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Kriegsopfern ihre Namen wiedergeben

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Von: Ludger Tenberge

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Wie auf dem Friedhof in Bilme gibt es viele Kriegsgräber, bei denen die Namen der Gefallenen nicht bekannt sind.
Wie auf dem Friedhof in Bilme gibt es viele Kriegsgräber, bei denen die Namen der Gefallenen nicht bekannt sind. © Uta Müller

Auf einzelnen Friedhöfen im Kreis Soest gibt es etliche Kriegsgräber. Die Namen der Toten sind oftmals jedoch nicht bekannt, weil entsprechende Daten fehlen. Vielleicht können die offenen Fragen durch Zeitzeugen geklärt werden und einige Tote könnten so nach vielen Jahren noch namentlich benannt werden.

Bad Sassendorf – Ein Beispiel für die Kriegsopfer sind die Toten des Bauzuges. Die 11. SS-Baubrigade Neuengamme war vom 13. Februar bis 6. April 1945 im Raum Soest stationiert. Die Gefangenen, die beim Einsatz des Bauzugs ums Leben kamen, wurden in der Regel auf Anordnung des SS-Personals auf dem Friedhof in Bad Sassendorf begraben. Die Friedhofsgärtner wurden aber nicht hinzugezogen. So weiß man bis heute nicht, wer in welchem Grab liegt.

1958 haben die Franzosen eine Exhumierung von Toten dieses Massengrabes vorgenommen und diese dann in 58 Särgen wieder beigesetzt. Leider gibt es bis heute jedoch keinen abschließenden Bericht hierüber aus Frankreich. In späterer Zeit konnten drei der Toten auf Grund der gefundenen Blechmarken identifiziert werden.

In verschiedenen Archiven gibt es jedoch Unterlagen, die die Möglichkeit eröffnen, einem Teil der rund 95 Toten auf dem Bad Sassendorfer Ehrenfriedhof einen Namen zuzuordnen. Es leben nur noch wenige Zeitzeugen, die etwas zu den damaligen Geschehnissen berichten können. Zudem sind viele Akten von Behörden in den Jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg vernichtet worden. Da die Alliierten ihre Bombenangriffe auf Soest und den Bahnhof immer mehr verstärkten, wurde die 11. SS-Baubrigade im KZ Neuengamme zusammengestellt und nach Soest geschickt. Am 13. Januar 1945 fuhr der aus rund 50 Waggons bestehende Güterzug mit 504 KZ-Häftlingen, 70 Personen Wachmannschaft und einer SS-Führungsgruppe von Neuengamme Richtung Soest ab. Nach den Aussagen von Überlebenden des Bauzuges wurde dieser drei oder vier Stationen vor Lippstadt von Flugzeugen angegriffen. Hierbei kamen der Lokführer/Heizer und ein dänischer Häftling, der als Apothekenhelfer eingesetzt war, ums Leben. Was mit den Leichen geschah, ist bis heute nicht geklärt. Die vierte Bahnstation vor Lippstadt ist Geseke, die Stationen davor sind Eininghausen und Dedinghausen.

Nach Informationen des Stadtarchivs Geseke kam es am 13. und 14. Februar 1945 zu mehreren Fliegerangriffen auf Züge mit Toten. Der Bauzug aus Neuengamme kam erst am 15. Februar 1945 in Soest an, nachdem er eine neue Besatzung erhalten hatte. Die Frage ist deshalb: Wem ist bekannt, wo der Zug beschossen und dann bis zur Weiterfahrt nach Soest abgestellt wurde. Vielleicht weiß jemand, was mit den Toten geschah oder wo sie beerdigt wurden. In Soest angekommen, stellte man fest, dass der Bauzug nicht im Bereich des Soester Bahnhofs abgestellt werden konnte, da die Schäden an den Gleisanlagen zu groß waren. Der Bauzug musste wieder Richtung Lippstadt zurückfahren. Nach den vorliegenden Dokumenten war der Zug zumindest vom 18. bis 26. Februar 1945 im Bahnhof Benninghausen stationiert.

Während dieser Zeit verstarben drei KZ-Häftlinge, deren Namen nicht bekannt sind. Zudem wurde der Häftling Jan Derk Bunink mutmaßlich von einem Kapo am 23. Februar 1945 erschlagen. Dieses geschah auf Höhe des Postens 76, einem Übergang, der mit einem Bahnmitarbeiter besetzt war. Erst in der Nacht vom 24. auf den 25. Februar 1945 wurde die Leiche am Bahndamm auf Höhe des Postens verscharrt. Eine Todesmeldung war beim Amtsgericht Lippstadt abgegeben worden, wie sich bei den späteren Ermittlungen herausstellte.

Eine Anzeige wegen des Vorfalles wurde später bei der Polizei erstattet, da man aber die Leiche nicht fand, wurde das Verfahren eingestellt. Am 5. Juli 1955 fand nach weiteren Hinweisen und Aussagen die Exhumierung des toten KZ-Häftlings Bunink am Bahndamm in Benninghausen statt. Im gerichtsmedizinischen Institut in Münster wurde festgestellt, dass es sich um Jan Derk Bunink handelte.

Die dann folgenden jahrelangen Nachforschungen konnten jedoch nicht klären, wer Bunink ermordet hatte. Das Verfahren wurde eingestellt. Bis heute ist nicht bekannt, wo die sterblichen Überreste nach der Untersuchung in der Uniklinik Münster hingebracht wurden. Ein Grab gibt es nicht. Der Bauzug war auf dem Bahnhof Benninghausen auf den Abstellgleisen stationiert, wie Anwohner bestätigen. Der Bauzug wurde fast jeden Tag durch Tiefflieger angegriffen. Der Posten 76 befand sich wahrscheinlich zwischen Benninghausen und Bad Sassendorf.

Ein Sanitäter des Bauzuges erklärte bei der polizeilichen Vernehmung, dass bei einem Flugzeugangriff im Raum Soest-Lippstadt drei KZ-Häftlinge ums Leben kamen. Einer der drei Toten war ein holländischer Arzt. Dieser Vorfall ereignete sich auf Höhe eines Schrankenwärterhäuschens, bei dem ein Weg aus nördlicher Richtung auf den Bahndamm zuläuft. Da die drei Toten in diesem Bereich beerdigt wurden, wäre es eine große Hilfe, wenn dieses damalige Schrankenwärterhäuschen ermittelt werden könnte. Leider ist man in den 1950er Jahren dieser Angelegenheit nicht nachgegangen.

Die drei Toten des Bauzuges sind nicht in Benninghausen begraben worden. Auch hier wäre es wichtig, weitere Informationen über den Beerdigungsort oder die Stelle am Bahndamm zu erhalten, wo die drei Häftlinge am Bahndamm beerdigt wurden. Es ist davon auszugehen, dass die drei Häftlinge bei einem Fliegerangriff ums Leben kamen.

Am 26. Februar 1945 fuhr der Zug nach Soest und wurde dort stationiert. Bereits zwei Tage später, am 28. Februar 1945, wurde der Bauzug bis auf den Küchenwagen bei einem Bombenangriff auf Soest zerstört. 33 Häftlinge und ein Wachmann kamen ums Leben, 31 wurden verwundet und kamen ins Reservelazarett Bad Sassendorf. 33 Häftlinge waren verbrannt oder wurden vermisst. Die Überlebenden wurden auf dem Lohof in Bad Sassendorf in Scheunen untergebracht.

Zeitzeugen gesucht

Seit drei Jahren sucht Hans-Werner Kaldewei aus Bettinghausen nach Kriegsgräbern im Altkreis Soest. Eigentlich war nur die Zusammenstellung der Kriegsgräber der einzelnen Friedhöfe und deren Veröffenlichung geplant. Dann stellte sich jedoch heraus, dass Gräber fehlten oder dass Daten über die Toten in den Gräbern nicht vorhanden waren. In diesem Artikel geht es darum Zeitzeugen zu finden, die zu bestimmten Vorfällen etwas berichten können. Vor allem Bahnbedienstete und Anwohner der beschriebenen Ort können wichtige Zeugen sein. Kontakt: Hans-Werner Kaldewei, Roggenkamp 15, Bad Sassendorf-Bettinghausen, Telefon 02945/9660577.

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