Wiebke Mohrmann: „Einer nicht-landwirtschaftlichen Nutzung der von Hamm und Lippetal angekauften 40 Hektar Ackerland und zwei Hektar Wald stimmen wir nur zu, wenn die landwirtschaftliche Nutzung mit geringen Einschränkungen auf der Fläche möglich bleibt.“
Es böte sich ein Erneuerbare-Energien-Park mit Freiflächen-PV und Bürger-Windkraftanlagen an, sodass die Kommune nicht vertragsbrüchig mit den verkaufswilligen Flächenbesitzern werde. Die Gemeindebetriebsgesellschaft und gleichermaßen Bürger könnten dabei als Investoren auftreten und Erträge aus Energie und landwirtschaftlicher Verpachtung erzielen. Der Gemeinderat erarbeitet hierzu nach Vorstellung der Kritiker transparente Vergabekriterien, die ein Unternehmen erfüllen muss, um eine Teilfläche des neuen Energieparks zu kaufen.
Werner Sander (BG): „Damit verwehren wir uns nicht der wirtschaftlichen Weiterentwicklung Lippetals, versiegeln Flächen aber nur nach Bedarf – das bedeutet, die Flächen werden sukzessive zur Bebauung freigegeben, sofern wirklich innovative Unternehmen wie zum Beispiel eine Handy-Recycling-Fabrik oder Insektenzuchtfarm und ähnliche Firmen sich ansiedeln möchten.
Wiebke Mohrmann: „Lippetal ist zurzeit vollbeschäftigt mit einer nur 2,3-prozentigen Arbeitslosenquote. Wir bräuchten Zuzug, um Arbeitskräfte für die Industrie hier ansiedeln zu können – das bedeutet noch mehr Flächenverbrauch für Wohnsiedlungen.“ Weiterhin würden bestehende heimische Handwerksbetriebe mit der Industrie um knappe Fach-Arbeitskräfte konkurrieren. 40 Hektar ertragsstarker Ackerboden werde ersatzlos und irreversibel umgenutzt für Industrie, die mit heimischen Handwerksbetrieben um Arbeitskräfte konkurriert.
Der Zustimmung zum Industriegebiet Westfalen durch die Bezirksregierung gingen bekanntlich über 30 Jahre Planung voraus, doch die weltpolitische Lage habe sich kurzfristig geändert durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Die Lokalpolitik müsse insoweit darauf reagieren, nicht nur den eigenen Selbstversorgungsgrad zu erhöhen, sondern auch andere Länder mit Getreide mitversorgen zu können. Mohrmann: „Deshalb müssen für neue Unternehmen brachliegende Industrieflächen in der Metropolregion Rhein-Ruhr reaktiviert werden und Lippetal entwickeln wir als Landwirtschafts- und Energiestandort weiter!“
Die Fraktionen von CDU und SPD halten indes am sogenannten modernen, grünen und vor allem nachhaltigen Industriegebiet mit Produktionsbetrieben und vielen Arbeitsplätzen wie lange geplant fest. So gibt es in Lippetal und im Umfeld der Industriegebiet Westfalen GmbH auch starke Befürworter des neuen Industriegebietes. CDU- und SPD-Fraktion im Rat, Bürgermeister Matthias Lürbke und die Kreis-Wirtschaftsförderung haben sich inzwischen nach dem Bekanntwerden des Widerstandes von Grünen und BG deutlich zu Wort gemeldet und kritisieren die Haltung von Grünen und BG. Diese Stellungnahmen wie auch eine differenzierte Meinung der FDP-Fraktion im Lippetaler Rat zur finanziellen Entwicklung des I-Gebietes Westfalen finden unsere Leser in den kommenden Ausgaben. Aus Platzgründen kann die Redaktion die komplexen Stellungnahmen erst in der kommenden Woche ausführlich darstellen.
„Eine wesentliche Ursache für den anhaltend hohen Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen ist laut den Grünen eine fehlende Regulierung durch die Gesetzgebung. Landwirtschaftliche Flächen werden immer noch unzutreffend als „Frei“-Flächen begriffen. Anders als bei Wirtschaftsbetrieben wird landwirtschaftlichen Betrieben keine Entwicklungsperspektive durch die Landes- und Regionalplanung gesichert, es findet auch keine entsprechende Bedarfsberechnung in der Landes- und Regionalplanung statt. Statistisch gesehen sind landwirtschaftliche Flächen der ‘Vegetation 8’ zugeordnet, dadurch ist landwirtschaftliche Fläche für die Regionalplanung auf Basis des Landesentwicklungsplanes (LEP) reine Verfügungsmasse,“ sagt Norvich Rüße, Sprecher für Landwirtschaft der Grünen im NRW-Landtag.