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Wenn der Albtraum eines jeden Reiters wahr wird: Feuerwehr übt Großtierrettung

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Von: Daniel Schröder

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Mit vereinten Kräften und unter Beachtung aller Sicherheits-Vorschriften retten die Bad Sassendorfer Feuerwehrleute Pferde-Dummy „Sam“ aus einem Graben.
Mit vereinten Kräften und unter Beachtung aller Sicherheits-Vorschriften retten die Bad Sassendorfer Feuerwehrleute Pferde-Dummy „Sam“ aus einem Graben. © Daniel Schröder

Wenn ein großer Vierbeiner in Not gerät, muss bei der Rettung oberste Vorsicht gelten. Damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt, gab es für die Feuerwehr Bad Sassendorf nun eine Art Übungs-Marathon.

Ostinghausen – Auf Haus Düsse gab es am Mittwoch einen „Rettungs-Marathon“: Immer und immer wieder retteten die Kräfte der Bad Sassendorfer Feuerwehr „Sam“. „Sam“ ist ein lebensgroßer Pferde-Dummy, er wurde rund um das Versuchs- und Bildungszentrum in allerlei Notsituationen gebracht, aus denen die Feuerwehrleute ihn unter Anleitung eines Spezialisten retteten.

Den besonderen Feuerwehr-Übungstag hatte sich Johannes Heer, Tierwohlmultiplikator im Projekt „Fokus Tierwohl“ auf Haus Düsse ausgedacht. Seit drei Jahren veranstaltet er Fortbildungen für Tierärzte, Landwirte und Co. Immer mit dem Ziel, das Wissen rund ums Tierwohl zu erweitern. Nach Online-Seminaren zum Thema „Brandschutz in Nutztierställen“ mit hunderten Teilnehmern richtete sich jetzt erstmals auch eine Fortbildung vor Ort explizit an Feuerwehrleute.

Rettung von Pferden und Co: „„Bis vor wenigen Jahren war die Rettung von Großtieren in Deutschland ein großes, schwarzes Loch“

Die kamen aus den Sassendorfer Ortsteilen – nach einem eindrucksvollen Theorieblock arbeiteten sie ab dem Mittag nicht mehr nur mit dem Großtierrettungs-Experten Lutz Hauch, sondern auch „seinem Kollegen“, dem Pferde-Dummy „Sam“. Im Alltag haben die Feuerwehren aus der Region nur äußerst selten Berührungspunkte mit Pferd und Co. „Ich glaube, dass mancher Landwirt versucht, sich im Notfall selbst zu helfen und gar nicht daran denkt, dass die Feuerwehr auch für solch eine Aufgabe da ist“, sagt Maik Eberhardt von der Feuerwehr Bad Sassendorf.

Dozent Lutz Hauch stimmt zu. Der ausgebildete Pferdesanitäter und Großtierrettungs-Ausbilder sammelte im Laufe seiner Karriere selbst Erfahrungen als Berufsfeuerwehrmann. Derzeit ist er Deutschlands einziger von der „Animal Rescue Academy“ autorisierte Ausbilder.

Experte Lutz Hauch gab den Feuerwehrleuten wertvolle Tipps.
Experte Lutz Hauch gab den Feuerwehrleuten wertvolle Tipps. © Daniel Schröder

Hauch: „Bis vor wenigen Jahren war die Rettung von Großtieren in Deutschland ein großes, schwarzes Loch. Sie gehört noch immer nicht zur festen Ausbildung.“ Und das, obwohl deutschlandweit immer wieder größere Tiere wie Pferde, Rinder oder Wasserbüffel aus Notlagen – etwa aus Gräben, Schlammlöchern, Pools, aus Boxen oder Transportern – befreit werden müssen. An oberster Stelle muss bei einer solchen Rettung nicht nur das Tierwohl, sondern auch die Sicherheit der Einsatzkräfte stehen.

Damit diese jedoch gewährleistet werden kann, müssen die Retter wissen, worauf sie achten müssen. So erklang bei den praktischen Übungen am Mittwoch mehrfach der Warnruf „Kickzone!“ – in diesen Momenten stand jemand in einem Bereich, in dem ihn ein echtes Pferd mit seinen Hufen oder dem Kopf ernsthaft hätte verletzen können. „Sam“ – 200 Kilogramm schwer und 10 000 Euro teuer – verzeihe Fehler, „die im realen Einsatz tödlich ausgehen könnten“.

Behutsame Arbeit am „sedierten“ Pferde-Dummy „Sam“.
Behutsame Arbeit am „sedierten“ Pferde-Dummy „Sam“. © Daniel Schröder

Hier habe vor allem der Theorie-Block im wahrsten Sinne des Wortes die Augen geöffnet. Er machte anhand drastischer Bilder klar, dass schon ein falsch gehaltener Strick zu einer abgetrennten Hand führen kann. Neben der Erfahrung fehle den meisten Feuerwehren auch die technische Ausstattung für eine adäquate Großtierrettung, so der Experte.

„Klar, ein paar breite Gurte finden sich immer. Aber dann fängt das Improvisationstheater schon an. Bei jeder Rettung muss sich jede Einsatzkraft bewusst sein, dass es auch um ihr Leben geht.“ Damit die Feuerwehren aus der Region sich in diesem speziellen Einsatzfeld zukünftig intensiver schulen lassen können, solle die Fortbildung perspektivisch „möglicherweise über das normale Weiterbildungsprogramm angeboten werden“, sagt Johannes Heer. Er betont, dass ein Tier auch im Notfall so behandelt werden müsse, wie ein Mensch: „Die Tiere müssen vernünftig gerettet werden, sodass es ihnen dabei gut geht und keine Folgeschäden entstehen, wegen derer sie am Ende trotzdem eingeschläfert werden müssen.“

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