1. Soester Anzeiger
  2. Lokales
  3. Kreis und Region

Immer mehr Wähler im Kreis Soest nutzen die Briefwahl

Erstellt:

Von: Kathrin Bastert, Daniel Schröder

Kommentare

Analyse, keine Aufarbeitung: Heiner Frieling und CDU-Kreisgeschäftsführer Guido Niermann am Wahlabend.
Analyse, keine Aufarbeitung: Heiner Frieling und CDU-Kreisgeschäftsführer Guido Niermann am Wahlabend. © Peter Dahm

Der Trend hat sich schon bei der Bundestagswahl gezeigt: Immer mehr Menschen im Kreis Soest nutzen die Briefwahl. Das dürfte langfristig so bleiben.

Kreis Soest – Am Tag nach der Wahl ist Heiner Frieling mal nicht so früh aufgestanden. Bis in den späten Abend hatten die Christdemokraten sich und ihr gutes Abschneiden bei der Landtagswahl noch gefeiert. Aufarbeiten, wie SPD und FDP, muss Frieling an diesem Montag nichts. Später am Tag macht er sich auf den Weg nach Düsseldorf, um an der Vorstandssitzung teilzunehmen, „und dort sicherlich Hendrik Wüst zu feiern.“ Der Direktkandidat hat seinen Stimmenanteil ausbauen können. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die CDU, wie alle anderen Parteien im Kreis Soest, insgesamt weniger Wähler an die Urne bewegen konnte – eine Ausnahme bilden da allenfalls die Grünen, die von den Verlusten der SPD profitierten. Eine Wahlbeteiligung von 57,4 Prozent im Westkreis bedeutet eben auch: 42,6 Prozent der Wahlberechtigten haben ihre Stimme verweigert.

Das ist eine Zahl, die Demokraten nicht zufrieden stimmen kann. Tut sie auch nicht, versichert der Soester SPD-Vorsitzende Marcus Schiffer, der glaubt, die Politikverdrossenheit vieler sei auch mit den Kandidaten zu erklären: „Sie erscheinen eher profillos, ihre politischen Botschaften als austauschbar.“ Darin steckt viel Selbstkritik, denn die SPD dürfte am stärksten unter dem Wählerschwund gelitten haben. Dagegen bescheinigt Wahlsieger Frieling seiner Partei, „noch am ehesten“ deutlich gemacht zu haben, warum es wichtig sei, zur Wahl zu gehen. Noch eine weitere Zahl ist für die Analyse der Wahlergebnisse relevant: 32 232 Menschen im Wahlkreis 119 haben ihre Stimme per Brief abgegeben (2017: 21 036), weitere 30 423 im Wahlkreis 120 (2017: 18 939). Damit setzt sich der Trend, der zur Bundestagswahl schon dokumentiert war, fort: Im September nutzten 87 091 Menschen im ganzen Kreis das Angebot. „Zur Bundestagswahl haben wegen der Pandemie viele zum ersten Mal per Brief gewählt“, weiß Heiner Frieling, „und wer das einmal gemacht hat, macht das immer wieder.“

Der Tag nach der Wahl: Grüne sehen Wahrnehmung des Klimathemas

Schiffer sagt, es müsse besser gelingen, sich langfristig auf ein bestimmtes Ziel zu konzentrieren, um nicht nur auf Tagespolitik reagieren zu müssen. Genau hier erkennt FDP-Kreischef Fabian Griewel auch bei seiner Partei Schwächen. Der Landtagswahlkampf sei sicher geprägt gewesen durch die Ukraine und auch durch Corona. Seit der Bundestagswahl, als die Landes-FDP auch schon schlechter abschnitt, habe sie das Ruder nicht herumreißen können. „Fehler sind eher in den viereinhalb Jahren vorher passiert.“
Die Grünen sehen das grüne Themenspektrum breit vertreten. Doch vor allem der Klimaschutz sei beherrschend: „Die Wichtigkeit des Klimaschutzes ist jetzt allen bewusst geworden, durch Waldbrände, Dürre, Hochwasser. Alle merken, dass der Klimawandel nicht nur in der Arktis oder Bangladesch stattfindet, sondern auch bei uns direkt vor der Haustür“, sagt Dagmar Hanses, die über die Liste den Sprung in den Landtag geschafft hat. Auf dem Klimaschutz müsse nun bei den Sondierungen genau geschaut werden müsse „Wir müssen gucken, wie wir möglichst viel Grün in die neue Regierung einbringen können.“ Deswegen wolle man sich jetzt auch noch nicht festlegen, mit wem eine Koalition angestrebt werden sollte: „Auch Rot-Grün wäre kein Automatismus. Beim Klimaschutz müssen wir gucken, ob die SPD es ernst meint“, betonte Hanses.

Für Griewel ist die Regierung abgehakt: „Wir haben keine Berechtigung, jetzt nach einer Beteiligung zu suchen, das wäre fehl am Platz.“ Was ihn wurmt, ist der Vergleich mit der AfD, die die Liberalen auch im Kreis nur hauchdünn hinter sich lassen konnten. Die meisten Stimmen bekam die „Alternative“ übrigens in Anröchte, dort lag ihr Zweitstimmenanteil bei 8,4 Prozent. Im Westkreis wählten anteilig in Welver die meisten Wähler blau, wenn auch knapp.

Auch interessant

Kommentare