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Barrierefreiheit ist die Basis - aber sie fehlt an vielen Stellen im Kreis Soest

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Von: Kathrin Bastert

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Treppe im Soester Amtsgericht
Schwungvoll führt die Treppe im Soester Amtsgericht in die oberen Etagen. Für Gehbehinderte ein unüberwindbares Hindernis. © Peter Dahm

Anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderungen hat die Behindertenarbeitsgemeinschaft Kreis Soest einige Hindernisse ausgemacht.

Kreis Soest – Zum Aktionstag gehört auch ein Stück Selbstkritik. In den 30 Jahren seit ihrem Bestehen habe die „Behindertenarbeitsgemeinschaft Kreis Soest“, kurz „Baks“ sich durchaus mehr auf Soest als auf die anderen Kommunen des Landkreises konzentriert, sagen die Vorsitzenden Caterina David und Benedikt Ungerland. Das liegt ein Stück weit auf der Hand, denn der größte Teil der Baks-Mitglieder kommt eben aus der Kreisstadt. Und um es ins Positive zu wenden: In Soest waren und sind die Aktivisten für die Belange von Menschen mit Handicap in die Entscheidungsprozesse stark eingebunden. Und haben einiges erreicht, wie Caterina David bemerkt. „Aber wir sind eben auch die, die den Finger in die Wunde legen müssen.“

Da kommt der „Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen“ genau richtig: Zum 3. Dezember hat sich die Baks im Kreis Soest umgesehen und Beispiele herausgesucht, die Menschen mit Behinderung vor (unüberwindbare) Hindernisse stellen. Sie reichen von Räumen, die nur über Stufen zu erreichen sind (Altes Rathaus Rüthen, Amtsgericht Soest, Haus Kupferhammer in Warstein, Praxis Kreimer in Anröchte) bis zu Ampeln, die nicht über Leitsysteme für Blinde verfügen (Bahnhofskreuzung Werl). In Lippstadt wurden Ampelanlagen durch Zebrastreifen ersetzt; an Sehbehinderte hat dabei wohl niemand gedacht (Cappel- und Woldemeistraße). Es sollte Standard sein, was die Baks hier zusammengetragen hat. „Aber wir sind immer noch in einer Phase, in der wir über Barrierefreiheit reden“, sagt Caterina David. Dabei heißen die politischen Schlagworte längst anders: Teilhabe und Inklusion. Davon sei man noch weit entfernt, obwohl „Barrierefreiheit die Basis ist.“

Zebrastreifen statt Ampel an der Cappelstraße in Lippstadt.
Zebrastreifen statt Ampel an der Cappelstraße in Lippstadt. Kein Leitsystem hilft Blinden hier über die Straße. © Meschede

Die Frage, die er sich als Rollstuhlfahrer stellen müsse: „Kann ich als Bürger teilnehmen?“, sagt Benedikt Ungerland. Kann er oft nicht, manchmal selbst dann nicht, wenn es einen Aufzug gibt. Beispiel Soester Rathaus: Dort gibt es einen Lift für Rollstühle, allerdings ist das Spezialgefährt von Ungerland zu schwer dafür. Der Aufzug, der im Rathausinnenhof gebaut werden soll, könnte nach aktuellem Stand 2024 realisiert werden, weiß Caterina David – gut Ding will Weile haben. Das ist auch im Soester Amtsgericht so, wo die Baks mit ihrer Forderung offene Türen einrennt: Direktor Thomas Schulze zufolge liegen die Pläne auf dem Tisch, es fehlt nur noch die Mittelfreigabe vom Oberlandesgericht.

Am Bahnhof in Geseke geht’s nur über Stufen zum Bahnsteig.
Am Bahnhof in Geseke geht’s nur über Stufen zum Bahnsteig. © Dietz, Ulrike

Barrierefreiheit ist die Basis für Inklusion und Teilhabe

Dass gerade in alten Gemäuern die baulichen Voraussetzungen schwierig sind, wissen auch David und Ungerland. Schulze: „In unserem Obergeschoss sind die Räume zum Teil auf unterschiedlichen Ebenen.“ Man sollte nicht vergessen: Der freie Zugang ist nicht nur für Besucher relevant. Inklusion und Teilhabe bedeuten auch, jedem zu ermöglichen, überall zu arbeiten. Ein weiteres Problem taucht auf, wenn Standards überholt sind. So am Busbahnhof in Wickede. Dort gibt es zwar ein taktiles Leitsystem, das zum Zeitpunkt des Einbaus auf der Höhe der Zeit war. Nicht berücksichtigt sind dort Einstiegsfelder, die Blinden zeigen, wo sich die Bustür befindet.

Der Busbahnhof in Wickede hat ein taktiles Leitsystem. Auf der Höhe der Zeit ist das aber nicht.	Foto: müller
Der Busbahnhof in Wickede hat ein taktiles Leitsystem. Auf der Höhe der Zeit ist das aber nicht. © Uta Müller

Was bei aller Barrierefreiheit oft gar nicht zur Sprache kommt, sind die Bedürfnisse von Gehörlosen und Hörgeschädigten oder Menschen, die in anderer Hinsicht beeinträchtigt sind. Allzu oft werde Barrierefreiheit nur mit dem Weglassen oder Überwinden von Stufen gleichgesetzt, sagt Benedikt Ungerland. „Es gibt also noch viel zu tun.“ Das gilt für die Baks wie für jede verantwortliche Stelle im Kreis Soest.

Baks

„So selbstständig wie möglich – soviel Unterstützung wie nötig“ ist der Leitsatz der Behindertenarbeitsgemeinschaft Kreis Soest. Mehr Infos und Kontakt: baksimnetz.de.

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