Anders zu sein ist in Ordnung

Das Leben ist vielfältig und das gilt auch für die sexuelle Orientierung der Menschen. Im Zeichen der Regenbogenflagge ist dies in den vergangenen Jahren zwar stärker in den Fokus der Öffentlichkeit geraten, aber bisweilen fehlt es noch am Respekt dafür. Den wollen die Schüler der INI-Gesamtschule mit Schulleiterin Armgard Steinbrück und das Tagungszentrum mit Geschäftsführern Britta Keusch nun mit Nachdruck einfordern.
Bad Sassendorf – Mit einer Pride-Woche im jährlichen Pride-Monat Juni sollen verschiedene Aktionen auf die gesellschaftliche Diversität aufmerksam machen und um Anerkennung werben. Unterstützt wird die Aktion von Jana Hansjürgen vom Projekt „Blick“, das die LSBTIQ-Strukturen im ländlichen Raum fördern will. Dieses NRW-Pilotprojekt wird derzeit in der Region zwischen Paderborn und Hamm durchgeführt.
Zustande gekommen ist die Kooperation durch eine Anfrage an Bürgermeister Malte Dahlhoff, der den Kontakt zur INI-Gesamtschule und dem Tagungszentrum hergestellt hat, berichtet die Projektleiterin. Im ländlichen Bereich sei die Akzeptanz für lesbische, schwule oder queere Menschen noch nicht immer da. Jana Hansjürgen: „Es gibt offene Türen und es gibt nicht so offene Türen.“
Beim Bürgermeister, der Gesamtschule und dem Tagungszentrum standen die Türen offenkundig weit offen: „Es geht um Aufklärung und Offenheit, gerade auch im Veranstaltungsbereich“, sagt Britta Keusch. Armgard Steinbrück ergänzt: „Ich mache bei allem mit, was Bad Sassendorf guttut, deshalb bringen wir uns als Schule ein.“ Zudem bestätigt die Rektorin, dass Diversität und Inklusion gerade auch im Schulleben wichtige Aspekte seien.
Vorbereitet ist die Gemeinde auch insofern, als aufgrund eines Ratsbeschlusses eine Regenbogenfahne angeschafft wird. Das bunte Tuch wird während des Pride-Monats Juni ständig vorm Rathaus gehisst. Zudem planen die INI-Gesamtschule und das Tagungszentrum Juni verschiedene Aktionen. Flagge zeigen hieß es erstmals am Mittwoch (17. Mai), dem internationalen Tag gegen Homo-, Bi, Inter- und Transsexuellen-Feindlichkeit. Zudem planen die Gesamtschule und das Tagungszentrum in Zusammenarbeit mit dem Landesprojekt „Blick“ für LSBTIQ-Strukturen im ländlichen Raum eine „Pride Week“ mit diversen öffentlichen Veranstaltungen.
Den Auftakt bildet am Dienstag, 13. Juni, ab 19.30 Uhr das Kino in der Kulturscheune mit dem Film „Alle Farben des Lebens“. Der 16-jährige Ray (Elle Fanning) ist ein Trans-Junge und wünscht sich geschlechtsangleichende Maßnahmen. Dafür benötigt er jedoch das Einverständnis beider Elternteile. Seine alleinerziehende Mutter Maggie (Naomi Watts) muss daher notgedrungen wieder Kontakt zu ihrem Ex aufnehmen. Außerdem muss sein Umfeld lernen, Ray zu akzeptieren, wie er ist. (USA 2015, 93 Minuten, FSK 6). Eintritt: sechs Euro; für Inhaber der Einwohner-Kurkarte fünf Euro, für Inhaber der Gäste-Kurkarte Bad-Sassendorf-Card frei. Karten können reserviert werden unter Telefon 02921/9433425.
Am Mittwoch, 14. Juni, folgt von 17 bis 20 Uhr in der Mensa der INI-Gesamtschule die Aktion „Walk a mile in my shoes – der Vielfalt auf den Spuren“. Die Schüler präsentieren ein kreatives Programm in unterschiedlichen Fächern und laden zum Vorbeischauen ein. Geplant sind unter anderem ein Poetryslam und ein Kunstprojekt, bei dem Schuh-Skulpturen passend zum Titel „Walk a mile in my shoes“ (Lauf eine Meile in meinen Schuhen) entstehen sollen. Dafür setzen sich die Schüler vorweg mit Biografien verschiedener LSBTIQ-Personen auseinander. Der Eintritt ist frei.
Am Donnerstag, 15. Juni, findet am 19.30 Uhr eine Lesung in der Kulturscheune statt. „Die Zukunft ist nicht binär“, lautet der Titel, die Lesung setzt sich damit auseinander, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt. „Die Zweigeschlechterordnung ist weder ausreichend noch alternativlos“, heißt es in der Ankündigung, „vielmehr ist die Vielfalt Fakt: Menschen sind mehr als entweder – oder.“ Mit steigender Sichtbarkeit würden allerdings queerfeindliche Stimmen lauter. Dabei stecke in der Überwindung starrer Kategorien emanzipatorisches Potenzial für alle Menschen.
In dem Buch „Die Zukunft ist nicht binär“ entwirft Lydia Meyer eine Welt, in der die alten Grenzen obsolet seien. Meyer erzählt autobiografisch als nicht-binäre Person und gibt Ideen und Impulse, wie die binäre Gesellschaft Schritt für Schritt inklusiver werden kann. In der Veranstaltung liest Meyer aus ihrem Buch. Der Dialog mit dem Publikum, moderiert von Charlotte Kaiser vom Landesprojekt „Blick“, ist ausdrücklich erwünscht.
Der Eintritt zu der Lesung in der Kulturscheune ist frei. Die Bücherstube Ellinghaus betreut am Veranstaltungstag zusätzlich einen Büchertisch im Foyer der Kulturscheune.
Was LSBTIQ und der Pride-Month bedeuten
Viele Begriffe, die sich bezüglich der Anerkennung der diversen geschlechtlichen Orientierungen eingebürgert haben, stammen aus dem Englischen. Denn vieles geht auf Pride-Aktionen aus den USA wie den Christopher-Street-Day zurück, mit denen Schwule, Lesben, Transsexuelle oder queere Menschen den Stolz auf ihre eigene Persönlichkeit zum Ausdruck bringen. Der Pride-Month, der das Anliegen ebenfalls betonen soll, ist in der Regel jährlich der Monat Juni. Weil es von den zwei Geschlechtern Mann und Frau abweichende Orientierungen im ländlichen Raum schwerer haben als in den Großstädten, hat das Land NRW das Projekt „Blick – LSBTIQ Strukturen im ländlichen Raum“ ins Leben gerufen. Die Abkürzung LSBTIQ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans-, inter- oder nicht-binäre und queere Menschen. Leiterin des Projekts, das die Region zwischen Paderborn und Hamm umfasst, ist Jana Hansjürgen. Für die Anliegen der LSBTIQ-Menschen und ihrer Angehörigen führt das NRW-Landesministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration zum Beispiel einige Beratungsstellen auf. Mehr unter www.mkjfgfi.nrw