„Wir haben zwar viel Wohnraum zur Verfügung gestellt bekommen, es kommen aber auch viele Flüchtlinge“, fürchtet der Erste Beigeordnete Dennis Schröder, dass, wenn die Zuweisungen zunehmen, die Gemeinde irgendwann nicht mehr weiß, wo sie die Menschen lassen soll. „Aber wir wollen die Menschen ja nicht loswerden, sondern unterbringen“, betont Sozialarbeiter Marco Stelte, und Schröder ergänzt: „Unser Ziel ist es, für alle adäquaten Wohnraum zu schaffen.“
Dazu habe man sich zu Beginn, Mitte des vergangenen Jahrzehnts, noch im Wesentlichen auf die beiden größten Ortsteile Bremen und Niederense konzentriert, da dort die beiden Versorgungszentren liegen. Diesen Luxus könne man sich heute nicht mehr leisten – das gesamte Gemeindegebiet stehe zur Disposition, „und wenn die Flüchtlinge dann mal irgendwohin müssen, dann müssen wir diese Mobilität eben leisten“, meint Busemann.
Und die Zahlen (siehe Infokasten) geben ihnen recht. Busemann: „2015 waren wir bei 220 Geflüchteten, aktuell steuern wir auf das Doppelte zu.“ Schröder: „In diesem Jahr kamen 85 Flüchtlinge neu uns zu, über ein Drittel davon allein im Zeitraum seit Ostern. Wenn das in dem Tempo weitergeht, dann kommen in diesem Jahr sicherlich noch einmal 150 dazu. Das mag in Wellenbewegungen kommen und schwer kalkulierbar sein, aber auf eine dreistellige Zahl müssen wir uns einstellen.“
Denn auch die Zahl der Krisenherde nimmt zu: Nach den Syrern und den Ukrainern hat erst die erneute Machtergreifung der Taliban zu vermehrten Flüchtlingszahlen aus Afghanistan gesorgt, dann die Unruhen im Iran und die schweren Erdbeben in der Türkei.
Ukrainer: Insgesamt 211 Personen, davon haben Ense inzwischen 67 Ense wieder verlassen. Von den 144 Personen vor Ort sind 64 Kinder unter 18 Jahren, 53 Frauen und 27 Männer.
Flüchtlinge insgesamt: Neben den Ukrainern sind aktuell circa 220 Personen kommunal untergebracht (in eigenen oder angemieteten Unterkünften). Seit Herbst 2022 nehmen die Zuweisungen wieder deutlich zu, vor allem Personen aus Syrien.
Zuweisungen 2023: 85 Personen, davon 28 Ukrainer, 37 Syrer, 9 andere. Davon allein seit Ostern: 31 Personen, davon 15 Syrer.
Ein „Glücksfall“ sei das einstige Verwaltungsgebäude der Firma Heico in Niederense gewesen. Im vergangenen Juli wurden die Umbauarbeiten abgeschlossen. Damals, als das Gebäude nicht sofort benötigt wurde, lebten 93 Ukrainer in Ense, heute sind es 144, das Haus ist bewohnt. Maximal 100 Personen finden hier Platz, was immer noch weit von den Kapazitäten einer ZUE entfernt ist. Die hier lebenden Ukrainer, „die halten zusammen, die kochen zusammen, die halten das Gebäude sauber, man sieht ja, es sieht aus wie geleckt“, lobt Bürgermeister Rainer Busemann.
Nun hofft die Gemeinde, dass es noch irgendwo vergleichbare Leerstände gibt, die ihr selber vielleicht einfach nur noch bekannt ist. Es mögen dann vermutlich keine Gebäude in dieser Größenordnung sein dürften, vielleicht alte Ladenlokale – wobei auch jede leer stehende, kleine Wohnung schon helfen würde.
Schröder: „Wenn das nicht besser wird, dann kommen wir an den Punkt, dass wir öffentliche Gebäude nutzen müssen, und das möchten wir natürlich vermeiden.“
Die Gebäude würden nach ortsüblichen Tarifen angemietet, „und die Gemeinde als Mieter ist ja kein schlechtes Pfund“, wirbt Sozialarbeiter Marco Stelte, „zumal die Mietverhältnisse durch uns Sozialarbeiter begleitet werden. Wir lassen die Vermieter nicht allein, und sie haben natürlich auch ein Mitspracherecht, wer dort einzieht, wir bringen die vorher zusammen.
Wir werden keine Mietverhältnisse auf Zwang eingehen und den Vermietern irgendwelche Probleme ins Haus setzen, zumal die auf uns zurückfallen würden. Die meisten Wohnungen, die wir haben anmieten können, bekamen wir durch Mund-zu-Mund-Propaganda, und darauf sind wir angewiesen. Und wir achten darauf, dass Menschen aus ähnlichem Kulturkreis Nachbarn werden – was in einer ZUE aufgrund der Menge der Bewohner nicht möglich ist“.
Kontakt
über Marco Stelte, Telefon 02939/980-216 oder 0151/15416359 bzw. E-Mail wohnraum@gemeinde-ense.de.