Ulrich Liehr: „Spüre, dass ich nicht allein bin“

Seit zwei Monaten leitet Pfarrer Ulrich Liehr den gesamten Pastoralen Raum Lippetal. Im Interview spricht er über seine neue Aufgabe und die derzeitige Situation.
Oestinghausen – Seit zwei Monaten leitet Pfarrer Ulrich Liehr den gesamten Pastoralen Raum Lippetal und bekam zu der Pfarrei Jesus Christus Lippetal nach dem Weggang Jochen Kosmanns die Pfarrei St. Ida in Herzfeld und Lippborg hinzu. Fünf Jahre lebt und arbeitet er nun in der Gemeinde, war vorher persönlicher Referent des emeritierten Erzbischofs Hans-Josef Becker. Am Sonntag, 30. April, wird Liehr offiziell in sein Amt eingeführt. Jetzt spricht er über die neue Aufgabe, die auch für den Pastoralen Raum eine Neuheit ist.
Sie sind seit fünf Jahren in Lippetal. Womit haben die Gemeindemitglieder Sie überrascht?
Überrascht hat es mich, wie schnell ich mich in Lippetal eingelebt und zu Hause gefühlt habe. Dazu hat sicherlich auch die Offenheit und Herzlichkeit der Menschen hier beigetragen – und natürlich die herrliche Umgebung, in der wir leben dürfen.
Wie haben die Menschen auf Ihre Übernahme der Leitung des gesamten Pastoralen Raums reagiert?
Für ganz viele stellt diese Neuordnung der Leitung eine große Herausforderung dar, da es etwas Neues bedeutet. Ich habe Respekt vor den Menschen, dass sie diesen Schritt so wohlwollend und mit vielen guten Wünsche begleiten. Und auch das Angebot zum Mithelfen höre ich immer wieder.
Waren Sie selbst überrascht? Was ist für Sie die Herausforderung an der neuen Aufgabe?
Von Überraschung kann ich eigentlich nicht sprechen, da ja von den beiden Bistümern immer angedacht war, dass es eines Tages nur einen Pfarrer für Lippetal geben wird. Nun ist dabei das Los auf mich gefallen. Herausfordernd ist die Aufgabe schon, aber ich spüre jeden Tag, dass ich nicht allein dabei bin. Wir haben hier ein sehr gut aufgestelltes Pastoralteam, das unterschiedliche Bedürfnisse der Menschen ansprechen kann, und auch viele Ehrenamtliche, die mit ins Rad greifen.
Gibt es in einem Priesteramt, das vielen eher als Berufung erscheint, auch Karrierepläne?
Ich bin in diesem Jahr 16 Jahre Priester und konnte viele Erfahrungen in ganz unterschiedlichen Bereichen sammeln, darunter in Rom und in Paderborn. Und doch bin ich jetzt das, was ich immer sein wollte: Pastor mit und für die Menschen.
Was hat Sie dazu bewogen, Priester zu werden? Was können Sie in Ihrem neuen Amt bewegen?
Mit den Menschen ein Stück ihres Glaubens- und Lebensweges zu gehen und sie dabei zu begleiten: das war und ist meine Motivation im priesterlichen Dienst. Und dieser Maxime werde ich auch – so Gott will – in meiner erweiterten Aufgabe treu bleiben.
Die Stelle von Jochen Kosmann wird nicht nachbesetzt. Das heißt, auch wenn Professor Dr. Adrian Wypadlo von außen kommend Messfeiern abhält, dass jemand fehlt. Wie werden Sie das kompensieren?
Schon bei der Bekanntgabe meiner neuen Aufgabe habe ich betont, dass ich keine Notwendigkeit sehe, an der regulären Gottesdienstordnung kurzfristig etwas zu verändern. An Ostern und an den übrigen Feiertagen haben wir einige Dinge neu geordnet. Und doch haben wir hier in Lippetal ein breit aufgestelltes Angebot – von den festlichen Hochämtern über besonders gestaltete Wortgottesdienste bis hin zu Gottesdiensten für Familien mit Kindern.
Vor welchen Aufgaben steht die Kirche in Lippetal aktuell? Was kann sie den Menschen hier geben?
Die desaströse „kirchliche Großwetterlage“ geht an uns natürlich nicht vorüber. Dabei gilt es, die Sorgen der Menschen und auch ihre Kritik ernst zu nehmen und gleichzeitig Angebote zu machen, die ein positives Bild der Kirche vermitteln und dabei helfen, die persönliche Beziehung zu Gott lebendig zu halten. Auf letzteres kommt es mir ganz wesentlich an. Es ist weniger meine Sache, Kirchenpolitik zu machen. Umso mehr möchte ich mit den Schwestern und Brüdern Stärkung im Glauben erfahren.
Derzeit gibt es Krisen und Kriege weltweit. Was wird in den katholischen Gemeinden für das Zusammenleben der Religionen getan?
Immer wieder über das Jahr verteilt setzen wir gemeinsam ökumenische Akzente. So beginnen wir auch in diesem Jahr in Herzfeld gemeinsam die Feier der Osternacht mit der evangelischen Gemeinde. Auch Menschen anderer Religionen sind im Blick; da leisten hauptsächlich Ehrenamtliche sehr viel. Und nicht vergessen dürfen wir das Gebet um den Frieden in der Welt, das vielen ein Herzensanliegen ist.
Wie viel Zeit bleibt Ihnen in Zukunft für die Seelsorge?
Die beiden Bistümer Münster und Paderborn tun viel dafür, dass leitende Pfarrer von Verwaltungsaufgaben entlastet werden. Das erfahre auch ich zunehmend. Dadurch wird Zeit frei, und die steht im besten Falle für die Menschen zur Verfügung.
Welche Bibelstelle ist Ihnen am nächsten?
Es gibt den Brauch, dass sich ein Priester zu seiner Weihe einen Satz aussucht, der ihm viel bedeutet, den sogenannten Primizspruch. Bei mir ist das ein Wort aus dem Großen Glaubensbekenntnis: „Für uns Menschen und zu unserem Heil.“ Dieser Satz ist mir sehr nahe und prägt auch meinen Dienst als Pastor.
Welche Ziele haben Sie sich für die kommende Zeit gesetzt?
Eigentlich keine anderen als die, die ich immer schon hatte: den Glaubens- und Lebensweg der Menschen hier in Lippetal mitzugehen und zu begleiten. Und das im Team mit Gleichgesinnten.
Amtseinführung
Die Amtseinführung wird am 30. April um 10.30 Uhr mit dem Hochamt in St. Ida gefeiert. Anschließend ist Zeit für Begegnung, auch an die Kinder wird hierbei gedacht. Eingeladen sind alle aus dem gesamten Pastoralen Raum.