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Beisetzung der Queen: Café bietet königlichen Beerdigungskuchen an - mit Rezept

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Von: Klaus Bunte

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Die Zwillinge Melanie Stratbücker und Bernd Voschepoth bieten im Café Twin ein Rund-um-Sorglos-Paket zu Queen Elizabeths Beerdigung am Montag.
Die Zwillinge Melanie Stratbücker und Bernd Voschepoth bieten im Café Twin ein Rund-um-Sorglos-Paket zu Queen Elizabeths Beerdigung am Montag – verkauft werden die Backwaren bis Sonntagabend. © Bunte, Klaus

Das Café Twin in Lippetal-Herzfeld hat sich zum Staatsbegräbnis von Queen Elizabeth II. etwas Besonderes einfallen lassen.

Herzfeld – Wenn am Montag die Queen beerdigt wird, werde sicherlich nicht nur Millionen Briten sich den Tag frei nehmen und vor dem Fernseher verbringen. Auch manch Deutscher wird dabei die eine oder Träne verdrücken – dafür sprechen die unzähligen bunten Blättchen, die Woche um Woche Auflage mit den Gerüchten rund um den Adel machen.

Wer es ganz stilecht halten möchte, kann sich im Café Twin noch rasch typisch englisches Gebäck besorgen: Nur noch bis Sonntag haben die Zwillinge Melanie Stratbücker und Bernd Voschepoth Teekuchen und Scones, eine Art süßes Brötchen, das meist aus Weizenmehl gebacken und gerne mit Konfitüre vernascht wird, im Angebot. Am Tag der Beerdigung dagegen nicht mehr – da hat das Café Ruhetag. Dafür aber stellen die Geschwister den Anzeiger-Lesern die von ihnen verfeinerten Rezepte zur Verfügung (siehe Info-Kasten). Wobei man natürlich nicht zwingend die Zitronade grün einfärben muss, wie Voschepoth es getan hat, „denn der Engländer mag seinen Kuchen bunt und süß“.

„Die Idee dazu entstand eigentlich aus einer Laune heraus in der Backstube“, erzählt Voschepoth. „Denn im Westfälischen kennt man die Tradition des Beerdigungskaffees“, sprich, Schnittchen, Filterkaffee und – na klar – Bienenstich und Streuselkuchen. „Wir fragten uns: Welchen Kuchen würde man in England nehmen? So kamen wir auf Teekuchen und Scones, die man hier sonst kaum kaufen würde.“ Mit Erfolg: „Eine Kundin sah das Schild auf der Straße und hat ihrer Chefin, einer Britin, direkt etwas mitgemacht.“

Wer das Geschäft etwas länger nicht betreten hat, wird es nicht direkt wiederkennen, denn die Geschwister haben komplett renoviert. „Seit 20 Jahren sind wir hier“, meint Voschepoth, „Und die Räume wurden sehr gut genutzt. Die Licht- und die Kühltechnik waren aufgebraucht, die Tische und Stühle abgenutzt. Während Corona haben wir überlegt, wie es für uns weitergeht und haben beschlossen, uns neu aufzustellen und dazu alles komplett neu zu machen.“ Seine Schwester dazu: „So schwierig die Corona-Zeit war, so brachte sie einen doch dazu, neue Ideen auf den Weg zu bringen.“

Dazu zählt auch die Neupositionierung etwas mehr hin zum Fachgeschäft. Daher wurde die Zahl der Plätze im Café deutlich verringert, von 65 auf 25 Plätze. Zur Weihnachtszeit wird sich die Verkaufsfläche erhöhen. Neu ist auch, dass der Kunde an der Theke bestellt und bezahlt und einen kleinen Empfänger erhält, der Signal gibt, wenn seine Bestellung zur Abholung bereit steht – auch eine Methode, dem Personalmangel zu begegnen, den Corona der Gastronomie beschert hat.

Umgestellt wurde auch das Frühstück: Ein Büffet wird es künftig nicht mehr geben. Melanie Stratbücker: „Wir sind ja gesetzlich dazu verpflichtet, alles zu entsorgen, was vom Büfett übrig bleibt, aber im Zuge der Nachhaltigkeit ist das einfach nicht zeitgemäß. Daher bieten wir vier verschiedene Frühstücke an.“

Doch die Sorgen reißen nicht ab, denn die gesamte Branche bekommt besonders hart die steigenden Energiepreise zu spüren. Immerhin, gebacken wird hier elektrisch, aber auch die Kosten dafür werden steigen. Und als Konditoren brauchen sie ja auch einiges an Strom für die Kühlung.

Voschepoth: „Es gibt gleich drei Herausforderungen für uns. Zunächst einmal steigt der Mindestlohn auf zwölf Euro. Zugleich steigen die Preise für die Rohstoffe. Was davon kann ich als Handwerksbetrieb noch an die Kunden weitergeben, was nicht, ab wann ist er nicht mehr bereit, sich das noch zu leiten? Und dann die Energie. Die Kreishandwerkerschaft hat mit den Stadtwerken Soest einen Energierahmenvertrag, der zum Jahresende ausläuft, aber es wir kein neuer angeboten. Und keiner weiß, wie stark die Preise noch steigen werden.“

Also gilt es zu überlegen, wo man Strom einsparen kann. Manche Betriebe sehen solche Potenziale beim Gärunterbrecher. Der sorgt über eine Temperatursteuerung dafür, dass vorgefertigte Brötchen eingefroren werden und nicht zu Ende gären. Mitten in der Nacht fährt die Temperatur wieder hoch und die Bötchen werden fertig gebacken, sodass sie morgens knusprig frisch in der Auslage landen. Voschepoth: „Aber mittlerweile ist es auf Dauer günstiger, nachts um 1 Uhr jemanden kommen und die Brötchen machen zu lassen, als den Gärunterbrecher die ganze Zeit laufen zu lassen und Strom dafür zu verbrauchen, dass er die Backwaren erst herunterkühlt und dann wieder rauffährt.“

Die Rezepte

Englischer Teekuchen (3 Stück): 300 Gramm Butter, 60 Gramm Marzipanrohmasse, 220 Gramm Zucker, Zitronenschale und Vanille glattrühren.

- 250 Gramm Ei nach und nach dazugeben.

- 400 Gramm Mehl und 5 Gramm Backpulver unterheben.

- 400 Gramm Cranberries oder Rosinen, 50 Gramm Zitronat, 50 Gramm Orangeat, 20 Gramm Rum und 150 Gramm geröstete, gehackte Mandeln unterheben, in Backringe (Durchmesser 18 Zentimeter) abfüllen.

- 15 Min bei 200 Grad backen, danach bei 170 Grad 15 min ausbacken.

Scones (15 Stück): 240 Gramm weiche Butter, 100 Gramm Zucker und 250 Gramm Ei verkneten.

- 60 Gramm Sahne einrühren.

- 650 Mehl (Typ 405), 40 Gramm Backpulver und eine Messerspitze Vanille unterarbeiten.

- Auf 2,5 Zentimeter Dicke ausrollen und dann fünf Zentimeter große Kreise ausstechen.

- Mit Ei oder Wasser bestreichen, mit Mandeln bestreuen

- Im Ofen bei 190 Grad 15 Minuten lang auf Backpapier backen.

Anders als viele Kollegen gehen die Zwillinge mit Robert Habeck nicht scharf ins Gericht. Der Wirtschaftsminister hatte unlängst in Sandra Maischbergers Talkshow gesagt: „Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erst mal aufhören zu produzieren.“ Als Beispiel für seine These nennt Habeck Blumenläden, Bioläden und Bäckereien, weil diese Läden „darauf angewiesen sind, dass die Menschen Geld ausgeben“. Voschepoth: „Aber durch diese Aussage ist die öffentlichkeit auf die Problematik sehr deutlich aufmerksam gemacht worden. Denn was ist denn, wenn der Bäcker mal aufhört? Die laufenden Kosten bestehen ja weiter, wenn man mal acht Wochen lang nicht produziert. Habecks Aussage hat deutlich gemacht: Auch wir haben Sorgen.“

The Queen would not be amused.

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