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Sommertour mit unseren Lesern zur Biogas-Anlage in Höingen

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Von: Karin Hillebrand

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Anzeiger-Sommertour zur Biogas-Anlage in Höingen
Anzeiger-Sommertour zur Biogas-Anlage in Höingen © Karin Hillebrand

Die Anzeiger-Sommertour führte einige unserer Leser hinter die Kulissen der Biogas-Anlage in Ense Höingen. Zwischen Mais und Hühnermist gab es so einiges zu erfahren.

Höingen – Wer von Bremen kommend in Richtung Niederense fährt, sieht von Weitem schon die großen rostbraunen Gasaufbereitungsbehälter der Biogas-Anlage mit ihren grünen, wie Zipfelmützen gewölbten Hauben aus Folie am Rande des Industriegebiets von Höingen. Gesellschafter Georg Busemann und Anlagenführer Martin Tigges führten am Donnerstagabend sechs unserer Leser hinter die Kulissen der biologischen Stromproduktion.

Strombörse Leipzig

„Stimmt es, dass dies die größte Anlage in Deutschland ist?“, lautet auch schon die erste Frage, die Jens Friedhoff stellt, bevor die Tour überhaupt gestartet ist. „Sie gehört zu den zehn größten Anlagen“, stellt Busemann klar. Vor 30 Jahren hat man mit Windenergie begonnen, seit fünfzehn Jahren speist die Enser Biogas, eine Gesellschaft, die sich aus acht Landwirten, einem Bänker und einem Planer zusammensetzt, ihren Strom in das Netz. Darauf, wie hoch die Motoren tatsächlich ausgelastet sind, haben die Enser keinen Einfluss. „Wir fahren eine Motorenlast von 60 bis 70 Prozent - den Rest regelt die Strombörse in Leipzig“, sagt Andreas Tigges, staunende Blicke begleiten seine Ausführungen. „Ist es windig und die Sonne scheint, wird viel Strom aus Windkraft und Solarenergie in das Netz gespeist. Dann werden wir von Leipzig aus herunter gefahren“, erklärt der 58-Jährige weiter. „Ich kann das hier sehen. Wird das Wetter schlecht oder geht es auf den Abend zu, dann gehen alle Fernseher an und wir werden wieder hoch gesetzt.“

60 000 Kilowattstunden Strom am Tag

„Sie haben überhaupt keine Möglichkeit darauf Einfluss zu nehmen“, hakt Birgit Müller nach. „Es gibt kein regionales Stromnetz, sondern nur ein großes europäisches - da hinein wird alle Energie gespeichert, egal ob es grüne oder von Atom-, Kohle- oder Wasserkraftwerken produzierte ist“, beschreibt Tigges die Dimension des Strommarktes.
Fünf Motoren stehen in Ense - zwei auf dem eigenen Gelände, drei bei verschiedenen Anliegern im Industriegebiet. „Einige Firmen haben sich bewusst wegen unserer Biogas-Anlage für den Standort hier entschieden. Eine davon hat gar keine Heizung installiert“, sagt Landwirt Busemann. Denn das Gas, das vor Ort hergestellt wird, treibt jene Motoren an, ein dahinter geschalteter Generator produziert - ähnlich wie ein Dynamo beim Fahrrad - den Strom. 50 Prozent der Wärme, die bei dem ganzen Prozess entsteht, wird von der Industrie zum Heizen genutzt. 60 000 Kilowattstunden Storm fallen auf diesem Wege am Tag an. Im Vergleich: Eine Familie mit zwei Kindern verbraucht etwa 5000 Kilowattstunden im Jahr. Daher lohnt sich auch eine Zuleitung zur Privathaushalten nicht.

Anzeiger-Sommertour zur Biogas-Anlage in Höingen
Anzeiger-Sommertour zur Biogas-Anlage in Höingen © Karin Hillebrand

Für Ursula Albert liegt eine Frage auf der Hand: „Könnte man das Gas in das allgemeine Gasnetz speichern? „Ja, qualitativ ist es eigentlich sogar besser“, antwortet Tigges, der gelernter Elektriker ist. „Aber die Voraussetzungen, die wir technisch schaffen müssten, sind schwer zu realisieren.“ Für unsere Leser geht es aus dem Motorenraum hinaus zu den großen Behältern. Drei davon sind Fermenter, in denen eine Biomasse aus biologischen Stoffen wie Mais, Gras, Hühnermist und Gülle von methanbildenden Bakterienstämmen zersetzt wird.

Anzeiger-Sommertour zur Biogas-Anlage in Höingen
Anzeiger-Sommertour zur Biogas-Anlage in Höingen © Karin Hillebrand

Den Gärprozess beobachtet Katrin Heider durch ein kleines Fenster am oberen Rand eines Behälters. Die Oberfläche der Masse brodelt. Das aufsteigende Gas drückt die Folien nach oben und wird unter dem so entstandenen Dach gespeichert, bis es benötigt wird. „Werden die Bakterien zugefügt“, möchte Heider wissen. „Wir haben sie vor 14 Jahren angezüchtet, pflegen sie seitdem und füttern sie kontinuierlich“, erklärt Georg Busemann.

Anzeiger-Sommertour zur Biogas-Anlage in Höingen
XJ08y103.jpg © Karin Hillebrand

Die vergorenen Reststoffe, die am Ende des Prozesses übrig bleiben, werden zum Düngen auf Felder aufgebracht, der benötigte Mais von Bauern aus der Börde geliefert - ein Kreis, der sich schließt. Nach eineinhalb Stunden zeigt Tigges, der als einer von drei angestellten Kollegen für die Wartung und Überwachung der Anlage zuständig ist, seine Monitore im Büro, auf denen der Zustand jedes einzelnen Elementes abgerufen werden kann. Für unsere Leser fand die Tour damit den Abschluss. Vereine und Schulklassen ab der Jahrgangstufe neun können sich bei Interesse für eine Führung melden.

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