Im Prinzip braucht man auch nicht einmal mehr ihn, wenn man dort steht und wissen will, was im Mai vor 80 Jahren geschah und welche Rolle dieser Ort damals spielte.
Dort, oder vielmehr, in 50 Meter Entfernung, noch auf Ostönner Grund, aber kurz vor der Grenze zu Sieveringen, stürzte eines der britischen Militärflugzeuge ab, die in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 die Möhnetalsperre zerstörten. Zu den über 1 300 Todesopfern zählten auch fünf Mitglieder der Besatzung.
Die seit 1983 existierende Gedenkstätte wurde seit jeher gehegt und gepflegt von Jochen Peters vom Heimatverein Niederense. Seit ein paar Jahren hat er dabei Unterstützung von der Möhneseeschule. Und der ist es zu verdanken, dass Peters seinen dicken Ordner nicht mehr benötigt, dafür sorgen zum einen eine große Tafel mit Fotos und Infos in Deutsch und Englisch, und für alle, die mehr Input möchten, prangt nun an der Holzstele ein QR-Code. Wer ihn abfotografiert, gelangt auf eine Unterseite der digitalen Schülerzeitung der Einrichtung, für die Lehrer Lars Schmitt und seine Schützlinge in überschaubarer Länge die Ereignisse der sich in dieser Woche zum 80. Mal jährenden Möhnekatastrophe sowie die Geschichte der Gedenkstätte und des schulischen Engagements unter der Projektleitung von Lehrer Meinolf Padberg in Kooperation mit der Royal British Legion schildern. Vertreter der Kriegsveteranen-Organisation, die durch einen Beitrag in den Sozialen Medien auf das Projekt aufmerksam wurden, leben auch im näheren Umfeld.
Einer von ihnen ist Michael Zambra, Vorsitzender der Dortmund Abteilung, also einer Stadt, in der man heute noch alle paar Tage bei Bauarbeiten Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg findet. Für ihn grenzt diese Zusammenkunft an ein kleines Wunder: „Deutsche und Briten stehen zusammen und unterhalten sich, niemand fühlt sich benachteiligt. Früher wäre das undenkbar gewesen.“ So wie es vom heutigen Standpunkt aus Jahrzehnte dauern dürfte, bis Ukrainer und Russen wieder ungezwungen miteinander sprechen können. Für die Selbstverteidigung der Ukraine hat er vollstes Verständnis: „Wenn mein Land angegriffen würde, ich würde sofort heimkehren. Ich mag zwar 77 sein. Aber eine MG kann ich auch im Sitzen bedienen, um mein Land zu verteidigen.“ Sein Verband hat jetzt die Pflasterung rund um die Stele vorgenommen.
Die Holzstele wurde komplett überarbeitet, die neue Bank wurde zur Einweihung aus Platzgründen jedoch noch nicht aufgestellt, dafür aber die, von der Schule gestaltete und vom Heimatministerium NRW finanzierte, Infotafel. Zur Einweihung säten Schülerinnen Mohnsamen aus – die „Remembrance Poppies“ (deutsch ‚Erinnerungsmohnblumen’) gelten vor allem in den englischsprachigen Ländern als ein Symbol des Gedenkens an die zahl- und namenlosen Opfer von Krieg, insbesondere an die in den beiden Weltkriegen gefallenen Soldaten.
Schulleiterin Sabine Baukmann sieht darin einen Auftrag, „die jungen Menschen zu sensibilisieren, sich für Frieden und Demokratie einzusetzen, respektvoll und wertschätzend miteinander umzugehen, füreinander da zu sein und immer weiter am Frieden im Kleinen und Großen zu arbeiten.“
Christiane Mackensen als stellvertretende Soester Bürgermeisterin zog die Parallele zur aktuellen politischen Lage in Europa: „Für die Schüler hat dies zurzeit vielleicht auch eine ganz andere Wertigkeit, weil wir jetzt nach 80 Jahren erstmals wieder einen Krieg relativ nahe bei uns haben und man natürlich durch dessen Präsenz in den Medien ganz anders damit konfrontiert wird, als wenn es irgendwo im afrikanischen oder asiatischen Raum wäre.“
Für Padberg sei es großartig gewesen, mit Peters zusammenzuarbeiten, sein Wissen habe die Schüler „ungeheuer interessiert und innerlich eingestimmt, sich für mehr einzusetzen“. Nicht minder lobte er die „wundervolle Partnerschaft“ zu John Davies von der Sauerland Branch der Royal British Legion. Der wiederum freut sich über das, was sich hier „aus dem Nichts entwickelt hat“.
Die Gedenkstätte liegt recht versteckt – rückblickend ein Glück im Unglück, denn somit stürzte der Lancaster-Bomber nicht über besiedeltem Gebiet ab. Aber so stolpert man nicht einfach so darüber. Ostönnens Ortsvorsteher Thomas Teiner appelliert daher an die Teilnehmer des Ortstermins: „Schicken Sie die Menschen hierher, damit dieses Denkmal ein Mahnmal wird und die Gesellschaft sich einsetzt für den Frieden, hier in Europa und in der Welt.“
Die Projektbeschreibung der Möhneseeschule gibt es unter der Internet-Adresse http://schuelerwissens.de/entdecken/absturz-lancaster-1943
Die Gedenkstätte ist aus Richtung Ense erreichbar, indem man an der Kreuzung An der Lanner (L745) und Soester Straße (westlich von Sieveringen) in nördlicher Richtung auf der L745 weiterfährt und kurz vor der Unterführung der A44 rechts auf den Frankenweg abbiegt. Das Mahnmal liegt nach 250 Metern auf der linken Seite. Die Gedenkstätte ist aus Richtung Soest erreichbar, indem man in Ostönnen von der B1 in südlicher Richtung auf die Straße „An der Lanner“ (L745) abbiegt und kurz hinter der Unterführung der A44 links auf den Frankenweg abbiegt. Das Mahnmal liegt nach circa 250 Metern auf der linken Seite.
Die exakten geografischen Daten: 51°32’09.7“N/8°00’02.7“E. Der Link zu Google Maps: https://t1p.de/mahnmal-ostoennen.