Wirbel in Putzfirmen groß

Mittelständler können kaum noch planen: Ihre Betriebe müssen Hygienestandards erfüllen. Das bedeutet viel Arbeit für Reinigungsfirmen. Kleinbetriebe sind entsprechend weniger betroffen.
Kreis Soest – Hygiene und Reinigung – in Corona-Zeiten ein besonders anspruchsvolles Geschäft? Der Blick auf die Szene der Profis ergibt Gegensätze: Bei großen Unternehmen sorgt das Virus für erheblichen Wirbel, kleine Firmen dagegen merken kaum etwas von der Pandemie. Größter im Kreis tätiger Mittelständler der Branche ist Liebelt, Gebäudedienste GmbH & Co. KG – mit sieben Standorten in der Region, jeweils einem davon in Soest und Lippstadt und insgesamt rund 2000 Beschäftigten.
Für diese große Mannschaft muss wegen der dynamischen Entwicklungen um Corona immer wieder neu disponiert werden. „Abends kommt die Mail, dass die Mitarbeiter am nächsten Tag nur noch zum Kunden in das Objekt dürfen, wenn bei ihnen um 6 Uhr Fieber gemessen wurde“ - solchen und anderen Überraschungen hat Prokurist und Koordinator Konrad Lohmann nun seit gut acht Wochen zu begegnen.
Nicht zu planen
„Nichts ist mehr planbar, man arbeitet von Tag zu Tag“, beleuchtet er das schwierige Geschäft, im Spannungsfeld zwischen Corona-Auflagen, Kunden-Wünschen und Mitarbeitereinsatz einen solchen Apparat durch die Wogen der Pandemie zu steuern. Auch der Reinigungsprofi hat Kurzarbeit angemeldet - aber bisher nur in geringer Anzahl. Ausdruck der Für- und Vorsorge mit Blick auf die Belegschaft, für die insbesondere eines gilt: Liebelt will seine Mitarbeiter auf jeden Fall halten, sie sind das größte Kapital.
Zudem mahnen abschreckende Beispiele, guckt man auf einige Betriebe, die sich mit Reinigung befassen. Die haben zum Teil Personal entlassen – und wissen im nächsten Moment nicht, wie sie wieder an gute Mitarbeiter kommen sollen. Für einen soliden Anker sorgen bei Liebelt in diesen Wochen die treuen Stammkunden. Etliche von ihnen zeigen sich flexibel, bieten Änderungsmöglichkeiten beim Reinigungsintervall, was der Personal- und Aufgaben-Disposition entgegenkommt. Zudem hilft das Instrument der Verrechnung, zeitlich beweglich zu bleiben.
Von der Toilette bis zur Uni
Alles in allem beschert Corona mit seiner Dynamik in allen Geschäftsfeldern des Dienstleisters, dessen Spanne „von der öffentlichen Toilette bis zur Uni“ reicht, jeden Tag neue und komplexe Aufgaben. Immerhin: Laut Konrad Lohmann hat das bisher ganz gut funktioniert. Wobei ein Nachlassen der täglichen Ausnahmesituation für ihn noch nicht in Sicht ist: „Müßig zu hoffen, dass wir schnell wieder zur alten Planbarkeit zurückkehren können“. Ganz anders dagegen das Bild bei den kleinen Unternehmen der Branche. Zu ihnen gehört etwa der Westönner Reinigungsprofi Kai Altmeyer, Chef eines Zweimannbetriebs mit einem zusätzlichen Springer.
„Der Einzelhandel war weggebrochen, kommt aber in vollen Zügen wieder“, berichtet er. Auch Kunden wie zum Beispiel Arztpraxen melden sich wieder. In der Zwischenzeit halfen vorgezogene Saison-Aufträge wie die Glasreinigung von Wintergärten, Corona-bedingte Ausfälle auszugleichen, berichtet der 42-jährige Firmenchef. Sicherheitsvorkehrungen, Masken, Schutzanzüge, Abstandsregeln – all das spielt bei den Einsatzgebieten eher eine untergeordnete Rolle. Zumal, wenn man alleine vor Ort ist, der Kunde nur kurz öffnet und man dann bei den Reinigungsaufgaben wieder alleine ist.
Flexibel bleiben
Firmenlokale, Fassaden, private Wohnhäuser – für einen Zweimann-Betrieb bietet dieses Feld genügend Möglichkeiten, flexibel auf Corona zu reagieren. Bis jetzt jedenfalls hat das gut geklappt, sagt Kai Altmeyer – aber selbst er meint mit Blick nach vorne: „Man weiß nicht, was in ein zwei Monaten ist.“ Die Flexibilität des Kleinbetriebes weiß auch der Werler Unternehmen Norbert Buschmann zu schätzen. Zwar habe sich unter dem Einfluss von Corona im privaten Bereich einiges zurückgezogen. „Aber wie haben sehr viele Schaufenster, Fassaden und Reklame“, beschreibt der Profi, der noch zwei Halbtagskräfte beschäftigt.
Geschäfte in der Corona-Krise
Das Frühlingsgeschäft jedenfalls helfe, die gegenwärtigen Corona-Ausfälle im Bereich der Privathäuser zu überbrücken. Beim Blick in die Zukunft ist Buschmann mit seinen immerhin zwei Jahrzehnten Erfahrung in der Branche nicht bange. Die vielen Stammkunden lassen ihn ebenso zuversichtlich nach vorne schauen wie der Wandel in der Kundschaft, mit dem gerade das Privatgeschäft deutlich zugenommen habe. Neben den Älteren als klassischem Kundenklientel früherer Zeiten zählt Buschmann über die Jahre auch immer mehr jüngere Paare.
Wenn etwa beide berufstätig sind, geht beim Thema Fensterputz und Co. der Trend klar dazu, diese Arbeiten nicht mehr selbst in Angriff zu nehmen, sondern den Dienstleister zu rufen.