So ist es für die Biologin auch besonders interessant, welche Ergebnisse die Untersuchungen der Dichtung, also der Kalfatmasse, ergeben werden, die auch aus Moosen bestand und in denen sich noch Pollen befinden könnten, die Aufschluss über die hiesige Fauna vor 850 Jahren geben könnten.
Über den Fund und die Resultate der bisherigen Forschung befragte Michael Dülberg Professor Michael Baales, den Leiter der LWL-Archäologie-Außenstelle in Olpe, der das Projekt von Anfang an geleitet hat.
Die Lippe ist ein 220 Kilometer langer rechter Nebenfluss des Rheins in Nordrhein-Westfalen mit einem Einzugsgebiet von 4889,9 Quadratkilometern. Wäre es um 1150 zu schaffen gewesen, die damals vermutlich recht breite und flache Lippe auch noch schwer beladen flussaufwärts zu befördern? Zusatzfrage: Konnte rekonstruiert werden, ob das Schiff flussaufwärts oder flussabwärts gefahren war, ob es segelte, gestakt, gerudert oder getreidelt wurde?
Es wurde vermutlich eher getreidelt, für das Treideln gibt es Belege im Mittelalter, sogar schon bei Römern und Ägyptern. (Treideln bedeutet, dass Pferde oder Ochsen das Schiff vom Ufer aus mit Seilen gegen den Strom ziehen.)
Wurden vielleicht Güter aus Niederlande, Belgien oder Frankreich von hier aus zum Rhein transportiert?
Diese Idee drängt sich auf durch das größere Volumen des Schiffes. Es gab Produkte, die mit dem Boot transportiert worden sein könnten wie Mühlsteine, Keramik, Wein. Auch Personen- oder Viehtransporte sind nicht auszuschließen.
Ist es nicht eher wahrscheinlich, dass das Schiff regional im Raum zwischen Hamm, Herzfeld und Lippstadt eingesetzt wurde?
Dafür ist es meiner Ansicht nach mit 8 Metern Länge und 2,60 Metern Breite zu groß.
Wie erklären Sie es sich, dass das Schiff und die Anlegestelle trotz der Begradigung der Lippe relativ gut erhalten geblieben sind?
Dass das Schiff trotz der Begradigung insgesamt so gut erhalten blieb, auch in der Lippe so gut konserviert war, ist ein Glücksfall. Auch, dass es entdeckt wurde, ehe die Lippe an dieser Stelle wie demnächst geplant ebenfalls renaturiert wurde, ist ein Glücksfall. Dann haben wir bei Hovestadt auch noch einen Vorbau, eine Anlegestelle aus Eichenholz entdeckt, die zwar 100 Jahre jünger ist, aber durch Funde von Tierknochen und diversem Material am Grund auch eine wertvolle Fundstelle darstellt.
Monservierung im Museum Gottorf
Das Museum für Archäologie Schloss Gottorf, wo die Bootsteile jetzt in einem mehrjährigen Prozess konserviert werden gehört zum größten Museumskomplex zwischen Hamburg und Kopenhagen. Es hat die Erforschung der Ur- und Frühgeschichte Nordeuropas in vielfältiger Weise geprägt – und dafür international Anerkennung bekommen.
In den inzwischen über 180 Jahren seines Bestehens sind mehr als 10 Millionen Funde aus 80 000 Jahren Menschheitsgeschichte zusammengekommen.