Viel Zeit und Energie, ja sogar ein Paar Schuhe hat SPD-Direktkandidat Till Heemann dem Wahlkampf in den vergangenen Wochen geopfert, 1500 Kilometer ist er mit dem Auto gefahren, um im weitläufigen Wahlkreis die Menschen bei Hausbesuchen von sich und der Politik seiner Partei zu überzeugen. Vergebens. Das Direktmandat musste Heemann, wie zu erwarten, Heinrich Frieling überlassen. Zumindest aber Ersatz für die durchgelaufenen Schuhe gab es noch am Wahlabend: Seine Parteikollegen hatten ihm einen Gutschein für ein neues, schickes Paar in Größe 50 zukommen lassen.
Ein wirklicher Trost für das desaströse Ergebnis seiner Partei sowohl im Kreis Soest, als auch auf Landesebene ist das allerdings nicht. Dass Heemann mit Listenplatz 51 in den Landtag einziehen könnte, war für ihn von Anfang an fast ausgeschlossen. „Mit der Liste hatte ich ohnehin nicht gerechnet“, sagt er klar. Warum das Ergebnis für ihre Partei so schlecht ausgefallen ist, ist für Heemann und den Ortsvereinsvorsitzenden Marcus Schiffer durchaus zu erklären: „Wenn die Wahlbeteiligung schlecht ist, schneidet die SPD traditionell nicht gut ab“, sagt Schiffer. Warum allerdings die SPD-Wähler nicht zu mobilisieren waren, gibt beiden Rätsel auf: „Da einen Grund zu suchen, wäre Kaffeesatzleserei.“
Mit dieser Formulierung ist er nah an dem AfD-Kandidaten Dr. Wilfried Jacobi, der die ersten Hochrechnungen am frühen Wahlabend noch nicht kommentieren wollte. „Der Kaffee ist noch nicht ausgetrunken, der Satz ist noch nicht lesbar.“ Da war aber schon klar, dass es die „Alternative“ gerade so wieder in den Landtag schaffen würde. Jacobi blieb mit seinem persönlichen Ergebnis bei den Erststimmen im Wahlkreis 119 etwa auf Höhe seines Stimmenanteils bei der Landtagswahl 2017. Obwohl bei der Grünen-Wahlparty im Alten Schlachthof in Soest durchaus Party-Stimmung angesagt gewesen wäre, war davon am Sonntagabend zunächst nur wenig zu spüren: „Was ist denn das für eine Party?“, fragte Direktkandidatin Dagmar Hanses, als sie um 18.08 Uhr hereintrat. Offenbar war die Überraschung über das beste Ergebnis der Parteigeschichte so groß, dass die Grünen ihr Glück bei einem Stück Pizza und Gesprächen an mehreren Stehtischen erst einmal begreifen mussten. Freudige Umarmungen gab es angesichts der bevorstehenden Regierungsbeteiligung dann aber doch. Und auch über mögliche Koalitionen wurde bereits debattiert. Während Dagmar Hanses sich noch zurückhaltend gab und erklärte, dass es „jetzt auf Inhalte“ ankomme, fand Jürgen Klug, der wohl nicht in den Landtag einziehen wird, klarere Worte: „Der Wunsch war Rot-Grün. Doch es läuft wohl auf Schwarz-Grün hinaus. Das wäre nicht unser sehnlichster Wunsch gewesen.“
Heiner Frieling formulierte das am Sonntagabend auch nicht als Wunsch, sondern eher als Erwartung an die grüne Partei. „Wenn sie konsequent sind, dann wissen sie angesichts unseres Vorsprungs, in welche Richtung es geht.“ Für den CDU-Mann persönlich war der Abend ein voller Erfolg, den Vorsprung auf die SPD-Konkurrenz konnte er ausbauen. Klar, dass die Stimmung unter den versammelten Christdemokraten prächtig war, als Frieling gegen 20 Uhr zusammen mit Jörg Blöming und dem heimischen Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Thies in der Kuh-Bar eintraf. „Wir freuen uns. Jetzt schauen wir nach vorn in der Hoffnung, dass es eine neue Landesregierung mit einem Ministerpräsidenten Hendrik Wüst an der Spitze geben wird.“