen Sohn, Peter. Max Meyerhoffs Schwiegersohn wurde im KZ Auschwitz ermordet. Dessen Frau Elly und Sohn Peter konnten nach Frankreich und später in die USA fliehen.

Stolperstein als Beitrag zum Gedenken

Die Verlegung eines Stolpersteins sei ein wichtiger Beitrag zum Gedenken an die jüdischen Bewohner in der Gemeindegeschichte und eine dauerhafte Erinnerung an die Namen der Opfer, erklärte Gemeindearchivarin Lena Lewald, die im Kulturausschuss über die Stolperstein-Aktion berichtete.

Die Hochzeit von Elly Meyerhoff und Otto Abendstern wurde am 31. August 1931 gefeiert. Das Foto entstand vor dem Wohnhaus der Familie Max Meyerhoff, Am Kirchplatz 10. Rechts hinter Otto Abendstern steht der Körbecker Max Meyerhoff, direkt hinter Elly ist ihre Mutter Henriette Meyerhoff zu sehen.
2oHochzeitmeyerhoff(1).jpg © Gemeindearchiv Möhnesee, Familienarchiv Meyerhoff/Abendstern, Fotograf unbekannt

Der Künstler Gunter Demnig möchte ein gutes halbes Jahr vorab die Termine für die Verlegung wissen. Deshalb wird die Verlegung für Oktober oder Dezember geplant. Der Stolperstein kostet 120 Euro und wird durch Spenden finanziert. Hinzu kämen eventuell noch Übernachtungskosten für den Künstler.

Mitwirkung der Möhnesee-Schüler denkbar

Die Ausschussmitglieder regten an, dass auch Schüler, zum Beispiel der Möhnesee-Schule, die Verlegung durch Aktionen unterstützen. Denn um den Geschichtslehrer Meinolf Padberg waren die jungen Leute der Schule bereits sehr aktiv, was Erinnerungskultur und die Ausein-andersetzung mit jüdischem Leben in der Gemeinde betrifft.

Lena Lewald erklärte, warum nur Max Meyerhoff einen Stolperstein erhält und nicht die ganze Familie: Einen Stolperstein erhält nur das Opfer, das nach 1933 vor Ort lebte. Die Juden aus den Orten rund um den Möhnesee seien schon vor 1933 fortgezogen. Die Archivarin sprach auch davon, Stolpersteine für die Opfer von Euthanasie und sogenannte „Stolperschwellen“ für größere Opfer-Gruppen der Nationalsozialisten zu verlegen. Dabei erwähnte sie die zahlreichen tödlich verunglückten Zwangsarbeiter, die beim zügigen Wiederaufbau der im Mai 1943 zerstörten Staumauer ums Leben gekommen sind.

Der Künstler Gunter Demnig

Der Künstler Gunter Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbst gewählten Wohnort kleine Gedenktafeln aus Messing in den Bürgersteig einlässt. Auf den Messingtafeln stehen der Name des Opfers und Geburts- und Todesdatum. Die Aktion gibt es inzwischen schon seit vielen Jahren, in 1265 Kommunen liegen inzwischen gut 75 000 Stolpersteine – auch in der Stadt Soest, dort wird das Leben der jüdischen Mitbürger auch in einer Dokumentation zu den Stolpersteinen erläutert. Gunter Demnig wurde 1947 in Berlin geboren, seit 1996 verlegt er die Stolpersteine zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus. Demnig wurde in ganz Deutschland durch seine Stolpersteine bekannt, die er auch selber verlegt. Die Aktion Stolpersteine gibt es inzwischen in 24 Staaten Europas.

Auch interessant

Kommentare