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In Lucas Relleckes Keller werden muskulöse Helden geboren

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Von: Achim Kienbaum

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So ganz alleine ist er nie: Ohne den „Cro-Man“ und seine Vorgänger wie den „Meatgrinder“und endlos viele andere Kreationen aus Muskelmasse und Plastik zieht Lucas Rellecke nirgendwo hin – nicht einmal nach Wamel.
So ganz alleine ist er nie: Ohne den „Cro-Man“ und seine Vorgänger wie den „Meatgrinder“und endlos viele andere Kreationen aus Muskelmasse und Plastik zieht Lucas Rellecke nirgendwo hin – nicht einmal nach Wamel. © Achim Kienbaum

Es war an einem warmen Sommertag, vor einigen Jahren: Lucas Rellecke stand oben auf der Haar und sah hinunter auf den See, auf Felder – und auf Wamel. Er war zu Besuch aus Berlin, ein paar Tage raus aus der Stadt, zurück in dem Dorf, in dem er aufgewachsen war. Und plötzlich, die Erinnerung daran ist auch Jahre später noch ungetrübt, wurde aus dem Blick zurück ein Blick nach vorn: „In dem Moment war mir plötzlich klar, dass ich hierhin gehörte und wieder hier leben wollte“, sagt er. Gesagt – getan.

Wamel – Rellecke und Wamel? Hmmm... da war doch was? Klar, Rellecke! Horst Rellecke: Künstler und Architekt, nicht zuletzt als Schöpfer des Glaselefanten im Hammer Maxipark bekannt – und Vater von Lucas und seinem Zwillingsbruder.

Ganz bewusst hatte Horst Rellecke Mitte der 80er-Jahre das urbane Milieu von Stuttgart verlassen und sich am Möhnesee niedergelassen – was seinen beiden Jungen eine mitunter kitschigschöne Kindheit bescherte, die mit zahllosen Erinnerungen an die dörfliche Idylle und unbeschwerte Zusammenkünfte von Künstlerkollegen des Vaters und deren Familien im Wameler Elternhaus Lucas’ Jahre in der Hauptstadt überdauerte.

Fremdeln mit Epizentrum

Nach seinem Abitur am Soester Archigymnasium und einem fremdelnden Jahr in Köln, dem Epizentrum rheinische Frohsinns, dessen Ausläufer ihm am Möhnesee dann doch die ein oder andere schöne Erinnerung eingetrübt hatten, hatte der junge Philosophie- und Skandinavistik studierende Freigeist in Berlin eine neue Heimat gefunden. Er wurde, nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge und unter anderem:

- studierter (und arbeitsloser) Philosoph und Skandinavist

- Mitarbeiter einer Agentur (alias „Lügenmühle“), die für namhafte Bundespolitiker einen Online-Dialog mit der Bürgerschaft inszenierte

- Ehemann und Vater von zwei Töchtern

- Protagonist einer ausgewachsenen Spiegel-Reportage („Der Toyboy“) über den Entwickler und Hersteller von Action-Figuren wie den „Meatgrinder“ – für ihn eindeutig Kunstwerke, die er ziemlich erfolgreich an Sammler in aller Welt verkaufte. Und auch heute noch verkauft.

Es war, erzählt der inzwischen 40-Jährige bei einem kühlen Bier im rustikalen Ambiente des Atelier-Kellers seines Einfamilienhauses in Wamel, ein gutes freigeistiges Leben – bis zu jenem warmen Sommertag vor einigen Jahren.

Einige Wochen später brachte ein vollbepackter Umzugs-Lkw unverzichtbare Requisiten des Relleck´schen Familienlebens aufs Land. Lucas Rellecke folgte mit einer imposanten Ladung Spielfiguren in seinem Pkw – et voilá: Wamel hatte einen Künstler mehr. Und hat es immer noch.

Kunst aus dem Keller für Sammler in aller Welt: Was einst Beruf(ung) war, ist inzwischen Hobby.
Kunst aus dem Keller für Sammler in aller Welt: Was einst Beruf(ung) war, ist inzwischen Hobby. © Achim Kienbaum

Bloß hat der inzwischen aus dem Beruf wieder ein ziemlich ernsthaftes Hobby gemacht – mit anderen Worten: Die Zahl der Pakete mit Action-Figuren, die von Wamel aus via Körbecke in die Welt geschickt werden, ist deutlich geringer als zu Berliner Zeiten – die Freude am Schaffen der putzigen Muskelprotze ist es nicht.

Was durchaus, räumt er ein, auch damit zu tun haben könnte, dass er seinen Beitrag zum Familienbudget mit anderer Arbeit leisten kann.

„Es fühlt sich gut an, dass meine Tochter dieselbe Grundschule besucht wie ich selber früher als Kind“, nennt Lucas Rellecke ein Beispiel dafür, warum es richtig war, die alte Heimat zur neuen Heimat zu machen – selbst wenn er nicht gerade wieder oben auf der Haar steht und hinunter sieht.

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