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Mopedfreunde entspannen jetzt beim Schrauben in der Garage

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Von: Ilka Platzek

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Tollkühne Männer auf knatternden Kisten. Die Lippehörnchen haben sich historischen Mopeds verschrieben.
Tollkühne Männer auf knatternden Kisten. Die Lippehörnchen haben sich historischen Mopeds verschrieben. © Carsten Mertens

Die Saisonabschlusstour ist vorbei, „jetzt wird geschraubt“, sagt Dominik Schmidt, Gründungsmitglied der Lippehörnchen und von Haus aus Metallbaumeister.

„Pannen behaftet“, sei die letzte Ausfahrt gewesen, räumt Carsten Mertens ein, ebenfalls Gründungsmitglied des noch jungen Mofa- und Moped-Clubs Lippehörnchen. „Zwei der 16 Teilnehmer hatten einen Totalausfall und konnten die rund 50 Kilometer lange Tour über die Dörfer nicht beenden.“ Das ist aber auch kein Wunder: „Wir fahren alle alte Mofas, Mopeds oder Roller. Es gibt Clubs, die fahren zum Beispiel nur Hercules. Bei uns ist die Marke nicht entscheidend, nur neue Fahrzeuge sind verpönt“, stellt Mertens klar.

Alter Chrom hat viele Freunde

Fünf Mitglieder haben die vor anderthalb Jahren gegründeten Lippehörnchen aktuell, drei bis fünf weitere Männer haben angekündigt, in der nächsten Saison dazuzukommen. Trotzdem sind immer ziemlich viele – überwiegend Männer jeden Alters – dabei, wenn jemand Touren organisiert: Allein im Großraum Soest/Lippstadt gibt es etwa zehn Clubs, weiß Mertens. „In unmittelbarer Nachbarschaft etwa die flinken Füchse in Meckingsen und die Füchse in Soest.“

Die alten Mofas sind so gut in Schuss, als wären sie gerade frisch aus der Fabrik gekommen.
Die alten Mofas sind so gut in Schuss, als wären sie gerade frisch aus der Fabrik gekommen. © Carsten Mertens

Die Begeisterung für alte Zweiräder mit wenig PS ist im Trend – nicht zuletzt auch wegen Corona. „Schon vor Jahren haben wir in unserer Knobelrunde darüber gesprochen, einen Club zu gründen. Das war ursprünglich eine Schnapsidee“, erinnert sich Mertens.

Drei aus der Runde haben dann im Frühjahr 2021 ernst gemacht und die Lippehörnchen gegründet: „Wir kennen mehrere Clubs, die sich entweder in Coronazeiten gegründet oder aber ordentlich Zulauf erhalten haben“, berichtet Schmidt, der sich im Lockdown als erster „ein gammeliges Mofa“ gekauft hat. „Carsten hat dann auch eine gekauft“, lacht er.

In den Lockdowns haben viele Leute für sich das Wandern oder Spazierengehen entdeckt, das Radfahren oder eben das Sammeln, Aufbereiten und Fahren alter Mofas und Mopeds. Schmidt, der auch zwei Motorräder besitzt, „eins für die Frau“, beschreibt die Faszination so: „Das Leben ist stressig geworden. Da ist es sehr entspannend, abends mal eben eine kleine Feierabendfahrt zu machen oder in der Garage am Mofa zu schrauben. Und es gibt nichts Schöneres, als mit Gleichgesinnten unterwegs zu sein und sich auszutauschen.“

Carsten Mertens sieht das ähnlich: „Fahrten mit dem Mofa oder Moped sind entschleunigender als Fahrten mit dem Motorrad. Außerdem sind im Club alle gleich, egal ob Anwalt, Polizist oder Rentner. Das spielt keine Rolle, nur das gemeinsame Hobby zählt. Es hat etwas von die Jugend zurückholen.“

Wertsteigerung

Mofas und Mopeds, die in den 1970er Jahren oder früher neu unter 1000 D-Mark gekostet haben, werden heute als „gammelige, nicht fahrbereite Fahrzeuge“ (Mertens) für 700 bis 900 Euro angeboten.

Sind sie fahrbereit, müsse man 900 bis 1000 Euro zahlen. Ein technisch und optisch noch gut erhaltenes Fahrzeug wird für 2200 Euro angeboten. Nach oben hin gibt es keine Grenzen – da regelt die Nachfrage den Preis.

Eine „Garelli“ namens Agathe

Beide sind der Meinung, dass ein Fahrzeug allein nicht reicht. Schließlich geht immer mal eins kaputt und bis es wieder läuft, braucht man Ersatz. Dominik Schmidt hat nach seinem ersten Kauf, einer Garelli, die er Agathe nennt und türkis lackiert hat, bereits zwei weitere alte Schätzchen angeschafft und steht kurz davor, ein viertes zu kaufen: „Das war ein dummer Zufall. Ich hatte auf der Tour eine Panne mit meiner Zündapp und ein anderer Sammler hat mir erzählt, er habe das identische Modell zu meiner Garelli und wolle es verkaufen.“ Schmidt muss sie nur noch im Raum Saarbrücken abholen.

Ein echter Biker muss Kutte tragen: „Wir haben das Eichhörnchen mit der Zündkerze als Emblem gewählt. Die Kutte darf natürlich nicht gewaschen werden“, lacht Mertens. Und stellt klar: „Wir sind alle leicht bekloppt und nehmen uns selbst nicht ganz ernst“ und Schmidt ergänzt: „Wir freuen uns, wenn wir anderen Leuten ein Lächeln entlocken können, etwa, wenn wir in Kutte irgendwo auftauchen und draußen stehen die Mofas.“

Bei Regen bleiben die wertvollen Zweiräder möglichst in der Garage, denn: „Wir wollen die alten Fahrzeuge erhalten. Es gibt Sammler, die stellen sie sich sogar ins Wohnzimmer.“

Da es inzwischen immer mehr Leuten gefällt, in Erinnerung an ihre Jugend Mofas oder Mopeds zu fahren, steigen diese im Wert. Man hört immer wieder: „Die habe ich damals für 50 Mark verkauft, nachdem ich den Führerschein gemacht hatte. Heute bereuen die Leute das“, weiß Mertens.

Kontakt

Weitere Infos über die Lippehörnchen gibt es auf Facebook und Instagram.

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