Trinkwasser „in höchster Gefahr“

Udo Müller ist nicht nur bei den Grünen in Ense Mitglied, sondern auch in der „Initiative Trinkwasser“. Die Gruppe sieht das Trinkwasser im Kreis Soest – und damit auch in Ense – in höchster Gefahr, weil eine NRW-Gesetzesinitiative neue Eingriffe in den Boden von Wassergewinnungsgebieten ermöglichen soll.
Ense – Der Enser Ratsherr engagiert sich seit 2009 in der „Initiative Trinkwasser“ aus Warstein, tritt mit seinem Einsatz hier für den Schutz des heimischen Trinkwassers ein. „Trinkwasser ist eines der höchsten Güter, das wir haben“, erklärt er sein jahrelanges Engagement im Verein. Und dieser Einsatz sei aktuell so gefragt wie schon lange nicht mehr, sagen Müller und seine Mitstreiter.
Die NRW-Landesregierung will nämlich ein Gesetz auf den Weg bringen, dass das aus Sicht der Initiative so wichtige Bodenschatzgewinnungsverbot in Wasserschutzgebieten aufhebt. Für Müller inakzeptabel. „Ich bin geneigt, alle Register zu ziehen, um das Trinkwasser zu schützen“, sagt er.
Durch die Aufhebung des Gesetzes sei es der Stein- und Kiesindustrie wieder möglich, ihre Rohstoffe dort abzubauen, wo das Trinkwasser für die Kommunen im Kreis Soest gewonnen wird. Müller befürchtet dadurch erheblichen Schaden für das Wasser.
Allein steht der Enser Grüne mit dieser Sorge nicht da. Die Linken haben für die Kreistagssitzung am 12. November eine Resolution beantragt, die verlangt, dass der Kreis Soest das Vorhaben der Landesregierung ablehnt.
„Es wäre ein wichtiger Appell“, hat Müller seinem Kreisverband empfohlen, der Resolution zuzustimmen. „Je mehr Parlamente diesen Appell aussprechen, desto besser ist es.“
Heinrich Frieling, Landtagsabgeordneter aus Ense und Mitglied im zuständigen Umweltausschuss, ordnet die Situation anders ein. „Mit dem geplanten Gesetz würden wir sogar noch präziser in Sachen Trinkwasserschutz werden“, schildert er seine Sicht der Dinge.
Allerdings schlägt Frieling und den Befürwortern auch weiterer Gegenwind ins Gesicht. So etwa von den NRW-Landesgruppen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (BDEW) und des Verbandes kommunaler Unternehmen e.V. (VKU). Sie bewerten die Gesetzesänderung überwiegend kritisch. Diese sehe „eine Rückabwicklung wichtiger Gewässerschutzmaßnahmen vor, die erst 2016 eingeführt wurden und sich auch bewährt haben“, so ihre Kritik. Die Zielsetzung der Novelle ist nach Meinung der wasserwirtschaftlichen Verbände mit Blick auf die Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und das Schutzbedürfnis unseres wichtigsten Lebensmittels „kontraproduktiv“. Der Gesetzesentwurf mache in puncto Umweltschutz „eine Rolle rückwärts, weil beispielsweise gewässerschutzdienliche Regelungen zu Gewässerrandstreifen und das Bodenschatzgewinnungsverbot in Wasserschutzgebieten gestrichen werden“.
Positiv sieht die Wasserwirtschaft hingegen, dass der Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung gesetzlich festgeschrieben werden soll. Dies beuge potenziellen Nutzungskonflikten bei der Wasserentnahme vor, die sich infolge des Klimawandels sehr wahrscheinlich verstärken werden.
Die konkrete Ausgestaltung des Gesetzentwurfs sehen die Landesgruppen von BDEW und VKU allerdings auch in diesem Punkt kritisch, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der NRW-Landesgruppen von BDEW und VKU.