Bus und Bulli kollidieren: Feuerwehr und Rettungsdienst üben „Massenanfall von Verletzten“

Kräfte der Feuerwehren Bad Sassendorf und Erwitte sowie des Rettungsdienstes wurden am Samstag mit einem Schreckens-Szenario konfrontiert. Es handelte sich um einen simulierten „Massenanfall von Verletzten“.
Lohne - Ein auf der Seite und halb im Graben liegender Linienbus, aus dem Hilfeschreie dringen, auf der anderen Straßenseite ein völlig zerstörter Transporter. An der Grundstücksmauer des Gutshofs Schulz zur Nierden sitzt eine völlig verstörte Frau neben ihrem Fahrrad. Sie wirft sich vor, für diesen Horror-Unfall verantwortlich zu sein, weil sie unachtsam auf die Straße gefahren ist. Es ist eine unwirkliche und schlimme Szenerie, die am Samstagmittag an der Kreuzung Schallerweg/In der Lander in Lohne ihren Lauf nimmt. Durch ihre piependen Melder werden in diesem Moment die Feuerwehrleute aus Lohne, Heppen und Bad Sassendorf zum Einsatz gerufen: „Verkehrsunfall, unklare Lage“, heißt das Alarmstichwort. Dass es sich hier um eine Übung handelt, ist den Einsatzkräften nicht anzumerken. Zu real wirkt die Situation durch Unfallwracks und augenscheinlich schwerstverletzte Menschen.
Lohnes Löschgruppenführer Mirko Mehlan hat sich die Übung mit vier weiteren Kameraden ausgedacht. Er räumt im Nachgang ein: Dem ersten Einheitsführer, der zu Beginn die Verantwortung übernehmen und irgendwie Ordnung ins Chaos bringen muss, wird beim Anblick des Unfall-Szenarios vermutlich etwas durch den Kopf gegangen sein, das wohl im Wörterbuch für Kraftausdrücke zu finden sein dürfte. Doch die Feuerwehrleute handeln instinktiv: Erkundung an beiden Fahrzeugen, wie viele Verletzte gibt es? Wie gelangt man an sie heran? Wie kann man sie befreien? Welche Gefahren drohen vielleicht noch?

Schnell ist klar: Es braucht Unterstützung. So werden weitere Kräfte aus Weslarn und aus den Erwitter Nachbar-Orten Schallern und Horn nachgefordert. Während eine gewaltige Explosion im Motor des verunglückten Busses allen Zuschauern einen gehörigen Schrecken versetzt, arbeiten die Einsatzkräfte unbeirrt weiter, retten einen Verletzten nach dem anderen aus Bus und Bulli. Dafür ist zum Teil schweres Gerät nötig. Im Bus braucht es zusätzlich einen ausgeprägten Gleichgewichtssinn, um mit den Patienten zwischen den Metallstreben hindurch zu balancieren, die eigentlich dafür da sind, um sich an ihnen festzuhalten - zumindest im (stehenden) Normalzustand. Manche von ihnen wird kurzerhand weggeschnitten, die Heckscheibe wird zertrümmert und dient als Ausstieg.
Großübung: Feuerwehr liefert Rettungsdienst einen Verletzten nach dem anderen
Doch mit der Rettung aus den Wracks ist die Arbeit längst nicht erledigt: Kräfte des Kreis-Rettungsdienstes versorgen die Verletzten, kategorisieren: Wer braucht wie schnell welche Hilfe? Es handelt sich um Auszubildende, die sich im dritten Lehrjahr auf dem Weg zum Notfallsanitäter befinden. Ebenso sind die Anwärter zum „Organisatorischen Leiter Rettungsdienst“ dabei. Die Feuerwehrleute „liefern“ ihnen einen Verletzten nach dem anderen zur sogenannten Patientenablage auf dem Gutshof.

Am Ende sind es 15 Verwundete. Ein wahrhafter „Massenanfall von Verletzten“. Vier Rettungswagen, ein Notarztfahrzeug, der Organisatorische Leiter Rettungsdienst sowie der Leitende Notarzt sind vor Ort. Im Ernstfall wären es noch deutlich mehr Rettungsfahrzeuge. Auf den ersten Blick meint man, es handelte sich bei den Patienten um echte Verletzte. Sie werden von „realistischen Unfalldarstellern“ der DLRG-Ortsgruppe Erwitte gemimt.
Realistische Unfalldarstellung: „Du bist fest in deiner Rolle“
Daniela Sievers ist die Leiterin der Gruppe. Rund anderthalb Stunden vor der Übung wurden alle Verletzten realistisch geschminkt: „Wir haben im Vorfeld Verletzungsmuster ausgesucht, die so realistisch wie möglich sind“, erklärt sie. Der Rettungsdienst diagnostiziert Knochenbrüche, Bauch-, Wirbelsäulen, Thorax-Traumata und weitere lebensbedrohliche Verletzungen. Sievers betont, dass die Darsteller hoch konzentriert agieren: „Wenn einmal der Startschuss gefallen ist, bist du fest in deiner Rolle.“

Nach rund einer Stunde ist die Übung beendet. Thorsten Fischer vom Rettungsdienst ist zufrieden mit seinen Auszubildenden: „Das waren ganz neue Erfahrungen für sie, die man selten im normalen Tagesgeschäft erlebt. Bei der Übung ging es besonders um die Organisation und Struktur der Patientenablage. Aus dieser Sicht hat es sehr gut funktioniert.“ Er zieht einen Vergleich zur Realität: „Vom Eintreffen bis zum Ende der Maßnahmen hat es etwa eine Stunde gedauert. Auch in der Realität würde der Fokus darauf liegen, dass alle lebensbedrohlich verletzten Patienten nach einer Stunde in der Klinik sind.“
Großübung von Feuerwehr und Rettungsdienst: Die Fotos
Löschgruppenführer Mirko Mehlan ist ebenfalls zufrieden, die Zusammenarbeit mit den Kameraden aus Weslarn und Erwitte habe gut geklappt. Er dankt denen, die die Übung in dieser Form möglich gemacht haben - es sei alles andere als selbstverständlich, dass man einen Bus und einen Bulli zum Zerschneiden bekommt, wie in diesem Fall vom Soester Auto-Entsorgungsbetrieb „Compes und Schmidt“. Gleiches gelte für den Kran der Lohner Firma „Unitec Spezialtransporte“, mit dem die Fahrzeuge auf die Seite gewuchtet wurden.

Auch Bad Sassendorfs Bürgermeister Malte Dahlhoff und sein Erwitter Kollege Hendrik Henneböhl verfolgen die Arbeit ihrer Feuerwehrleute aufmerksam. Dahlhoff betont: „Das haben sie wirklich gut organisiert. Vor allem mit der Verfügbarkeit von Einsatzkräften und den schnellen Anmarschzeiten bin ich sehr zufrieden. Es beruhigt, dass man weiß, dass es funktioniert.“