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Anwälte eingeschaltet: Dauercamper sauer über geplanten Wohnmobil-Tourismus

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Von: Thomas Brüggestraße

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Vor dem Büro des Platzverwalters standen die Camper dicht an dicht und machten ihrem Ärger Luft.
Vor dem Büro des Platzverwalters standen die Camper dicht an dicht und machten ihrem Ärger Luft. © Thomas Brüggestraße

Viele Dauercamper am Möhnesee sind sauer, weil sie Parzellen gemietet haben. Nun werden sie vom Platzverwalter aufgefordert, ihre Plätze für Wohnmobil-Touristen zu räumen.

Körbecke – Die Dauercamper auf dem ADAC-Platz an der Seepromenade in Möhnesee (NRW) sind enttäuscht und wütend. Das zeigte ein erstes Treffen am Pfingstsonntag, 5. Juni, vor dem Büro des Platzverwalters.

GemeindeMöhnesee
Fläche123,4 km²
Höhe241 m

Von arglistiger Täuschung durch den eigenen Verein war immer wieder die Rede, weil der Platzverwalter Berichten zufolge weiter Parzellen an neue Mieter vergebe, obwohl längst klar sei, dass es einen Kahlschlag geben soll, dass alle Dauercamper aus den vorderen Reihen bis zum Jahresende umziehen sollen auf den Platz oberhalb des Hauptgeländes. Direkt am See sollen künftig Wohnmobilisten Stellplätze anmieten und den Ausblick genießen dürfen. Die Wiese soll dafür verdichtet werden.

Campingplatz am Möhnesee: Dauercamper sind sauer

Die Arbeiten hätten Gartenbaucharakter – es brauche keine Baugenehmigung. Vor etwa vier Wochen hing ein entsprechendes Schreiben beim Platzverwalter aus, seitdem trudeln die Kündigungen durch den ADAC ein: Die Dauercamper sollen auf eigene Kosten alles ab- und zurückbauen und zügig umziehen.

„Wir fühlen uns vorsätzlich hinters Licht geführt, wir haben vor 14 Tagen den Mietvertrag unterschrieben, den uns der Platzwart hingelegt hat“, erzählte ein Rentnerpaar aus Bad Oeynhausen dem Anzeiger am Pfingstsonntag: „Wir haben unser altes Wohnmobil verkauft, haben das Geld sofort hier in den neuen Platz gesteckt. Jetzt haben wir plötzlich die Kündigung zum Jahresende auf dem Tisch – so springt man als Verein doch nicht mit seinen Mitgliedern um!“ 40 Jahre habe er geschuftet, erzählt der Senior – jetzt habe er es sich mit seiner Frau zusammen schick machen wollen.

Campingplatz am Möhnesee: Mitglieder fühlen sich „verschaukelt“

Jürgen Freund aus der dritten Reihe vor der Liegewiese wandte sich schon früh an soester-anzeiger.de: „Die Leute hier werden verschaukelt vom eigenen Verein“, sagte er. „Die Camper haben sich alle ihr eigenes kleines Paradies geschaffen, sind schon ewig hier auf dem Platz. Und jetzt so was!“

Freund hofft auch auf Hilfe aus Verwaltung und Politik: „Wir alle zahlen Zweitwohnsitz-Steuer, wir gehen hier einkaufen, lassen Geld im Ort. Wohnmobilisten kommen, bringen den eigenen Kartoffelsalat und ihr eigenes Bier mit, bleiben zwei, drei Tage, und weg sind sie wieder. Ob die schick essen gehen, Geld hier lassen in der Gastronomie? Ich weiß es nicht, ich glaube es auch eher nicht.“

Campingplatz am Möhnesee: Parzellen kosteten viel Geld

Auch Thorsten Staubus aus Hamm fühlt sich böse verschaukelt. Fürs dritte Drittel habe er sich hier vor wenigen Wochen in der ersten Reihe ein Paradies gesichert, eine Parzelle, auf die er lange habe warten müssen.

Ordentlich Geld habe er schon investiert, und jetzt habe auch er die Kündigung auf dem Tisch. Ums Geld gehe es ihm gar nicht bei dem ganzen Ärger, aber um die Art und Weise, wie der ADAC mit seinen Mitgliedern umspringe, und um seinen ganz persönlichen Traum gehe es.

Campingplatz am Möhnesee: Anwälte sollen hinzugezogen werden

Staubus und Bernd Kirchhoff gehören zur Lenkungsgruppe, die sich gefunden hat. Sie sammelten am Sonntag Unterschriften und Kontaktdaten, sie wollen den Unmut und den Frust der Dauercamper bündeln, Fachanwälte hinzuziehen, Druck aufbauen und effektive Gegenwehr vorbereiten: Man müsse juristisch sauber argumentieren, schon der erste Aufschlag müsse sitzen, so erläuterten sie es ihrem Publikum.

Wie berichtet plant der ADAC, um die 150 Plätze abzuräumen. Die Wohnwagen und Vorzelte sollen weg, das Gelände soll verdichtet werden, und dann sollen dort Wohnmobile parken dürfen – mit herrlichstem Blick direkt auf den See.

„Der anhaltende und immer noch ansteigende Trend zu immer mehr Campingurlauben in der Region Westfalen ist für uns als Mobilitätsdienstleister, Tourismusexperte und eben auch als Verein eine Verpflichtung gegenüber unserer Satzung und unseren knapp 1,5 Millionen Mitgliedern in Westfalen“, so schreiben es Vorstand und Geschäftsführung mit freundlichen Grüßen an alle Dauercamper auf dem Platz und laden ein in die Möhneseehalle:

Campingplatz am Möhnesee: Gespräch geplant

Am 20. Juni ab 17 Uhr wollen Vorsitzender Bernd Kurzweg, sein Stellvertreter Jürgen Hieke, Touristikvorstand Thomas Frisse und Geschäftsführer Dr. Dominik Schwarz mit den Dauercampern aus Körbecke ins Gespräch kommen. Allerdings ist die Atmosphäre jetzt noch weiter vergiftet: Die Camper fühlen sich durch den Text der Einladung und durch den Termin an sich verhöhnt und wenig ernst genommen:

„Es gibt auch Leute, die um 17 Uhr noch arbeiten müssen – so ein Termin ist eine Frechheit, oder aber man taktiert und hofft vermutlich so auf möglichst wenig Teilnehmer am dringend notwendigen Gespräch, damit man die Sache schön- und den Widerstand kleinreden kann“, das fanden nicht nur Thorsten Staubus und Bernd Kirchhoff.

Keine private Angelegenheit

Bürgermeisterin Maria Moritz haben sie eingeladen zum Treffen mit den Mitgliedern aus der Vorstandsriege des ADAC Westfalen – die Sache habe ohne jeden Zweifel auch politische Aspekte und sei keine rein private Angelegenheit eines Vereins, schätzt Bernd Kirchhoff.

SPD-Chef und Ratsherr in Erwitte sei er, verrät er zum Abschied: „Wenn es sich lohnt zu kämpfen, dann hier für die Dauercamper“, sagt er.

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