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Überstunden-Höchststand: Kreis-Mitarbeiter sind im Dauerstress

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Von: Kathrin Bastert

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Das Impfzentrum ist nur eine von vielen Zusatzaufgaben, die der Kreis seit Corona-Beginn schultern muss. 
Das Impfzentrum ist nur eine von vielen Zusatzaufgaben, die der Kreis seit Corona-Beginn schultern muss.  © Peter Dahm

Bilanz zu ziehen ist in der Regel dann sinnvoll, wenn etwas vorüber ist. Das würde Markus Hoffmeier, Personalleiter im Soester Kreishaus, unterschreiben. Dass er jetzt trotzdem im Ausschuss für Personal, Organisation und Effizienz eine Bilanz zweier Corona-Jahre vorlegt, das hat einen simplen Grund.

Kreis Soest – Bilanz zu ziehen ist in der Regel dann sinnvoll, wenn etwas vorüber ist. Das würde Markus Hoffmeier, Personalleiter im Soester Kreishaus, unterschreiben. Dass er jetzt trotzdem im Ausschuss für Personal, Organisation und Effizienz eine Bilanz zweier Corona-Jahre vorlegt, das hat einen simplen Grund: Es war nicht vorherzusehen, dass diese Lage so lange anhalten würde. Und nun steht mit den Folgen der Ukraine-Krise gleich die nächste unvorhersehbare Situation ins Haus, die den Mitarbeitern des Kreises Soest viel abverlangen wird.

So wird die Bilanz, die noch keine echte Bilanz ist, zu einer Manöverkritik, mit vielen Hinweisen darauf, wie sehr der Krisenmodus bereits zum Alltag geworden ist am Hohen Weg.

Die Politik erhielt von der Personalabteilung umfassend Einblick in die Anforderungen, denen sich die Kreisverwaltung, seit Februar 2020 gegenübersieht. Zuvorderst war und ist natürlich das Gesundheitsamt betroffen. Dass die Aufgaben der Pandemiebewältigung nicht mit dem regulären Stammpersonal zu schaffen sein würden, sei sehr schnell deutlich geworden, heißt es in dem Bericht der Personaler. Bereits im März 2020 wurden deshalb Unterstützungskräfte im Haus gesucht, damals zunächst auf „quasi freiwilliger Basis“. „Die Dauer der pandemischen Lage wurde weitgehend unzureichend eingeschätzt“, heißt es rückblickend. Der Kreis reagierte frühzeitig auch mit der Einrichtung eines Krisenstabs und einer internen Pandemiegruppe.

Die Hilfe kam aus allen Abteilungen, 80 Kollegen wurden allein im ersten halben Jahr ins Gesundheitsamt entsendet, dann 120. Mehr immer dann, wenn neue Aufgaben dazu kamen, wie die Ad-hoc-Einrichtung und der Betrieb des Impfzentrums oder die Betreuung der Teststellen. Zuvor hatte die Kreisverwaltung seine Kernprozesse priorisiert, um Ressourcen zu schaffen für diese Umsetzung – das ist machbar für die Dauer von Monaten; nach zwei Jahren zahlt die Verwaltung den Preis: In Form „liegen gebliebener interner Prozesse, Projekte, Aktualisierungen, Berichtspflichten und Innovationen“ und auch damit, dass „bestimmte gesetzliche oder vertragliche Verpflichtungen nicht in der Menge oder Qualität erledigt werden konnten, wie es dem Selbstverständnis der Kreisverwaltung Soest entspricht.“

Vor allem zahlen den Preis die Mitarbeiter: „Zentral sind aber die sich immer deutlicher abzeichnenden negativen Auswirkungen auf die Mitarbeiter. Dabei ist kaum ein Unterschied zu erkennen, ob die Personen direkt zur Unterstützung eingesetzt sind, oder ob sie die Arbeit derjenigen zum Teil mit erledigen.“ Hier sprechen die Zahlen für sich: Die Resturlaubstage der Mitarbeiter in der Kreisverwaltung summieren sich auf 14 030 Tage, das entspricht einem Durchschnitt von 10,23 Tagen pro Mitarbeiter. 95 Kollegen haben noch einen Restanspruch von mindestens 30 Tagen, das entspricht einem Jahresurlaub, 139 zählen mindestens 20 Tage. 1 371 Mitarbeiter der Kreisverwaltung haben 2021 91 508,71 Überstunden angehäuft, durchschnittlich 66,75 Stunden pro Mitarbeiter. Der Anstieg schon gegenüber 2020 (80 341,47 Stunden) ist enorm (+13,9 Prozent), und die Zahl verfängt, wenn man sie mit 2019 vergleicht (54 841,99 Stunden, -46,5 Prozent gegenüber 2020).

Corona-Mehrarbeit in allen Abteilungen

Viele Abteilungen der Kreisverwaltung haben mit Corona deutlich mehr zu tun. Das betrifft längst nicht nur das Gesundheitsamt, sondern auch die zentralen Organisationseinheiten wie die Abteilungen IT, Personal, Finanzwirtschaft, Recht, Immobilien. So berichtete im Ausschuss für Personal, Organisation und Effizienz die Leiterin der IT, Kerstin Sander, über die Anforderungen an ihre Abteilung. Sie berichtete, dass es ohne die acht Stellen, die eigentlich geschaffen worden waren, um anderswo Personal einzusparen, innerhalb der letzten beiden Pandemie-Jahre nicht funktioniert hätte.

Bemerkenswert: In zwei Jahren gab es laut dem Bericht weder strukturelle Corona-Infektionen, noch eine kritische Krankenquote – die seit Beginn der Pandemie regelmäßig unter dem Durchschnitt der vorpandemischen Zeit liegt.

Die Entsendung von Kollegen zur Bewältigung der Pandemie-Aufgaben könnte, dank Fördermitteln und (befristeter) Einstellungen, über den 31. März hinaus nicht mehr nötig sein. Gleichzeitig kommt mit der Ukraine-Krise eine weitere Belastung der Ressourcen auf die Kreisverwaltung zu. „Es wird viele differenzierte Lösungsansätze geben müssen, um dem Dienstleistungsauftrag weiterhin gerecht werden zu können und ausreichende personelle Ressourcen zur Verfügung zu haben.“

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