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Anzeigen-Flut und niedrige Gewalt-Schwelle: Polizei betrachtet Entwicklungen mit Sorge

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Von: Daniel Schröder

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Die Polizei des Kreises Soest ist auf der Suche nach Zeugen, um den Überfall aufzuklären.
Anzeigen-Flut und niedrige Gewalt-Schwelle: Die Polizei beobachtet die „neue Normalität“ mit Sorge: © Daniel Schröder

Das Arbeitspensum der Polizei ist gestiegen: Es werden mehr Dinge zur Anzeige gebracht - immer häufiger online. Hinzu kommt: Die Schwelle zur Gewalt ist sehr niedrig. Wie sich die Kriminalität im Kreis Soest entwickelt.

Kreis Soest – Bei der Präsentation der Kriminalitätsentwicklung im Kreis Soest ging es am Dienstag nicht ausschließlich um Zahlen. Die Experten der Polizei teilten auch ihre gesamtgesellschaftlichen Beobachtungen mit. Und die sind zum Teil besorgniserregend.

Polizeidirektor Thomas Link nannte es eine „neue Normalität“, viele Dinge hätten sich geändert, so der höchste Polizist der Kreispolizeibehörde. Zwar habe man mit einer Zunahme der Kriminalität durch Rücknahme der Corona-Beschränkungen gerechnet. Das Ausmaß habe die Polizei jedoch überrascht, sagte er. Die Polizei stelle eine Verrohung fest. Das, was in der Pandemie nicht gemacht werden durfte - feiern, beisammen sein - werde nun „exzessiv und wilder“ nachgeholt. Es werde „noch eine Stufe draufgelegt“.

Das zeige sich auch daran, dass die verbalen und tätlichen Angriffe auf Polizeibeamte zunehmen würden. Oliver Topp als stellvertretender Leiter der Direktion Kriminalität machte die Erfahrungen noch greifbarer, indem er schilderte: „Der Anstieg bei den Zahlen zur Körperverletzung bereitet uns Sorgen. Man tritt eher zu, man schlägt eher zu.“ Gleichzeitig sei heute jedoch noch etwas anders als damals: Es wird so gut wie alles per Smartphone dokumentiert, viel mehr Dinge werden zur Anzeige gebracht. „Die Leute zeigen schlichtweg deutlich mehr an. Es wird alles aufgezeichnet. Gleichzeitig ist es durch Online-Anzeigen deutlich einfacher und niedrigschwelliger geworden, Sachverhalte zur Kenntnis zu bringen“, erklärte Thomas Link. Jede fünfte Anzeige im Land werde mittlerweile online erstattet.

Anzeigen nach Schulhof-Taten

Genaue Zahlen für den Kreis Soest gebe es in dieser Hinsicht nicht, da jede Online-Anzeige zunächst beim Landeskriminalamt landet und von dort als konkreter Sachverhalt in die jeweilige Behörde geleitet wird. Link wolle damit nicht kritisieren, dass die Statistik durch die Anzeigen-Flut ins Negative gezogen wird. Denn: „Die jeweilige Straftat hat ja stattgefunden. Deswegen ist es gut so, dass sie angezeigt wird, auch, wenn das mehr Arbeit für uns bedeutet.“ Doch niedrigschwelliger seien mittlerweile auch die Gründe, weshalb Menschen ihr Gegenüber bei der Polizei anzeigen: „Wenn es damals eine Rauferei in der Schule gegeben hat, hat man nicht darüber nachgedacht, seinen Schulkameraden wegen einer Ohrfeige anzuzeigen. Aber damals war es auch mit Ohrfeigen getan, auch das hat sich geändert.“

Oliver Topp betonte, dass es bei derlei Geschichten parallel zur gesteigerten Anzeigen-Bereitschaft eine hohe Aufklärungsquote von etwa 90 Prozent gebe. Denn: „Die Beteiligten kennen sich. Man weiß, wer sich da geprügelt hat. Sonst könnten wir diese Fälle nicht aufklären.“

Ein Zeuge rief am Mittwochabend die Polizei zum Soester Bahnhof. Dank des Anrufes konnte eine schlimmere Gewalt-Eskalation wohl verhindert werden.

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