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Senioren treffen sich zum Trommeln

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Von: Klaus Bunte

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Alexander Heuser, Schlagzeuger vom Möhnesee, zeigte den Senioren, wie man trommeln kann.
Alexander Heuser, Schlagzeuger vom Möhnesee, zeigte den Senioren, wie man trommeln kann. © Bunte, Klaus

Das Lambertushaus bebt. Kein Wunder, wenn gut 20 Personen im Rhythmus trommeln zur Musik der CD, die im Player rotiert. Eine Stimmung wie im ZDF-Fernsehgarten, nur statt in die eigenen Hände schlagen alle auf afrikanische Trommeln zu volkstümlicher Musik der „Jungen Klostertaler“, die aber auch fast 30 Jahre nach der Aufnahme des Lieds noch immer nicht das Alter erreicht haben derer, die sie in diesem Moment noch einmal damit begeistern. Denn das Durchschnittsalter der Trommelgruppe ist 87, die Altersspanne reicht von 71 bis 94.

Bremen - Viele von ihnen halten zum ersten Mal eine Trommel in der Hand, für Maria Schulte aus Höingen ist es der erste Kontakt mit einem Musikinstrument überhaupt: „Manchmal bin ich aus dem Takt gekommen“, sagt sie breit strahlend, „aber ich habe mich bemüht und es war sehr schön. Ich habe noch mal was gelernt. Wenn es dieses Angebot hier täglich gäbe, ich würde mitmachen.“ Anneliese Risse meint gar: „Das hat uns wieder jung gemacht. Am liebsten hätte man dazu noch getanzt. Ach, war das schön, das war mal was anderes, nicht so Alltägliches. Denn Singen können wir ja alle.“

Das erste Mal an einer Trommel

Für Helga Schickhoff war es zwar das erste Mal an einer Trommel, aber sie hatte kein Problem, den Takt zu halten. „Ich spiele Bass, Gitarre und Blockflöte in drei Orchestern“, meint sie – in der Tat war sie sogar Teil der Oldieband Arnsberg, die hier vor den Senioren auftrat beim neunten Bremer Urlaub ohne Koffer, für den die Enser Caritas wieder ein abwechslungsreiches, einwöchiges Programm gestrickt hat. „77 verschiedene Personen haben wir in den neun Jahren damit erreicht“, erklärt Paul Sörries, Vorsitzender der Caritaskonferenz Ense, „unser Ziel ist es, jedes Mal zur Hälfte neue Teilnehmer zu haben.“

Dieser Tag ist jedoch der, an dem die Teilnehmer selbst gefordert sind. Sie hören nicht zur zu, wie bei den Auftritten der Oldieband und eines Dudelsackspielers oder beim Besuch des heimischen Landtagsabgeordneten Heiner Frieling, der ihnen munter von einer seiner größten Herausforderungen erzählte: davon, als Sieveringer heil und rechtzeitig mit der Bahn nach Düsseldorf zu kommen. Und auch tags zuvor bei der Planwagenfahrt durch jene Regionen, die die Senioren normalerweise zu Fuß schlecht erreichen, hielten sie natürlich auch nicht die Zügel in der Hand, das übernahm Paul Sörries persönlich. Aktiv werden sie dagegen auch bei sportlichen Angeboten oder beim Basteln.

Angeleitet werden sie beim Trommeln von Alexander Heuser. Der Profi-Schlagzeuger vom Möhnesee ist in der Region eher für vergleichbare Aktionen in Kindergärten und Schulen bekannt: „Vom Inhalt her ist das aber durchaus ähnlich. Ob ich nun vor Kindern stehe, vor Erwachsenen oder Senioren: Man leitet sie ja an, auf den Instrumenten zu spielen, und darin, dass sie gleichmäßig spielen und sich aufeinander einstellen, und ein Lied begleiten. Bei den Kindern nehme ich dazu aktuelle Musik aus den Charts, bei den Senioren ist auch mal ein Wiener Walzer dabei, ein Tango oder Shanty.“

„Gefällt es ihnen überhaupt?“

Natürlich ist den Senioren gegenüber auch ein etwas anderer Ton angesagt: „Mit den Kindern kann man mehr herum scherzen, bei den Senioren ist man seriöser und siezt, stellt sich anders dar. Kinder zu bespaßen ist leichter, die sind lockerer und schneller zu begeistern, denen gefällt das immer. Bei Senioren muss ich erst schauen, ob denen das überhaupt gefällt – das ist immer ein kleines Experiment. Und ich muss eventuelle körperliche Einschränkungen berücksichtigen. Wenn sie zum Beispiel mit den Händen nicht mehr trommeln können, dann ist es ja vielleicht möglich, eine Rassel zu nehmen. Und wir singen ja auch.“

Bleibt vielleicht noch die Binsenweisheit von den alten Hunden, die keine neuen Tricks mehr lernen. Heuser: „Nicht unbedingt, denn viele bringen lange Erfahrung durch Chöre oder eigene Musik mit. Die kommen schnell rein.“

Das Trommeln sei besonders gut dazu geeignet, Konzentration, Motorik, Beweglichkeit und das Gemeinschaftsgefühl zu fördern, erzählt Heuser: „Und weil sofort jeder einsteigen kann, mit oder ohne Erfahrung. Das geht mit anderen Instrumentengruppen nicht. Ich kann da ja keine Gitarren oder Keyboards dahinstellen.“

Maria Schultes Vorschlag eines regelmäßigen Angebots, um das Trommeln zu pauken, ist Heuser nicht abgeneigt: „Bei Interesse kann man natürlich darüber nachdenken, ob man einen ganzen Kurs anbietet, ob man eine ganze Gruppe zusammenstellt und für eine oder zwei Stunden alle ein bis zwei Wochen übt. Die Anschaffung einer eigenen Trommel ist auch nicht so teuer, gerade auf dem Gebrauchtmarkt reden wir von 50 bis 60 für eine Trommel. Dann könnten wir auch richtig was einüben.“

So gesehen fiele der Eigenanteil der Senioren vielleicht höher aus, denn der Urlaub ohne Koffer ist stark subventioniert. Das Team der Caritas bewirtet die Senioren zwar ehrenamtlich, holt sie mit dem privaten Pkw oder dem Ense-Mobil ab, ist mit allen per Du, und die drei oder vier Torten am Tag sind Spenden aus der Dorfbevölkerung.

Doch das Mittagessen kommt vom Provita-Wohn- und Pflegezentrum Ense, die Gesamtkosten werden finanziert durch eine 500-Euro-Spende der Warsteiner Cramer-Stiftung sowie den Teilnehmerbeitrag von 60 Euro pro Kopf. Ren Rest der Kosten übernimmt die Caritas-Konferenz.

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