Dann folgten Fachoberschulreife und Ausbildung zur Justizangestellten, während sie sich daheim auch um ihre Großeltern kümmerte. Aber da war auch immer genug Zeit für Freunde, mit denen sie im Bierdorf und in der „Galle“ unterwegs war. Mit mehr Mobilität kamen Soest und die Städte im Ruhrgebiet näher.
Termin der NRW-Landtagswahl 2022 ist Sonntag, 15. Mai. 64 Parteien schicken Kandidaten ins Rennen. Knapp 13 Millionen Wahlberechtigte können in 128 Wahlkreisen ihre Erst- und Zweitstimme abgeben. Die Wahlbenachrichtigung wird Mitte April versendet. Ab dann ist auch Briefwahl möglich. Laut Umfragen und Prognosen ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD zu erwarten. Eine gute Entscheidungshilfe wird wieder der Wahl-o-mat sein. Landtagswahlen 2022 finden außerdem im Saarland, in Schleswig-Holstein und Niedersachsen statt.
Mit den Jahren „wandelt sich die Perspektive auf das eigene Leben und das Lebensumfeld“, sagt die 45-Jährige. Beim Blick auf ihre Heimatstadt erkannte sie Fehlentwicklungen: „Werl hat für mich leider etwas den Anschluss verpasst, die eigenen Stärken rechtzeitig zu nutzen. Hier wurde viel verschenkt.“ Das sei auch der Grund gewesen, sich politisch zu engagieren. „Werl ist eine Perle für mich.“
Politisch interessiert war aber auch schon der Teenie Mayela. In den 1990ern ging es auf Demonstrationen, ob gegen Mülldeponie oder Irakkrieg. „Die sichere und heile Zukunft meiner Heimat, ja der Welt war für mich nie eine gottgegebene Selbstverständlichkeit.“ Da galt es also Einsatz zu zeigen. Führung allerdings, wie die 45-Jährige sie nun zum Beispiel in Stadtverband und Stadtrat übernimmt und durchaus selbstbewusst propagiert mit Sätzen wie „Ich bin eine von vielen und doch ,die Eine’, die voran geht“ – das musste die junge Mayela Hiltenkamp erst noch entwickeln.
In der Schule sei sie „eher eine Vermittlerin, denn eine Meinungsführerin“ gewesen. „Fürs Nachvornegehen fehlte mir in der Jugend noch das Selbstbewusstsein.“ Eines allerdings sei bereits in jungen Jahren ausgebildet gewesen: „Ich war als Kind und Teenie schon extrem freiheitsliebend und -bedürftig, manchmal zum Verzweifeln meiner Eltern. Ein spontaner Tagestrip mit einem Schäfer und seiner Herde als ich 9, 10 Jahre alt war und einen Tag nicht auffindbar, war sicherlich der Horror für sie.“
Diese Freiheitsliebe macht die Werlerin auch verantwortlich für die Wahl ihrer Partei. „Die FDP war, ist und bleibt für mich als freiheitsliebender Mensch mit dem festen Glauben an unseren Rechtsstaat und das Erreichen von Zielen durch das eigene Handeln genau die richtige Partei.“
Alles zum Wahlkreis 119 Soest I
Alles zum Wahlkreis 120 Soest II
Wenn Mayela Hiltenkamp heute den Typ „selbstbewusst, mutig, weiblich“ repräsentiert mit Sätzen wie: „Das kann ich. So bin ich. Und deshalb brauche ich mich hinter niemandem zu verstecken“, wenn sie damit nicht zuletzt den Eindruck „Powerfrau“ erweckt – wie haben sich diese Eigenschaften entwickelt? „Mutig war ich glaube ich schon immer. Hinzu kamen ,Meilensteine’ wie mein Unfall oder auch die Pandemie“, die sie zu einem Perspektivenwechsel führten. Dazu „der Schritt, mein Berufsleben nach 20 Jahren im Verwaltungswesen auf den Kopf zu stellen und noch mal eine neue Richtung einzuschlagen, parallel dazu politische Ziele zu entwickeln, diese zu erreichen und den nächsten Schritt zu gehen – das alles hat mich natürlich verändert.“
Die FDP-Politikerin verweist damit zum einen auf ihren „relativ schweren Verkehrsunfall mit meinem damaligen Rennrad“, zum anderen auf ihren beruflichen Wechsel von der Justizangestellten zur Aus- und Weiterbildungsreferentin bei der Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) Paderborn – und natürlich auf ihr im vergangenen Jahrzehnt weiter gewachsenes politisches Engagement.
Und wenn man ihr den Titel „Powerfrau“ geben mag, dann will sie den mit vielen anderen Geschlechtsgenossinnen teilen. Mit all jenen etwa, die Familie, Freunde und Beruf immer ganz gut vereint haben, „ohne sich der immensen Kompetenzentwicklung dabei bewusst zu sein“.
Mit dem Stichwort „Frauenpower“ kann übrigens auch Grünen-Ratsfrau Constanze Kubath die liberale Mayela Hiltenkamp in Verbindung bringen. Sie freue sich, dass mit ihr „jetzt auch mal jüngere Frauen den Mumm haben, hier mit anzupacken“. „Die meldet sich, wenn sie was zu sagen hat“, ergänzt Kubath – und was die Liberale beitrage, sei „kompetent und sachgerecht“. Das habe sie ihr sogar schon einmal in einem kleinen Schriftverkehr zu verstehen gegeben – und dafür auch eine sympathische Antwort bekommen, sagt die Grüne über die Gelbe und bekräftigt: „Das ist jetzt keine Schmuserei“.
Wie aber setzt Hiltenkamp ihre Antriebskraft um? „Jedes Handeln an den Sorgen und Bedürfnissen der Menschen zu messen“, wie bringt man dies unter einen Hut? Denn so unterschiedlich die Menschen, so sehr unterscheiden sich Bedürfnisse, stehen sich Wünsche und Forderungen bisweilen diametral gegenüber. Da braucht es schon einen Kompass, nach dem man das eigene Handeln ausrichtet. Die Werlerin nimmt da für sich den neutralen Blick in Anspruch. „Egal ob Unternehmer oder Hartz-IV-Empfänger. Man kann meiner Meinung nach sehr wohl für beide Seiten gute Lösungen finden, wenn man ihnen wertschätzend gegenübertritt, um dann Ziele zu formulieren, die den ungewünschten Ist-Zustand verbessern“.
Den Weg dorthin verdeutlicht sie mit einem Aristoteles-Zitat: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen“. Doch halt. Bedeutet das nicht im Umkehrschluss: „Wir hängen unser Fähnchen in den Wind“? Den Vorwurf müssten sich Politiker oft gefallen lassen, „wenn sie ihre Meinung den Gegebenheiten anpassen und ihre Aussagen revidieren“, meint die Landtagskandidatin. Dies sei aber „doch genau das, was am Ende entscheidend ist: Statt Ideologien nachzujagen, beschäftige ich mich lieber mit realistischen Zielen. Und das bedeutet manchmal, die Meinung zu ändern oder von äußeren Umständen geändert zu bekommen“, sagt sie.
Ein Perspektivwechsel sei dabei nicht zwangsläufig ein Zeichen von Schwäche, sondern vom genauen Gegenteil. „Die Themen, die zu mir finden, stellen mich jedes Mal vor die Aufgabe, den Blick für das Wesentliche zu schärfen, und zwar ohne Schubladendenken. Und dann funktioniert auch eine vorurteilsfreie, soziale und/oder gerechte Herangehensweise.“
Ihr Ziel dabei: „Die Welt mit meinem Einsatz ein klitzekleines bisschen besser zu machen; Menschen dazu zu bringen, sich der eigenen Fähigkeiten bewusst zu werden und Ziele zu entwickeln, anzugehen und im Bestfall zu erreichen“.
Mit dieser Strategie und diesem Ziel bewirbt sich die Werlerin nun also um einen Landtagssitz. Die möglichen Konsequenzen für Familie, Beruf und Freizeit sind einkalkuliert, seien intensiv erörtert worden, „nachdem ich von meinem Kreisvorsitzenden Fabian Griewel nach meiner Bereitschaft für eine Landtagskandidatur gefragt wurde. Meine Männer standen und stehen komplett hinter dem, was ich tue, sogar ohne selbst der FDP nah zu sein“. Außerdem habe sie inzwischen durch Kontakte auch zu Landtagsabgeordneten erfahren, „dass ich mit einem Landtagsmandat immer noch vollwertiges Familienmitglied sein kann. Hier habe ich durchaus weibliche Vorbilder in der Politik“.
Rückenwind erfährt die Werlerin übrigens auch von anderer, nicht liberaler Seite: Faid Katta etwa, Songwriter aus Werl und nicht FDP-affin, kommentierte das politische Engagement von Mayela Hiltenkamp mit einer lakonischen Anmerkung: „Super, aber wie hieß es schon damals bei Helmut Schmidt? Guter Mann – falsche Partei. So ist es leider auch bei dir, Mayela: gute Frau – falsche Partei. Ich wünsche dir trotzdem viel Glück und Erfolg“.
Wie viel Zeit für die private Mayela Hiltenkamp noch bleibt, sollte sie tatsächlich in den Landtag einziehen, muss sich zeigen. Ihre Positionen und Herausforderungen lassen immerhin noch ein breit gestreutes Privatleben mit der Familie zu. „Ich bin begeisterte Musik-, Film- und Serienkonsumentin“, verrät die Werlerin. Ihr Herz gehöre dem Rock und der Band Guns’n’Roses. Ihr Lieblingsfilm? „Forrest Gump“! Und ihre Lieblingsserie sei „Game of Thrones“.
Wenn es die Zeit erlaubt, sitzt Werls FDP-Chefin gerne im Fahrradsattel – nach ihrem Rennrad-Unfall ist sie allerdings auf E-Antrieb umgestiegen. Wandern geht mit und ohne Begleitung – aber immer mit Hündin Alice. Kochen und Backen sind für sie auch Entspannungsmethoden. Legt man nackte Zahlen und Prognosen zugrunde, wird sie diese Zeit weiterhin haben. Ein Direktmandat? Eher unwahrscheinlich. Und bei derzeit 28 Sitzen im Landtag sprechen die Prognosen eher von Verlusten für die Liberalen – laut einer Insa-Umfrage aktuell auf 20 Sitze.
In der FDP-Landesliste steht Mayela Hiltenkamp auf Platz 84.