Süüüüß! Hier werden Eichhörnchen mit Milch und Liebe aufgepäppelt
Christiane Bierwas kümmert sich in Hultrop um in Not geratene Eichhörnchen. 56 von 67 Tieren, die sie 2022 aufgenommen hat, toben wieder durch die Bäume. Ein Einblick in die Welt der Hörnchen-Retterin.
Hultrop – Aus dem Nest gefallen, Hunger, Durst: Wenn nichts mehr geht, heften sich junge Eichhörnchen an die Fersen von Menschen. Haben sie Glück, dann landen sie in Hultrop. Christiane Bierwas päppelt die Tiere wieder auf.
Name | Eichhörnchen |
Ordnung | Nagetiere |
Gattung | Baumhörnchen |
Familie | Hörnchen |
Vor fast sechs Jahren zog das erste Eichhörnchen ein. „Alle Stationen sind damals voll gewesen“, erinnert sie sich. Mit Unterstützung der Tierklinik Ahlen und einem Tierarzt in Hamm habe sie das Tier groß gezogen.

„Und dann habe ich mich in diese kleinen Kobolde absolut verliebt“, sagt sie. Viel Arbeit und Liebe steckt sie in das Aufpäppeln der Tiere – neben ihrer Vollzeitstelle in dem am Haus angrenzenden Betrieb ihres Mannes. Täglich muss in dem Zimmer, in dem ein Teil der Eichhörnchen inklusive ihrer Käfige und Volieren untergebracht ist, sauber gemacht werden.
„Es sieht dann so aus, als ob hier ein Karnevalsumzug mit Kamelle durchgefahren wäre“, sagt sie. Die Eichhörnchen dürfen sich in dem Raum frei bewegen – dementsprechend haben ihre Kletterabenteuer ihre Spuren an den Wänden hinterlassen. „Mein Mann macht das zum Glück mit“, sagt sie lachend.
Eichhörnchen päppeln: Lungenentzündung fast immer tödlich
Aktuell leben bei ihr 16 Eichhörnchen – inklusive einiger „Bleibehörnchen“, wie sie ihre beiden blinden Tiere gerne nennt, die draußen keine Überlebenschance hätten. Für die beiden Tiere ohne Sehfähigkeit habe sie bereits eine Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde, dass sie ihren Lebensabend bei ihr in Hultrop verbringen dürfen.
Eichhörnchen Mulan kam aus Hamm und in einem sehr schlechten Zustand zu Bierwas. Mit blutiger Nase und Lungenentzündung. Leider wurde sie fünf Tage als sogenannter Selbstversuch vom Finder behandelt. Eine Lungenentzündung sei in 95 Prozent der Fälle tödlich.

„Mulan“ ist auf ihre Retterin besonders fixiert: Sie liebt Streicheleinheiten und folgt ihrem Finger, der am Käfig entlang fährt. „Eichhörnchen sind die einzigen Tiere, die aktiv die Hilfe von Menschen suchen“, sagt Bierwas. „Sie klettern einfach an ihnen hoch. Und dann lassen sie sich natürlich einfach sichern.“
Zum Glück nehmen nur wenige Menschen die Eichhörnchen gleich mit nach Hause und versuchen die Tiere dort selbst aufzupäppeln. Davon rät Bierwas dringend ab. Sie selbst hat eine Genehmigung von der Unteren Naturschutzbehörde und vom Veterinäramt. Auch einen entsprechenden Sachkundenachweis nach Paragraf 11, um sich um die hilflosen Eichhörnchen zu kümmern, besitzt Bierwas. Um den Nachweis zu erlangen, musste sie alles über die Tiere lernen.
Eichhörnchen päppeln: „Kleine Feinschmecker“
„Man sollte niemals selbst päppeln. Die Milch landet dann oft in der Lunge. Außerdem brauchen die Tiere eine spezielle Aufzuchtmilch und viel Liebe“, erklärt sie. Sollte man ein Eichhörnchen finden, müsse man es schnellstmöglich in fachgerechte Hände übergeben. So ein Flaschenkind mache besonders viel Arbeit. Je nachdem, wie klein die Tiere sind, müssen sie alle zwei Stunden mit einer speziellen Aufzuchtmilch für die Hörnchen gefüttert werden. Akribisch führt Bierwas Buch darüber, wer wann wie viel getrunken hat. Maximal acht Flaschenkinder würde Bierwas aufnehmen, um jedem ihrer Hörnchen gerecht werden zu können.
„Für mich gibt es wirklich nichts Schöneres, als die Eichhörnchen dann durch die Bäume toben zu sehen. Das ist mein Lohn.“
Elf Milliliter ließ sich Eichhörnchen Lorenzo schmecken. Auch er ist besonders zutraulich und nimmt entspannt in der Hand seiner Retterin Platz. Er kam aus Drensteinfurt zu ihr. Neben Mitbewohnern wie Flöhe und Zecken habe er auch Untergewicht mitgebracht.
Timmy stammt aus den Soester Gräften und hat sich an die Fersen zweier Damen gehängt, die ihn nach Hultrop brachten. Timmy schmecken inzwischen auch andere Dinge. Vor allem Nüsse in allen Variationen munden Eichhörnchen, erklärt Bierwas. Sie warnt jedoch davor, Erdnüsse zu verfüttern. Hierbei handele es sich um Hülsenfrüchte, die für Eichhörnchen genauso schwer verdaulich sind, wie für den Menschen. Ansonsten seien die Tiere „kleine Feinschmecker“, die auch gerne mal Obst und Gemüse fressen: Äpfel, Blaubeeren, Champions und im heißen Sommer Wassermelone. „Da werde ich für angefallen“, erzählt Bierwas.
Päppeln für die Freiheit: 56 von 67 toben wieder durch die Bäume
Sind die Eichhörnchen fit genug, ziehen sie in eine Auswilderungsvoliere, wo sie bis zu zehn Tage bleiben. Dort beginnt dann auch der Prozess der Entwöhnung vom Menschen. Im letzten Jahr habe sie sich um insgesamt 67 Eichhörnchen gekümmert. 56 konnten wieder ausgewildert werden. „Für mich gibt es wirklich nichts Schöneres, als die Eichhörnchen dann durch die Bäume toben zu sehen“, sagt Bierwas. „Das ist mein Lohn.“

Eines ihrer bereits ausgewilderten Eichhörnchen-Mädchen habe sogar Nachwuchs. „Vier Stück habe ich gesehen. Da bin ich natürlich stolz wie Oskar“, sagt Bierwas. Letztlich sei es immer ein Abwägen, wenn ein neues Eichhörnchen bei ihr landet. Manche sind zu schwer verletzt. „Die päppele ich nicht auf. Die lasse ich erlösen“, sagt sie. Das Leben müsse für die Eichhörnchen lebenswert bleiben.
Kontakt
Für Notfälle und (Futter)Spenden: Telefon 0162/6321540
Zu einem besonderen Einsatz rückte die Feuerwehr in Dortmund am Ostermontag aus: Ein Eichhörnchen steckte in einem Gullydeckel fest. Es wehrte sich – gegen die Rettung.