Wie Herringsen wachsen könnte

Eine Handvoll Bauernhöfe, dazu etliche Wohnhäuser und das Alte Spritzenhaus: Diese Gebäude machen Herringsen aus. Etwa 100 Einwohner leben derzeit in der stark landwirtschaftlich geprägten Siedlung. Aber eventuell könnten es einige mehr werden. Voraussetzung dafür wäre jedoch die Ausweisung einer Außenbereichssatzung für Herringsen.
Herringsen – Innerhalb der Grenzen einer solchen Satzung könnten in einem moderaten Rahmen neue Häuser entstehen. Dies sei wichtig für junge Familien, die aus Herringsen kommen oder dorthin zurückwollen, erklärte Bürgermeister Malte Dahlhoff am Montagabend auf der Einwohnerversammlung im Alten Spritzenhaus: „Wenn alles so bliebe, wäre außer Umbau in Bestandsgebäuden nichts möglich.“
Bei einer Umsetzung dieser Ideen sind jedoch einige Voraussetzungen und Folgeprobleme zu bedenken. So betonte Dahlhoff wiederholt, dass der Umfang der zusätzlichen Gebäude so bemessen werden soll, dass weiterhin kein Abwasserkanal gebaut werden muss.
Auch gemäß dem derzeit geltenden Abwasserbeseitigungskonzept der Gemeinde sei ein Kanal nicht erforderlich. Allerdings könnten sich die Voraussetzungen aufgrund neuer Richtwerte auch schnell ändern.
Schwerwiegender erschien im Verlauf der Versammlung der Umstand, dass für die Handvoll Bauernhöfe Tierhaltungsrechte bestehen, unabhängig davon, ob sie aktuell genutzt werden oder nicht. Möglicherweise könnten sie zu einem späteren Zeitpunkt durch die nächste Generation reaktiviert werden.

Die Tierhaltung löst jedoch im Baugenehmigungsverfahren die Frage des Immissionsschutzes aus, berichtete Baufachbereichsleiter Wolfgang Stember; konkret: Es müssten Geruchsgutachten erstellt werden. So lange die bestehenden Tierhaltungsrechte nicht aufgegeben werden, genießen die landwirtschaftlichen Betriebe Bestandsschutz. Für die mögliche Satzung folgen daraus dem Bürgermeister zufolge zwei wichtige Aspekte. Zum einen: „Wenn keiner auf Tierhaltung verzichtet, wird es mit der Satzung nichts.“ Zum anderen: „Wenn man die Tierhaltung aufgegeben hat, wird es schwierig, sie wieder zu reaktivieren.“ Für die Landwirte sei dies deshalb eine schwierige Entscheidung, auch angesichts der vielen gegenwärtigen Unsicherheiten.
Im Ergebnis bat Ortsvorsteher Heinrich Brandhoff die Einwohner, dass jeder sich seine Gedanken machen und die Ergebnisse bis Jahresende mitteilen sollte, sodass dann mehr Klarheit besteht: „Was nützt uns die Satzung, wenn alle Bauvorhaben abgelehnt werden.“ Sollte die Erstellung einer Satzung sinnvoll erscheinen, könnte diese vielleicht bis Sommer nächsten Jahres fertig sein, ergänzte Bürgermeister Dahlhoff. Welche Bedeutung die Voraussetzungen und Folgen einer Außenbereichssatzung hat, für Herringsen insgesamt, aber auch für einzelne Einwohner, zeigte sich in der Diskussion.
Dass die Ausweisung weiterer Baugrundstücke sinnvoll sei, erklärte Hans-Joachim Schulze-Wietis: „Herringsen blutet aus.“ Dass die Aufgabe der Tierhaltungsrechte für die Landwirte eine knifflige Frage darstellt, zeigten Wortmeldungen ebenfalls. Ziel der Satzung ist es, innerhalb ihrer Grenzen mehrere Baugrundstücke auszuweisen. Außerhalb der bebauten Bereiche Herringsens ist eine Ausweitung wegen des Vogelschutzgebietes nicht möglich. Mit der Satzung sind außerdem gewisse Gestaltungsvorgaben möglich, zum Beispiel Gründächer als Gegenmaßnahme zur Bodenversiegelung, ein Verbot von Schottergärten oder die Gebote, Bäume zu pflanzen, bestimmte Energiestandards einzuhalten, Doppelhäuser zu errichten.
Bei der Nachnutzung innerhalb der ehemals landwirtschaftlich genutzten Bestandsgebäude sollen maximal zwei Wohneinheiten mit insgesamt 300 Quadratmetern Wohnfläche ausgewiesen werden. Auch gewerbliche Nutzung in ehemals landwirtschaftlichen Gebäuden durch kleinere Gewerbebetriebe werde mitgedacht, sagte Stember. Die bisherige Skizze der Außenbereichssatzung wird über den Ortsvorsteher zudem für die Einwohner verfügbar gemacht.
Wie eine Außenbereichssatzung funktioniert
Nach Paragraf 35 Baugesetzbuch können Kommunen für bebaute Bereiche im Außenbereich, die eine Wohnbebauung von einigem Gewicht aufweisen, weitere Wohnbebauung ermöglichen, indem die Satzung feststellt, dass solche Vorhaben nicht den im Flächennutzungsplan dargestellten Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen und dass sie nicht die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Nach der informellen Information der Einwohner am Montag und nach eventuell weiteren Rückmeldungen ist der Satzungsentwurf weiter auszuarbeiten. Danach wäre die Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen. Nach der dann folgenden weiteren Beratung müsste der Gemeinderat die Satzung beschließen. Wichtig: Anders als bei einem Bebauungsplan folgt aus der Außenbereichssatzung nicht automatisch ein Baurecht, sondern jeder Bauantrag wäre im einzelnen zu prüfen, sind zum Beispiel Tierhaltungsrechte vorhanden, muss geprüft werden, ob ein Bauvorhaben möglich ist oder nicht.