Hof Albersmeier ackert in Hüttinghausen für Erkenntnis

Biodiversität ist eines der großen Themen in der Landwirtschaft. Klaus Albersmeier stellt sich zusammen mit seiner Frau Marianne den Herausforderungen, die Klimaveränderungen und Verbraucherwünsche an Landwirte stellen, und versucht Lösungen zu finden.
Hüttinghausen – An der Zufahrt zum Hof Albersmeier fällt eines auf: Hohe Pflanzen mit saftig grünen Blättern stehen an einem der Feldränder und trotzen gelb blühend der Trockenheit. „Das ist die Durchwachsene Silphie. Eine Nutzpflanze, die ein Ersatz für Mais sein kann. Sie wird bis zu drei Meter hoch, wie Mais geerntet und macht als Energiepflanze für Biogas-Anlagen 90 Prozent des Ertrages von Mais aus. Dafür hält sie sich, einmal gepflanzt, aber auch fünfzehn Jahre“, erklärt Klaus Albersmeier. Insekten fliegen zwischen den unzähligen Blüten der Pflanzen umher. „Vielleicht zieht die Silphie aber auch Schädlinge an. Wir wissen es nicht.“

Ein Zustand den der Landwirt gemeinsam mit Ehefrau Marianne zu ändern sucht. Daher nutzt das Paar einige seiner Anbauflächen zum Ausprobieren und Versuchen. „Das bedeutet nicht immer Erfolg – aber Erkenntnis“, fügt die gelernte IT-Systemelektronikerin und freie Journalistin hinzu. Seit ein paar Jahren befasst sich Landwirt Albersmeier mit Agroforst – der Kombination von Gehölzen und Feldpflanzen. Der Gedanke dahinter: Die Feldfrüchte, die aufgrund des Klimawandels mit starker Sonneneinstrahlung zu kämpfen haben, werden von Bäumen, die zwischen ihnen wachsen, beschattet. Auf einem seiner Felder hat Albersmeier zwischen das Getreide 1000 kleine Paulownia, auch Blauglockenbäume genannt, gepflanzt. Einige wenige stehen an seinem Stall. Während diese gut gedeihen und eine Höhe von sechs bis sieben Metern aufweisen, schafft es der Großteil auf der Ackerfläche gerade mal auf einen, vielleicht anderthalb Meter.
Versuche für mehr Wissen
„Da waren Mäuse und Rehe dran. Jetzt haben wir die Fläche umzäunt. Vielleicht brauchen sie auf dem offenen Feld mehr Zeit“, gibt Albersmeier der Pflanze noch eine Chance. Denn das Holz der Paulownia speichert auch Kohlenstoff – und das 20 bis 40 Jahre lang. Auf dem Feld daneben stehen noch junge Bäume. Die Aufforstung ist einer der Versuche, mit denen Albersmeier die richtigen Schritte in die Zukunft sucht: „Ich habe vor vier Jahren 50 verschiedene Bäume mit einem Freund gepflanzt. Einige ziehen sich vor der Hitze zurück, werfen jetzt schon zu ihrem eigenen Schutz das Laub ab. Eiche, Ahorn, Bienenbaum und Kiefer kommen gut mit der Trockenheit zurecht. Auch der Mammutbaum legt jetzt richtig los.“ Schließlich müsse man schauen, welche Pflanzen bei einem veränderten Klima überleben können.
Wandel in der Landwirtschaft
Es sind laut Albersmeier viele Themen, mit denen Landwirte befasst sind. Neben dem Klima treiben unter anderem auch das Tierwohl und die Frage, warum man Ackerfrüchte an Tiere verfüttert, statt sie auf den eigenen Teller zu bringen, die Bauern um. Jede Branche habe ihren Beitrag zu leisten, und sei er noch so klein. In der Summe werde es Wirkung zeigen. „Es ist ein Wandel, den die Landwirtschaft vor sich hat; ein Transfer hin zu den Wünschen des Verbrauchers. Bei dem steht das Tierwohl im Fokus und das ist ja auch richtig so“, bekräftigt der 55-Jährige, der in vierter Generation den Hof leitet.
Es geht uns darum, eine grüne Brücke zu bilden.
Sein Hauptstandbein ist die Schweinemast, 2018 hat er auf Strohhaltung mit Auslauf für die Tiere umgestellt. Daneben betreibt Albersmeier aber auch regenerativen Ackerbau, eine nachhaltige Form der Flächenbewirtschaftung. „Es geht uns darum, eine grüne Brücke zu bilden und die Flächen möglichst lange grün zu halten.“ Die Pflanzen können Photosynthese betreiben, Sauerstoff abgeben und Kohlenstoff, den sie zum Wachsen brauchen, aktiv in den Boden einspeichern. Je länger die Flächen begrünt sind, desto höher sei die Photosyntheseleistung. Außerdem schütze beispielsweise Gras den Boden vor Hitze, hohem Niederschlag und extremen Frostlagen. „Wir haben im Winter noch genügend Niederschläge und der Boden ist voller Nährstoffe. Liegt er nackig da, werden diese nach unten gewaschen. Die Wurzeln des Grases wirken wie ein Schwamm, saugen das herunter kommende Wasser auf und geben es langsam in den Boden.“
Weite Reihe
Ab September beteiligen sich Albersmeiers an dem Projekt „Weite-Reihe-Getreide mit blühender Untersaat“ vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Die Reihen mit der Hauptkultur werden hierbei weiter auseinander gesetzt. Statt der üblichen zwölfeinhalb Zentimeter Abstand, lässt man 30 Zentimeter zwischen den Getreide-Reihen frei, sodass mehr Licht zur Untersaat (Klee, Gras, Blühmischungen) dringt. Gleichzeitig geht der Wind besser durch die Reihen, trocknet den Boden und schützt vor Pilzwachstum. „Vielleicht dominiert aber auch die Untersaat zu sehr oder es wachsen zu viele Bei- beziehungsweise Unkräuter“, ist Albersmeier auf die Ergebnisse des neuen Versuchsfeldes gespannt. Diese werden wissenschaftlich begleitet. Klar ist bisher nur, dass bei dieser Anbauweise es nur zirka 80 Prozent Ernte geben kann auf der Fläche. Es kostet also zunächst Ertrag, der vielleicht jedoch an anderer Stelle herein geholt wird: „Die Begrünung würde sonst nach der Getreideernte erfolgen. Hier ist sie dann schon geschehen, das spart Arbeit.“
Ins Gespräch kommen
Wichtig sei es, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. „Die Börde hat einen sehr fruchtbaren Boden. 35 000 Hektar Fläche im Kreis Soest sind als Schutzgebiete ausgewiesen. Setzt Brüssel das Verbot von Pflanzenschutzmitteln durch, wird sich die Börde verändern. Darüber kann man diskutieren“, sagt der Landwirt. „Wird dann nur noch widerstandsfähiger Mais angebaut? Bekämpfen wir Unkraut dann wieder mechanisch mit Hacken und Striegeln? Das wäre schlecht für Bodenbrüter und Niederwild.“ Widersprüche, die intelligenter Systeme und Anbauweisen bedürften. Daher sei es wichtig, die Leute mitzunehmen, Ideen aufzugreifen und zu besprechen. Zum Beispiel bei Führungen über den Hof.
Ministeriell geförderte Öffentlichkeitsarbeit
Der Hof Albersmeier ist gerade in das Projekt Netzwerkarbeit Leitbetriebe Pflanzenbau aufgenommen worden. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft fördert hierdurch Betriebe mit Vorbildcharakter im Netzwerk und unterstützt sie in der Öffentlichkeitsarbeit. Das Projekt ist Teil der Ackerbaustrategie 2035, die zugunsten der zukünftigen Ausrichtung der Landwirtschaft auf gesellschaftliche Akzeptanz durch Information setzt.