Selbsttests in Pflege-Einrichtungen: Altenheime sehen Lockerungen kritisch

Die neuen Corona-Regeln in den Pflege- und Seniorenheimen und in den Kliniken werden zum 23. Dezember gelockert. Doch die Leitungen der Einrichtungen im Kreis Soest sind, unter anderem, wegen der Kurzfristigkeit sauer.
Soest – Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Wer seine Angehörigen im Altenheim oder im Krankenhaus besuchen möchte, der braucht ab dem 23. Dezember nur noch einen negativen Schnelltest von zu Hause. Die neuen Corona-Regeln sind für die Leitungen der Pflege- und Seniorenheime aber eher ein Albtraum kurz vor Weihnachten.
Altenheime sehen Lockerungen kritisch: Die Lage in den Soester Pflegeeinrichtungen
„Wir erhalten die bisherigen Maßnahmen aufrecht. Über die Feiertage und das neue Jahr bleibt alles wie bisher“, erklärt Pflegedienstleiterin Monika Düring vom St. Antonius Seniorenzentrum auf Nachfrage unserer Redaktion. Auch Gerhard Hillebrand, Geschäftsführer des Pflege- und Beratungszentrums Thomä Residenz, teilt diese Meinung.
Gerade, weil es ein hohes Infektionsgeschehen gegeben habe, sehe er die Entscheidung des NRW-Gesundheitsministeriums sehr kritisch. Weil die Gefahr noch immer groß ist, „führen wir weiterhin Tests durch“, sagt Hillebrand. Für ihn steht fest, dass das Hausrecht zum Wohle der Besucher ausgeübt wird.
Die evangelische Frauenhilfe Westfalen, zu denen auch die Alten- und Pflegeheime Lina-Oberbäumer-Haus und Hanse-Zentrum gehören, hält sich dagegen an die neuen Vorgaben mit einer kleinen Anpassung. „Die Besucher müssen in der Einrichtung ihr Testergebnis mitteilen und das auch unterschreiben“, erklärt Manuela Schunk, zuständig für die Pressearbeit.
Selbsttests in Einrichtungen: Mündliche Versicherung im Marienkrankenhaus ausreichend
Die gelockerten Regeln gelten auch im Marienkrankenhaus: „Sehr wichtig ist uns weiterhin, dass die Besucher während des gesamten Aufenthaltes – auch in den Patientenzimmern – konsequent und korrekt die FFP2-Maske tragen. Dies dient dem Schutz aller, gerade auch unserer Patienten und Mitarbeitenden“, betont das Hygieneteam des Marienkrankenhauses Soest.
Das selbst mitgebrachte Testergebnis kann auf Verlangen während des Besuches vom Personal erfragt werden. Eine mündliche Versicherung ist dann ausreichend. Im Zweifelsfall kann ein Test vor Ort verlangt werden, wenn eine bestehende Erkältungs-Symptomatik auffällt. Das Testzentrum im Marienkrankenhaus macht wegen der Veränderung dicht.
Das Testzentrum im Klinikum bleibt weiter geöffnet, auch an den Feiertagen, erklärt Klinikums-Sprecher Frank Beilenhoff. Angesichts der Test-Pflicht bestätigt auch er: „Ein Selbsttest vor dem Krankenhausbesuch reicht aus.“ Alle weiteren Besucher-Regeln – FFP2-Masken-Pflicht, ein Besucher pro Patient – bleiben bestehen. Es gelten weiterhin Ausnahmen in Absprache mit dem behandelnden Arzt – beispielsweise in der Geburtshilfe für die Begleitung des Partners, die Kinderklinik für die Begleitung des Kindes und bei Besuchen von schwerstkranken Patienten.
Die Lage in Lippetal: Von den Neuregelungen „gerade erst erfahren“
Für die Lippetaler Einrichtung St. Ida-Stift kam die Neuregelung plötzlich und daher überraschend. „Wir haben eigentlich eben erst erfahren, dass es eine neue Regelung geben wird“, sagt die stellvertretende Pflegedienstleitung Valentina Friesen. Am Wochenende hätten die Beschäftigten davon in der Presse gelesen; Anfang der Woche kam dann auch die neue Verordnung.
„Wir haben beschlossen, mit der neuen Regelung mitzugehen und auf die Eigenverantwortung der Menschen zu setzen.“ Sollten Zweifel daran bestehen, dass ein Selbsttest vor dem Besuch tatsächlich erfolgt ist und jemand Symptome hat, will man sich die Möglichkeit offen halten, vor Ort unter Aufsicht einen Test durchzuführen. „Sollte durch die Neuregelung die Gesundheit unserer Bewohner gefährdet sehen, würden wir zunächst den Kontakt mit dem Kreis Soest suchen, um zu schauen welche alternativen Maßnahmen bestehen, ohne die Rechte der Besucher dabei einzuschränken.“
Testzentrum oder Selbsttest: Betreiber sind sich in Bad Sassendorf uneinig
Das Seniorenheim Sonneneck erbittet weiterhin die Vorlage eines Testergebnisses aus einem Testzentrum, wie jenes im Sonneneck. Alternativ besteht die Einrichtung auf einem Selbsttest unter Aufsicht. Das Risiko, dass Bewohner oder Mitarbeiter sich infizieren, sei sonst zu hoch, so Inhaber Kai-Uwe Groll.
Das Seniorenhaus Saline in der Weststraße beruft sich auf das Hausrecht und besteht auf der Vorlage eines Testergebnisses eines Testzentrums. Der Schutz der Bewohner stehe an erster Stelle, betont Einrichtungsleiter Markus Selzer. Das Cura-Seniorenzentrum wird die Mindestanforderungen wie oben beschrieben umsetzen.
Auch Reha-Einrichtungen von neuen Maßnahmen betroffen
In den Kliniken der Holding Westfälisches Gesundheitszentrum – also Hellweg, Lindenplatz und Quellenhof – wird erwartet, dass Besucher einen Selbsttest machen und das Ergebnis mitteilen. Die Namen der Besucher und ihre Selbstauskunft werden zudem in Listen festgehalten. Hinzu kommen Stichproben, insbesondere wenn Symptome vorliegen, so Holding-Geschäftsführer Stephan Eydt.
Lola Schulte-Balke, Geschäftsführerin der Klinik Wiesengrund, kritisiert die neue Regelung. Es werde eine Sicherheit suggeriert, die nicht vorhanden sei. Die Klinik werde der Verordnung dennoch folgen und nur die Auskunft über den Selbsttest verlangen. Das liege aber vor allem daran, dass die Testnachweise die Klinik nicht vor dem Einschleppen von Corona schützen, weil die Patienten die Klinik jederzeit verlassen könnten.
Die Klinik im Park will an der bisherigen Vorgehensweise und an dem Besucherstopp innerhalb der Klinik vorerst noch festhalten. Gleiches gilt für die Patienten: Sie müssen bei der Anreise einen Schnelltest machen. Darüber hinaus finden zweimal pro Woche Reihentestungen per Schnelltest statt.
Negativtest in Welver erforderlich
Im Wohnpark Klostergarten bedarf es bei einem Besuch weiterhin eines negativen Corona-Testnachweises. Das erklärt eine Sprecherin der Charleston-Holding auf Anfrage dieser Zeitung. Die Senioren können also nicht besucht werden, werden, wenn die Besucher nur einen Selbsttest gemacht haben. Eine Selbstauskunft reicht hier nicht aus.
„Es handelt sich hierbei um eine gruppenweite Entscheidung, welche durch die geänderte Verordnung des Landes NRW ja auch gänzlich abgedeckt ist“, betont die Sprecherin. Im besten Fall könnten die Besucher einen Testnachweis einer externen Teststelle vorlegen, welcher nicht älter als 24 Stunden alt sein dürfe. „Aber auch vor Ort bieten wir jedem die Möglichkeit, sich testen zu lassen bzw. sich unter Aufsicht selbst zu testen.“
Vor Ort besteht weiterhin eine Dokumentationspflicht. „Wir möchten wir dennoch bereits heute um Verständnis bitten, sollte es im Einzelfall zu kurzen Wartezeiten kommen“, verweist die Sprecherin auf ein möglicherweise erhöhtes Besuchs- und Testaufkommen über die Weihnachtstage.
Kein Verständnis für neue Corona-Regeln am Möhnesee
„Wir werden auch weiterhin an unserem bislang gültige Verfahren festhalten“, erklärte am Donnerstag eine Sprecherin der Dr. Becker-Klinik für kardiologische und psychokardiologische sowie psychosomatische Rehablilitation in Körbecke. Das bedeutet, dass ungeachtet der veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen auch weiterhin keine Besucher die Klinik betreten dürfen.
„Ziemlich unglücklich“ findet Inhaber Franz-Georg Müller vom gleichnamigen Seniorenheim in Günne vor allem den Zeitpunkt der Lockerungen, die vor allem den bisher notwendigen Nachweis eines negativen Tests aus einem zertifizierten Testzentrum nicht mehr vorsehen. Stattdessen reicht, so das Gesetz, ein negativer Selbsttest der Besucher. „Wir werden diese Regelung in unserem Haus anwenden“, erklärt Müller. Die Mitarbeiter würden aber auf einen (erneuten) Test im Haus bestehen, wenn einschlägige Symptome zu erkennen seien.
Kurzfristig vor den Feiertagen: Testpflicht gilt weiterhin
Auch Inhaber Ingo Foer von der Seniorenresidenz Völlinghausen hat, wie sein Kollege in Günne, wenig Verständnis dafür, dass trotz funktionierender Infrastruktur mit Testzentren und eingespielten Abläufen so kurzfristig und unmittelbar vor den Feiertagen auf den Nachweis von schriftlich dokumentierten Negativtests bei Besuchern verzichtet werden soll. Auch in Völlinghausen gilt: Besteht auch nur der leise Verdacht einer Coronainfektion bei einem Besucher, ist ein Test vor Ort Pflicht.
In der Seeufer-Residenz am Nordufer des Sees in Wamel gilt diese Testpflicht in jedem Fall. Alleine schon aus der Fürsorgepflicht Bewohnern und Mitarbeitern gegenüber, heißt es dort, werde ausnahmslos jeder Besucher, der ins Haus möchte, vor Ort getestet.