150 Jahre Kyffhäuser: Solidarisch in der Not

150 Jahre Kyffhäuser-Kameradschaft Bad Sassendorf: Dieses Jubiläum feierten die Mitglieder und ihre Gäste jetzt mit der Gefallenenehrung und dem Frühlingsfest im Haus Rasche.
Bad Sassendorf – „Kameraden jenseits der 70 sind ab sofort vom Beitrag befreit“ – das wäre heute in der Tat eine Schlagzeile wert, denn es wäre zugleich das Ende der Kyffhäuser-Kameradschaft Bad Sassendorf/Heppen. Das räumt auch Thomas Schulze mit Blick auf das hohe Durchschnittsalter ein. Aber letztlich handelt es sich um einen Beschluss vom 15. November 1891, den Schulze „ausgegraben“ hat dank einer 90 Jahre alten Festschrift. In jenem Jahr wurde die Kameradschaft 60 Jahre alt, jetzt beging sie ihr 150-jähriges Bestehen, zu deren Feier Schulze die Geschichte des Vereins rekapitulierte.
„Ein Veteran erhielt wegen seines starken Gichtleidens monatlich einen Liter Schnaps, bezahlt aus der Vereinskasse“, zitierte Schulze noch einen ganz besonderen Fall der Fürsorge. Auch andere Ausgaben hatten es in sich: 1923 nahm der Verein mehr als elf Billionen Mark ein, hatte Ausgabe von sieben Billionen – das war halt gegen Ende der Inflation, als man das Geld gar nicht so schnell ausgeben konnte, wie es an Wert verlor. Der 2007 mit fast 90 Jahren verstorbene Karl-Heinz Philipp habe die Kameradschaft 39 Jahre lang und somit über mehr als ein Viertel der gesamten Vereinsgeschichte hinweg geführt, länger als alle anderen 14 Vorsitzenden. Der nach 14 Jahren Vorsitz zum Ehrenvorsitzenden ernannte Emil Fenske (83) nehme bereits Platz drei auf dieser Liste ein, und wenn der aktuelle Vorsitzende Kurt Engelkemeier (seit fünf Jahren im Amt und somit auf Platz acht) Philipp seinen ersten Platz streitig machen wolle, so Schulze, „dann muss er noch 34 Jahre machen“.
Feier mit vielen Ehrengästen
Die Jubiläumsfeier fiel zusammen mit dem Frühlingsfest im Haus Rasche, direkt im Anschluss an die Niederlegung eines Kranzes am Ehrenmal. Dazu begrüßte Kurt Engelkemeier neben Vorgänger Emil Fenske, Bürgermeister Malte Dahlhoff, selbst Mitglied im Verein, die Vorsitzenden der Kameradschaften aus Ostönnen und aus Neuengeseke, Arnfried Rosenstock und Karl-Heinz Delbrügger, sowie Vertreter der Kyffhäuser-Kameradschaft Welver und den Präsidenten des Landesverbandes Westfalen-Lippe, Peter Cramer.
Letzterer gratulierte einem Verein, der sich landesweit durch Pflege der Tradition und Förderung des Sports einen Namen gemacht habe. Cramer ordnete die Gründung historisch ein, zwei Jahre nach Ende des deutsch-französischen Krieges. Damals hätten sich verantwortliche Mitglieder gefunden und Führungsaufgaben übernahmen. Dies habe sich bis zum heutigen Tag fortgesetzt: „Das Jubiläum zeigt, dass es der Kyffhäuser-Kameradschaft gelungen ist, über eineinhalb Jahrhunderte hinweg aktiv und attraktiv zu bleiben und engagierte Mitglieder zu haben und hinzuzugewinnen. Der Verein hat eine alte Tradition in die Gegenwart hinüber geführt und bewahrt.“
Malte Dahlhoff blickte zurück auf das Bewusstsein, aus dem heraus die Kyffhäuser-Kameradschaften gegründet wurden, nämlich aus einer Notsituation. „Es gab nach dem Krieg viele Versehrte oder Hinterbliebene, denen gegenüber die Kameradschaften gelebte Solidarität zeigten. Man dachte zuletzt immer, Krieg in Europa, das gibt es nie wieder, aber nun bete ich jeden Abend, dass dies bei uns auch so bleibt. Dennoch gilt es, Solidarität zu zeigen“, sagte Dahlhoff mit Blick auf den Ukrainekrieg. Im Schießsport vermittle der Verein der Jugend einen verantwortungsvollen Umgang mit der Waffe und führe sie so an die Werte der Kyffhäuser heran.

Aufschwung nahm die Gründung von Krieger- und Soldatenvereinen nach dem Einigungskrieg von 1870/71. Ab 1872 gab es in Sassendorf entsprechende Bestrebungen. Am 2. Juli 1872 fand die Gründungsversammlung mit 46 Teilnehmern statt, eine vorbereitete Satzung wurde beschlossen. Name des Vereins: „Krieger-Verein Sassendorf-Heppen“, später: „Krieger- und Landwehr-Verein Sassendorf-Heppen“. Am 14. Juli 1872 fand die erste Generalversammlung unter dem ersten Vorsitzenden Franz von Bockum-Dolffs statt, der dem dem Verein 1872 die erste Fahne schenkte.
Schon in den ersten Jahren wurde für ein Denkmal für die in den Einigungskriegen gefallenen Kameraden gesammelt. Die Salinenverwaltung stellte unentgeltlich eine Fläche für das Denkmal zur Verfügung. Am 2. September 1881 wurde es eingeweiht und einige Jahre später auf den heutigen Platz neben dem Kurparkeingang versetzt. Der ursprüngliche Adler aus Gußeisen wurde Mitte des 20. Jahrhunderts irreparabel beschädigt. Da Ersatz nicht möglich war, fertigte Kamerad Karl Lohenstein ein Eisernes Kreuz an, das für viele Jahre das Denkmal krönte.
Der damalige Vorsitzende Karl-Heinz Philipp wollte sich mit dieser „Notlösung“ jedoch nicht abfinden. Letztenendes wurde eine Gießerei in Wickede gefunden, die einen Adler gießen wollte, wenn es eine entsprechende Vorlage gäbe. Ein dafür geeigneter Adler fand sich auf dem Ehrenmal in Ostinghausen und der damalige Ortsvorsteher Richard Große-Westhues genehmigte die „Ausleihe“ des Ostinghauser Adlers. Parallel wurde das Denkmal saniert und am 2. September 2006, auf den Tag genau 125 Jahre nach der Einweihung, wurde die Sanierung des Denkmals gefeiert.
Im Ersten Weltkrieg verloren 59 Kameraden aus Sassendorf und drei Kameraden aus Heppen das Leben. 1938 wurden alle Soldatenbünde zwangsweise in den NS-Reichskriegerbund eingegliedert und nach dem Zweiten Weltkrieg aufgelöst. Erst 1952 begann die Wiedergründung des Kyffhäuserbundes mit allen Landesverbänden.
Nach dem Rückblick wagte Thomas Schulze einen kleinen Ausblick: „Ob es den Kyffhäuserbund und unsere Kameradschaft in 150 Jahren noch geben wird, kann heute niemand voraussagen. Es ist aber jedenfalls einen Versuch wert.“