Ludger Schenkel, Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters und Leiter im Ordnungs- und Sozialamt, erläuterte, dass das Land aufgrund der großen Bevölkerungszahl 22 Prozent aller nach Deutschland kommenden Ukraine-Flüchtlinge als Asylbewerber mit Aufenthaltserlaubnis und Anspruch auf Sozialleistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz aufnehmen müsse.
Auf die Gemeinde Lippetal wiederum kämen 0,08 Prozent der Flüchtlinge. Das seien bei 100 000 Personen in NRW 83 in Lippetal.
Kommen eine Million Flüchtlinge nach Deutschland, bedeutet dies 222 000 für NRW sowie 182 für Lippetal. Diese Zahl sei derzeit eine realistische Größe, bleibe aber nach oben offen.
Hinzu kommen laut Schenkel nach wie vor die Flüchtlinge mit Bleiberecht oder Duldung aus dem fernen Osten wie die afghanischen Hilfskräfte, aus arabischen sowie afrikanischen Ländern, von denen die Gemeinde bis zu 172 aufnehmen müsse.
Aktuell hat die Gemeinde Lippetal 67 Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Es waren etwa zwei Drittel jüngere Frauen und Mädchen und etwa ein Drittel Männer und Jungen, eine Person ist hochbetagt.
Einige Männer sind dabei, die wegen Urlaubs oder Arbeit im Ausland nicht in der Ukraine zur Waffe greifen. Die Flüchtlinge (51 von 67) sind überwiegend bei Verwandten oder Bekannten untergebracht.
Die Ankünfte erfolgen zügig, mit fünf Tagen Vorlaufzeit werden laut Schenkel weitere Personen oder Familien aus den Landeslagern erwartet.
Im Bürgerbüro der Gemeinde werden die ukrainischen Flüchtlinge angemeldet. Anschließend werden durch die Gewährung von Sozialleistungen der Lebensunterhalt und der Krankenschutz sichergestellt.
Die Gemeinde meldet die Neuankömmlinge dann bei der Ausländerbehörde für die Registrierung an. Dies sei auch für den Kreis Soest eine Mammutaufgabe.
Die Kosten pro Flüchtling belaufen sich laut Schenkel auf rund 13 000 Euro pro Jahr inklusive der angerechneten Personalkosten, wovon die Gemeinde vom Land NRW 10 500 Euro erstattet bekommt. So könne die Kommune die finanzielle Belastung stemmen.
Bauamts-Leiterin Elisabeth Goldstein berichtete, dass bereits leerstehende Wohnungen und Häuser von der Gemeinde akquiriert werden konnten. Ziel sei es, diese Quartiere dezentral im Gemeindegebiet zu organisieren, damit zum Beispiel Schulen nicht überlastet werden.
Weiterhin kommen laut Goldstein Container-Lösungen als Wohnungen in Frage, wobei die liefernden Firmen egal ob beim Verleih oder Verkauf derzeit wegen der allgemeinen Situation in ganz Deutschland ausgebucht sind und drei bis vier Monate Lieferzeit zu erwarten seien.
Erneut solle möglichst verhindert werden, Turnhallen, Bürger- und Vereinshäuser für die Beherbergung der Flüchtlinge zu nutzen. Diese Unterbringungsmöglichkeiten seien zwar kurzfristig realisierbar, aber absolut nachrangig.
Flüchtlingskinder unterliegen der Schulpflicht, erläuterte Hauptamts-Leiterin Stephanie Grabenschröer. Zurzeit seien sechs Kinder in Grundschulen und acht in der Lippetalschule angemeldet.
Wenn es mehr würden, müsse darauf geachtet werden, die Kapazitäten der Klassen nicht zu überfrachten. Für den Fall seien neben den Regelklassen auch andere Modelle denkbar.
An den Kitas seien bisher noch keine Ukraine-Kinder angemeldet worden. Hier gehe es in Zukunft in Abstimmung mit Trägern und Kreisjugendamt um die Fragen nach Überbelegungsplätzen, Masernschutz und Personal wie auch Personalkosten.
Grabenschröer erläuterte die angespannte Situation beim Personal im Rathaus. Nach Corona komme jetzt die Flüchtlingslage und auch die Landtagswahl stehe bevor.
Es gebe wegen der Pandemie hohe Ausfallzeiten und die Aufgabendichte habe stark zugenommen, davon seien alle Bereiche betroffen.
Erste Entlastung in Sachen Asyl würden die neuen Fall-Manager beim Integrationsmanagement schaffen, die die Gemeinden Lippetal und Bad Sassendorf sowie die Stadt Erwitte beschäftigen.
„Die Kreditanstalt für Wiederaufbau bietet uns als Kommune ein Darlehen für minus 0,5 Prozent an für den Erwerb von Immobilien, wir bekommen also sogar noch Geld raus, wenn wir es ausleihen“, sagte Kämmerer Jürgen Sickau. So sei die Finanzierung der Immobilien für die Flüchtlingsunterbringung im Haushalt kein Problem.
Bei der Pflicht, die neuen Flüchtlinge unterzubringen, bekommt die Gemeinde zahlreiche Hilfe von Privatleuten, die Wohnungen oder Häuser anbieten. Viele Bürger haben inzwischen Solidarität mit den Ukrainern bewiesen und 39 Angebote mit freiem Wohnraum unterbreitet. Bei den Familien, die Verwandte oder Bekannte oder auch fremde Ukrainer aufgenommen haben, werde sich bald zeigen, ob es auf längere Dauer zusammen passt. Jedenfalls sei damit zu rechnen, dass weiterer abgeschlossener Wohnraum benötigt wird.