1. Soester Anzeiger
  2. Lokales
  3. Kreis und Region

Lehrermangel an den Grundschulen: Stundenplan nur knapp einzuhalten

Erstellt:

Von: Sarah Hanke

Kommentare

Ein Stuhl, der immer häufiger leer bleibt: Auch im Kreis Soest herrscht Lehrermangel. Vor allem Grundschulen und MINT-Fächer sind betroffen.
Ein Stuhl, der immer häufiger leer bleibt: Auch im Kreis Soest herrscht Lehrermangel. Vor allem Grundschulen und MINT-Fächer sind betroffen. © Dahm

Es trifft vor allem die Grundschulen: Mindestens 66 Lehrer fehlen an dieser Schulform. Auch bei den MINT-Fächern gibt es Lücken beim Personal. Die Kollegen wandern in außerschulische Bereiche ab, wo sich mehr Geld verdienen lässt.

Kreis Soest – Nicht jede Schulform ist gleichermaßen betroffen. Doch auch im Kreis Soest fehlen Lehrer. Mindestens 66 Stellen sind unbesetzt (Stichtag: 1. Dezember 2022). Am häufigsten betroffen sind hier – wie vielerorts auch – vor allem die Grundschulen.

„Die Gesamtquote bei der Personalausstattung für den Kreis Soest liegt bei 97,6 Prozent“, heißt es dazu auf Anfrage der Redaktion von der Bezirksregierung Arnsberg. „Damit liegt die Zahl der besetzten Stellen etwas über der Quote für den gesamten Regierungsbezirk.“ Diese liege bei 95,1 Prozent.

Lehrermangel: Die rosigen Zeiten sind vorbei

Der tatsächliche Fehlbedarf dürfte jedoch höher ausfallen: Lehrer, die gerade in Mutterschutz oder Elternzeit sind oder Langzeiterkrankte, die ihrem Dienst aktuell nicht nachgehen (können), sind in den Zahlen mitinbegriffen. Zum Stichtag gab es im gesamten Kreis Soest 2.693 Lehrerstellen für die Schulen, 2.628 waren davon vergeben.

Ich kann nicht einfach einen Mathe- durch einen Geschichtslehrer ersetzen.

Andreas Heihoff, Schulleiter und Sprecher

Besonders an den Grundschulen fehlt es an Lehrern. Im Kreis Soest sind hier nur noch 89,4 Prozent der Stellen besetzt, laut Bezirksregierung fehlen im Primarbereich etwa 80 Pädagogen. „Die Zeiten sehen auf keinen Fall rosig aus“, sagt Volker Wilmes, Leiter der Petri-Grundschule. „Wir können unsere Stundentafel nur knapp erfüllen.“ 16 Lehrer unterrichten aktuell an seiner Schule; zwei davon in Vollzeit.

Lehrermangel: Gymnasien stehen noch gut dar

„Lehrermangel ist vor allem ein strukturelles Problem der Grundschulen“, sagt Andreas Heihoff, Sprecher der Schulleiter der weiterführenden Schulen in Soest. Gymnasien seien hingegen personell oft gut ausgestattet, wobei dies nicht für alle zutrifft. Lediglich 0,82 Prozent der Stellen im Kreis Soest sind unbesetzt.

Am „Archi“ liegt die Quote sogar bei 0,1, sagt Schulleiter Marcus Roß. „Wir sind im Wesentlichen voll belegt und können deshalb nicht laut klagen.“ Etwas 64 Lehrer unterrichten derzeit 800 Schüler am Archi. „Auch wir stellen zwar fest, dass die Zahl an Bewerbungen rückläufig ist“, so Roß. „Aber wenn wir dann doch mal eine Lehrerstelle ausgeschrieben haben, war diese eigentlich auch schnell wieder besetzt.“ Sogenannte Quereinsteiger, also nicht als Lehrer ausgebildete Fachkräfte, gebe es nicht.

Fehlende Lehrer in bestimmten Schulfächern

„Dennoch entsteht vor allem aus Elternsicht schnell der Eindruck, es herrsche Lehrermangel“, so Heihoff. Dies war beispielsweise der Fall, als die Grippewelle grassierte. „Die Zahl der ausgefallenen Lehrkräfte war hier mit jener zur Corona-Zeit überhaupt nicht vergleichbar. Aber zum Glück sind jetzt alle wieder da“, sagt Heihoff, der das Conrad-von-Soest-Gymnasium führt.

Beim Thema Lehrermangel sieht der Sprecher jedoch auch ein fächerspezifisches Problem: Während es beispielsweise für die Fächerkombi Deutsch und Englisch genügend Personal gebe, fehlten vor allem im naturwissenschaftlichen Bereich Fachkräfte (MINT-Fächer). „Ich kann nicht einfach einen Mathe- durch einen Geschichtslehrer ersetzen.“ Informatiker oder andere Naturwissenschaftler bevorzugten heute eher eine Anstellung außerhalb des Schulwesens, sagt er. Der Grund: Dort verdienen sie mehr. Dabei ist der Bedarf an Pädagogen hoch.

Inklusion ukrainischer Flüchtlinge

Das Thema Inklusion beschäftigt derzeit alle Schulen auch wegen der ukrainischen Flüchtlinge. Quereinsteiger an Schulen sind deshalb unverzichtbar angesichts des Lehrermangels. „Für Lehrkräfte, die sich in der Beurlaubung/Elternzeit befinden, können aus den eingesparten Besoldungs- und Vergütungsmitteln Aushilfskräfte eingestellt werden“, sagt Bezirksregierungssprecherin Ursula Kissel. „Hier besteht ein Potenzial von 88,5 Stellen für den Kreis Soest.“

Um die personelle Ausstattung weiter zu verbessern, seien aktuell 54 Stellen im Kreis Soest ausgeschrieben. Zum nächsten Einstellungstermin am 1. Februar 2023 konnten bereits 4,8 Stellen neu besetzt werden. Darunter eine Stelle an einer Grundschule in Bad Sassendorf, eine Stelle an einem Berufskolleg und 1,8 Stellen an der Soester Gesamtschule.

Lehrermangel in Zahlen

Regierungsbezirk Arnsberg: Bedarf 33 235 Stellen, 31 595 Stellen, Fehlbedarf: 1 640 Stellen

Kreis Soest: Bedarf 2 693,2 Stellen, 2 627,6 besetzt, Fehlbedarf: 65,6 Stellen

Bad Sassendorf: Bedarf 37,3 Stellen, 36,5 besetzt, Fehlbedarf: 0,8 Stellen

Lippetal Bedarf: 101,8 Stellen, 99,0 besetzt, Fehlbedarf: 2,9 Stellen

Möhnesee: Bedarf 61,4 Stellen, 61,1 besetzt, Fehlbedarf: 0,3 Stellen

Stadt Soest: Bedarf 788,6 Stellen, 784,1 besetzt, Fehlbedarf: 4,5 Stellen

Welver: Bedarf 27,5 Stellen, 27,0 besetzt, Fehlbedarf: 0,5 Stellen

Auch interessant

Kommentare