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Museum für Original-Schiffswrack gilt als zu aufwendig

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Von: Michael Dülberg

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Schiffswrack Lippetal
Seit die Hölzer im Restaurierungslabor lagern, kümmert sich Chef-Restaurator Sebastian Pechtold (links) um das Wrack. Das Holz wurde in Leitungswasser eingelegt. © Michael Dülberg

So ein seltener historischer Fund gehört natürlich in eine Ausstellung. Darüber sind sich nicht nur die Archäologen beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe einig. Wo das Lippe-Wrack aus dem Mittelalter demnächst aber im Original ausgestellt werden soll, darüber wird wohl noch lange diskutiert werden.

Lippetal/Lippstadt – LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger machte bei der Versendung der Wrack-Teile in das Konservierungsbad in Schleswig-Holstein jetzt schon einmal deutlich, dass die Präsentation mit erheblichem technischen und personellen Aufwand verbunden sein wird. Dementsprechend scheidet Lippetal als Fundort der Gemeinde für das Museum vermutlich aus.

Einige Lippstädter wollen Bootswrack-Museum

In der Nachbarschaft in Lippstadt macht man sich nach Informationen der Redaktion aber schon Hoffnungen, dass der Fund demnächst dort am „Lippehafen“ und vermuteten östlichen Ende der mittelalterlichen Bootsfahrten, ausgestellt werden könnte. Für die Lippstädter Abu-Naturschützerin Luise Hauswirth, die zusammen mit Peter Ferlemann (beide aus Lippstadt) das Wrack beim Tauchgang in der Lippe entdeckt hatten, ist diese Hoffnung allerdings unrealistisch. Mit knapp 70 000 Einwohnern sei die Lippe-Stadt immer noch zu klein für eine korrekte Aufstellung des original Schiffes, was technisch und logistisch sehr aufwendig sei.

Modell aus Kunststoff leichter zu präsentieren

Aber sie macht einen anderen Vorschlag, der sicherlich in Lippstadt oder auch in der Gemeinde des Fundortes, in Lippetal, realisiert werden könnte. „Es gibt heute tolle Rekonstruktionsmöglichkeiten und damit könnte das Original-Wrack aus modernem Kunststoff demnächst so originalgetreu nachgebildet werden, dass eine Ausstellung der Öffentlichkeit ohne großen Aufwand präsentiert werden könnte.“

Ohnehin seien ja nicht eigentlich die Bruchstücke des Bootswracks die interessante Geschichte, die eine solche Ausstellung erzählen werde, sondern es gehe um die Umstände, die Natur, den Fluss und die Menschen aus der Zeit, in der das Boot gebaut und im Einsatz gewesen sei, ergänzt Margret Bunzel-Drüke von der Abu.

Moos- und Pollen-Untersuchungen gespannt erwartet

So ist es für die Biologin auch besonders interessant, welche Ergebnisse die Untersuchungen der Dichtung, also der Kalfatmasse, ergeben werden, die auch aus Moosen bestand und in denen sich noch Pollen befinden könnten, die Aufschluss über die hiesige Fauna vor 850 Jahren geben könnten.

Fragen an zuständigen Prof. Michael Baales

Über den Fund und die Resultate der bisherigen Forschung befragte Michael Dülberg Professor Michael Baales, den Leiter der LWL-Archäologie-Außenstelle in Olpe, der das Projekt von Anfang an geleitet hat.

Die Lippe ist ein 220 Kilometer langer rechter Nebenfluss des Rheins in Nordrhein-Westfalen mit einem Einzugsgebiet von 4889,9 Quadratkilometern. Wäre es um 1150 zu schaffen gewesen, die damals vermutlich recht breite und flache Lippe auch noch schwer beladen flussaufwärts zu befördern? Zusatzfrage: Konnte rekonstruiert werden, ob das Schiff flussaufwärts oder flussabwärts gefahren war, ob es segelte, gestakt, gerudert oder getreidelt wurde?

Es wurde vermutlich eher getreidelt, für das Treideln gibt es Belege im Mittelalter, sogar schon bei Römern und Ägyptern. (Treideln bedeutet, dass Pferde oder Ochsen das Schiff vom Ufer aus mit Seilen gegen den Strom ziehen.)

Wurden vielleicht Güter aus Niederlande, Belgien oder Frankreich von hier aus zum Rhein transportiert?

Diese Idee drängt sich auf durch das größere Volumen des Schiffes. Es gab Produkte, die mit dem Boot transportiert worden sein könnten wie Mühlsteine, Keramik, Wein. Auch Personen- oder Viehtransporte sind nicht auszuschließen.

Ist es nicht eher wahrscheinlich, dass das Schiff regional im Raum zwischen Hamm, Herzfeld und Lippstadt eingesetzt wurde?

Dafür ist es meiner Ansicht nach mit 8 Metern Länge und 2,60 Metern Breite zu groß.

Wie erklären Sie es sich, dass das Schiff und die Anlegestelle trotz der Begradigung der Lippe relativ gut erhalten geblieben sind?

Dass das Schiff trotz der Begradigung insgesamt so gut erhalten blieb, auch in der Lippe so gut konserviert war, ist ein Glücksfall. Auch, dass es entdeckt wurde, ehe die Lippe an dieser Stelle wie demnächst geplant ebenfalls renaturiert wurde, ist ein Glücksfall. Dann haben wir bei Hovestadt auch noch einen Vorbau, eine Anlegestelle aus Eichenholz entdeckt, die zwar 100 Jahre jünger ist, aber durch Funde von Tierknochen und diversem Material am Grund auch eine wertvolle Fundstelle darstellt.

Monservierung im Museum Gottorf

Das Museum für Archäologie Schloss Gottorf, wo die Bootsteile jetzt in einem mehrjährigen Prozess konserviert werden gehört zum größten Museumskomplex zwischen Hamburg und Kopenhagen. Es hat die Erforschung der Ur- und Frühgeschichte Nordeuropas in vielfältiger Weise geprägt – und dafür international Anerkennung bekommen.

In den inzwischen über 180 Jahren seines Bestehens sind mehr als 10 Millionen Funde aus 80 000 Jahren Menschheitsgeschichte zusammengekommen.

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