Nein, gut ging es ihr beileibe nicht, und dieses Umfeld wollte sie dem Hund nicht länger zumuten, das wusste sie in dem Moment, als sie – wie sie es ausdrückt „die Bruchbude“ betrat. „Es ist schwer zu beschreiben, in der kleinen Dachgeschosswohnung sah es aus, als würden die Wände herunterkommen, die Möbel in der Küche, mehr bekam ich nicht zu sehen, waren völlig kaputt, es war muffig und stank nach abgestandenem Rauch. Und der Mann wirkte extrem nervös.“
Vor allem aber: Roxy, so der Name der Hündin, hatte seit Tagen nach ihrer Einschätzung nichts zu fressen bekommen. Das Futter sei am Wochenende ausgegangen, habe der Mann gemeint. Aber nun war es schon Mitte der Woche. Neben einem Geschirr gab es nur ein Stachelhalsband, „sonst läuft die nicht richtig“, habe er behauptet. Immerhin, den Impfpass, noch eingetragen auf die Vorbesitzer, den habe er noch gefunden. Und dass sie sie auch jetzt schon mitnehmen könne, habe er gesagt. „Es ging ihm offenbar nur darum, dass er sie möglichst schnell loswird. Er schien der Hündin gegenüber nicht aggressiv aufzutreten. Sie war ihm nur egal. Die beiden hatten auch überhaupt keine Verbindung zueinander.“ Sie bezahlte, „und als wir gingen, drehte sie sich nicht einmal zu ihm um.“
Dafür waren die beiden von Beginn an ein Herz und eine Seele, „Roxy glänzt einfach, das ist unfassbar – und ich hatte schon viele Tiere und möchte später noch Hundetrainerin lernen“. Am liebsten hätte sie die Hündin gar nicht mehr hergegeben. Doch sie hat schon zwei Hunde, einen männlichen Australian Sherpherd und eine winzige Chihuahua-Dame, deren Körpergewicht von zwei Kilogramm in keiner Relation zum Temperament steht, denn auch sie kommt aus einer schlechten Haltung, die Spuren hinterließ – sie kann schon mal etwas giftig sein: „Und die Kleine greift immer den völlig lieben Schäferhund an, ich weiß nicht, ob er nicht doch einmal anders reagieren könnte.“
Denn obendrein hatte der Ex-Halter behauptet, die Schäferhündin könne zwar gut mit Rüden, aber nicht mit anderen Weibchen. Also musste der Chihuahua erst einmal zu Frauchens Eltern ausweichen. Außerdem habe ihre Vermieterin damals schon ein Auge für ihre beiden Hunde zugedrückt: „Sie findet es gut, dass ich mich für das Tier einsetze, wäre aber auch dankbar, wenn ich es möglichst schnell weitervermittle. Auch, wenn ich es selber bedauere.“
Also suchte die junge Frau ein festes und vor allem liebevolles Heim für Roxy, um sie nicht ins Tierheim geben zu müssen: „Sie ist eine aufgeschlossene und neugierige Hündin, möchte dabei sein, läuft und spielt gerne, ist wirklich fit für ihr Alter. An der Leine laufen kann sie nicht so gut, sie hat es wohl entweder nicht oder falsch gelernt. Mit der richtigen Bindung und Motivation wird sie dies aber schnell hinbekommen“, warb sie für eine Adoption – mit Erfolg.
„Zu Menschen ist sie freundlich und respektvoll, macht an der Leine auch kein Theater, und ich denke, sie kann auch mit Kindern umgehen. Zu weiblichen Hunden sollte sie nicht vermittelt werden, allerdings kann ich mir Rüden bei ihr gut vorstellen, auch in einer souverän geführten Mehrhundehaltung. Sie hat aber eine geringe Frustrationstoleranz und braucht darin noch ordentlich Unterstützung, Dinge auszuhalten. Dies wird sie ebenfalls schnell erlernen, ich arbeite mit ihr auch daran“, sagte Melanie Zejunc bevor Roxy ein „Für-immer-Zuhause“ fand.
Vom Tierarzt wurde Roxy untersucht und geröntgt. „Sie hat eine Hüftgelenksdysplasie, Verschleißerscheinungen an Brust- und Lendenwirbelsäule und aktuell eine kleinere Hautentzündung, die von mir behandelt wird. Medikamente benötigt sie keine. Im Freilauf hält sie einen Radius ein und ist stets orientiert. Sie hört auf ihren Namen und den Rückruf. Dazu orientiert sie sich viel an meinem vorhandenen Aussie-Rüden und geht und kommt immer mit ihm zusammen. Die beiden sind ein tolles Team. Sie akzeptiert sofort Grenzen und geht Konflikten aus dem Weg.“
Die Vermittlung war letztlich erfolgreich: Laut Melanie Zejunc hat Roxy mittlerweile „ein tolles Zuhause gefunden“.
In der Oskerheide in Lippborg ist ein Staffordshire-Mix ohne Wasser ausgesetzt worden. Der verängstigte Hund war an einem Pfahl angeleint.