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Urteil: Tierarzt trifft bei Pferdetritt eine Teilschuld

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Das OLG Hamm entschied, dass einen Tierarzt aus Werl eine Teilschuld trifft, nachdem er von einem Pferd eines Züchters aus Bad Sassendorf getreten worden war. © dpa

Bad Sassendorf/Werl - Die Stute eines Hobby-Pferdezüchters aus Bad Sassendorf trat zu, der Tierarzt aus Werl wurde schwer verletzt und klagte auf Schadensersatz. Den bekommt er nun auch, allerdings nicht in voller Höhe.

Den das Oberlandesgericht in Hamm (OLG) hat entschieden, dass den Arzt eine Teilschuld trifft. In einer jetzt veröffentlichten Pressemitteilung des OLG zur Entscheidung des 6. Zivilsenats vom 19. Dezember 2016 heißt es, der Tierarzt sei mit einem Anteil von einem Viertel schuldig, „weil er sich der Stute in einer erkennbar gefährlichen Situation unsachgemäß genähert hat und dann durch einen Tritt des Pferdes verletzt wurde“. Das OLG hat damit teilweise das erstinstanzliche Urteils des Landgerichts Arnsberg abgeändert. 

Im April 2013 sei der Beklagte aus dem Kurort Halter einer ungerittenen Zuchtstute und ihres etwa drei Wochen alten Fohlens gewesen, erläuterte OLG-Pressedezernent Christian Nubbemeyer. Der Beklagte rief den Arzt zu Hilfe, weil das Fohlen an Durchfall erkrankt war. Beim Eintreffen des Klägers befanden sich Stute und Fohlen in einer etwa drei mal drei Meter großen Pferdebox, die Stute war mit dem Kopf in der hinteren rechten Ecke angebunden. 

Schwere Verletzungen

Um das Fohlen von der Stute zu trennen, versuchte der Züchter zunächst vergeblich, dem Jungtier einen Halfter über den Kopf zu streifen. Daraufhin begab sich der Tierarzt in den vorderen Teil der Box, um das Fohlen am Kopf zu fixieren. In diesem Moment drehte sich die Stute mit dem Hinterteil in Richtung Boxentür und trat aus, wobei sie den Arzt am linken Oberschenkel traf. Der Kläger erlitt Frakturen, Muskel-, Kreuzband-, Gelenkkapsel- und Meniskusverletzungen, er musste operiert und stationär behandelt werden. Aufgrund der Verletzungen hat der Werler Tierarzt vom Beklagten 100 Prozent Schadensersatz verlangt. Ihm sei kein Mitverschulden anzulasten, weil er als Tierarzt zur Behandlung des erkrankten Fohlens verpflichtet gewesen sei. Ein vom Haftpflichtversicherer des Züchters unterbreitetes Vergleichsangebot hatte der Kläger zuvor abgelehnt.  Mit der Klage vor dem 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm sollte nun die Schadensersatzpflicht des Pferdehalters festgestellt werden. Ihr wurde stattgegeben. Der Beklagte hafte als Tierhalter für den Schaden, den seine Stute verursacht habe. 

Stute reagierte auf Trennung vom Fohlen 

Dem Tierarzt sei allerdings ein Mitverschulden anzulasten, schildert Nubbemeyer. Dieses sei in seinem Verhalten vor dem Vorfall begründet. Vor dem Betreten der Pferdebox sei für Tierarzt unschwer erkennbar gewesen, dass er in der für beide Pferde erheblich zu gering dimensionierten Box vom Huf der sichtlich erregten Stute habe getroffen werden können. Er und der Beklagte hätten mit dem Widerstand der Stute gegen die Trennung vom Fohlen rechnen müssen, so die Richter. Das Anbinden der Stute habe ihren Erregungszustand noch erhöht, urteilte das Oberlandesgerichts. 

Um die beiden Pferde zu trennen, habe eine wesentlich weniger risikoreiche Methode zur Verfügung gestanden. Nach Meinung eines Sachverständigen hätten die Stute und ihr Fohlen mit Hilfe einer Nachbarbox und unter Umständen in mehreren Versuchen voneinander getrennt werden können. Dieses Vorgehen wäre dem Tierarzt zumutbar gewesen und hätte die Gefahr einer Verletzung erheblich verringert. Bei der Abwägung sei zu berücksichtigen, dass der Züchter die Pferde in einer zu kleinen Box gehalten und die Stute unsachgemäß mit dem Kopf vom Fohlen entfernt angebunden habe. Trotzdem verbleibe ein mit einem Viertel zu bemessenes Mitverschulden beim Tierarzt aus Werl.

Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 19.12.2016 (6 U 104/15).

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