„Wir mussten nicht aufhören, sondern haben das freiwillig gemacht“, erzählt Helmut Pieper, der Chorleiter von Vocalissimo. Die Corona-Pandemie habe zwar zahlreiche Chöre wegen Personalmangels zur Auflösung gezwungen, Vocalissimo sei allerdings kein solcher Fall. „Wir haben uns schon vor der Pandemie dazu entschieden, aufzuhören“, sagt Pieper.
Um die Hintergründe zu verstehen, ist ein kleiner Blick in die Vergangenheit nötig. Im Jahr 2000 gründete sich in Höingen der gemischte Chor Belcanto. „Und schnell hatten manche Mitglieder Lust, auch in einem kleineren Ensemble zu singen“, erinnert sich Pieper. Also blieb eine Auswahl an Sängern nach den Belcanto-Proben noch länger, um eigene Stücke einzustudieren – die Geburtsstunde von Vocalissimo. „Den Verein dafür haben wir vielleicht ein halbes Jahr nach Belcanto gegründet“, schätzt Pieper. Im Belcanto-Chor blieben die Vocalissimo-Sänger allerdings ebenfalls aktiv.
Vocalissimo sei stets ein echter Auswahlchor gewesen. Man sei mit zwölf Mitgliedern gestartet, später erhöhte der Chor seine Stärke auf 16 Personen. „So war jede Stimme viermal vertreten“, erklärt das der Chorleiter.
Seit seiner Gründung hat das Vocalissimo-Ensemble gleich viermal die Auszeichnung Meisterchor errungen. Zum ersten Mal gelang das im Jahr 2003. Auch 2008, 2014 und zuletzt 2019 schafften die Höinger dies. Und das durchweg mit der Note „Sehr gut“. Dazu hat Vocalissimo etwa das Land Nordrhein-Westfalen auf Empfängen in Berlin repräsentiert. „Wir wollten immer ein Chor sein, der auf höchstem Niveau singt“, meint Pieper.
Das haben die Höinger auch all die Jahre geschafft, doch Anfang 2020 kamen die ersten Überlegungen ans Aufhören auf. „Da haben wir uns gefragt, wie lange wir das noch machen wollen“, erzählt Pieper. „Schließlich sind wir in der Zeit seit der Gründung auch alle älter geworden.“ Dementsprechend begannen die ständigen Doppelproben mit Belcanto und Vocalissimo an den Kräften zu zehren. „Und das wollten wir in unserem Alter eben nicht mehr.“
Daher fiel die Entscheidung so, wie sie nun eben gefallen ist. „Wir hören auf dem Höhepunkt auf. Dabei wollen wir es belassen, anstatt irgendwann unseren Anspruch senken zu müssen“, erklärt der Chorleiter.
„Nach all den Jahren ist uns das aber natürlich nicht leicht gefallen“, meint Sänger Manfred Vetter. Immerhin habe man viel gemeinsam erlebt. „Wir waren wie eine enge Familie“, beschreibt das Pieper. „Der Zusammenhalt war immer stark.“ Traurig seien er und seine Sänger deshalb aber nicht über die Auflösung. „Im Gegenteil. Wir sind glücklich, dass wir die Entscheidung so getroffen haben.“
Zum offiziellen Abschied von Vocalissimo haben sich die Mitglieder am vergangenen Wochenende nochmal zu einer Feier getroffen. „Wir haben in Erinnerungen geschwelgt. Es war eine tolle Atmosphäre“, sagt Pieper.
Der Musik bleiben die Sänger des Ensembles trotz der Auflösung von Vocalissimo erhalten. Sie wollen weiter bei Belcanto singen. Auch dort ist Helmut Pieper der Chorleiter. Nächste Woche nimmt er hier die Proben wieder auf. „Die Chorlandschaft blüht weiter bei uns“, berichtet er. Neun neue Leute hätten sich schon angekündigt. Dadurch würde sich die Mitgliederzahl von Belcanto auf über 50 Personen erhöhen. Die Musik in Höingen verstummt also nicht.