Anwohner finden: Nachnutzung der Hofstelle Werringloer ist überdimensioniert

Dass es wegen der möglichen Nachnutzung der Hofstelle Werringloer in Neuengeseke erhebliche Vorbehalte gibt, haben viele Mitglieder des Gemeinderats und seiner Ausschüsse bereits gemerkt. Nutzten die Bewohner aus Neuengeseke die Einwohnerfragestunden vor den Sitzungen doch ausgiebig, um ihre Argumente vorzubringen. Erkennbar wird dabei auch, dass die Einwohner sich zu einer Art Bürgerinitiative zusammengetan haben, um das weitere Vorgehen zu koordinieren.
Neuengeseke – Die Kritik der Einwohner richtet sich unter anderem gegen die Dimensionen des Vorhabens und die Platzierung etlicher Gebäude im Außenbereich. Angeführt werden auch eine unzureichende Berücksichtigung des Denkmalschutzes und des dörflichen Umfeldes. Die schwierige Verkehrsanbindung oder Hochwasserprobleme sind weitere Punkte. Zugleich versicherten die Einwohner, dass sie keineswegs grundsätzlich gegen eine Nachnutzung der Hofstelle seien.
Dies müsse aber mit Augenmaß erfolgen. Den Einwohnern zufolge gibt es ein alternatives Kaufangebot mit ähnlichen Kaufsumme mit dem Ziel, die Hofstelle denkmalgerecht zu erhalten. Dies müsse auch die Gemeinde bei der Abwägung berücksichtigen, erklärte Ortwin Rodeck: „Wenn es Alternativen gibt, muss sie sich nicht so sehr für den Investor einsetzen.“ Zudem seien auch bei dem Investorenkonzept Folgen zu berücksichtigen, ergänzte Dr. Stefan Rux: „Da kommt einer, stellt was hin und ist wieder weg. Und die Gemeinde muss damit leben.“

Ein wesentlicher Kritikpunkt betrifft die vom Investor vorgesehene Inanspruchnahme des landwirtschaftlich genutzten Außenbereichs. Auf der Skizze betrifft dies die im Süden angeordneten sieben Häuser, und das südliche der beiden Mehrfamilienhäuser. Damit sei ein Verlust an landwirtschaftliche Nutzfläche verbunden. Stattdessen gelte es zuvor, die Verdichtungsmöglichkeiten in den Innenbereichen der Gemeinde auszuschöpfen.
Zudem müsse neuer Wohnraum vor allem dort geschaffen werden, wo es eine entsprechende Infrastruktur bereits gebe. Neuengeseke habe außer dem Kindergarten diesbezüglich aber nichts zu bieten. Der Wohnraum in Neuengeseke erscheine daher zunächst vielleicht günstig, in dem geplanten Umfang würden durch den zusätzlichen Autoverkehr aber wohl mehr Umweltprobleme entstehen als gelöst.
Kritik üben die Einwohner auch am Umgang mit dem Fachwerkwohnhaus, das unter Denkmalschutz steht. Deshalb müsse jedoch auch das Umfeld des Denkmals angemessen berücksichtigt werden. „Die vorliegende Planung kommt einem Abriss des Fachwerkhausens gleich“, bemängelte Michael Landwehr. Gemäß der vorliegenden Skizzen soll der bestehende Bauerngarten verschwinden, um dort Stellplätze mit Zufahrten anzulegen.
Das Rücksichtnahmegebot nach dem Denkmalschutzgesetz werde nicht beachtet, so die Anwohner. Dabei sei die Hofstelle für das dörfliche Erscheinungsbild im Umfeld der Neuengeseker Kirche und der gewachsenen Bebauungsstruktur von prägender Bedeutung. Außerdem bestehe für das Fachwerkwohnhaus die Gefahr, dass es mangels Nutzung über Jahre leer steht und verfällt.
Weitere Vorbehalte betreffen die Verkehrsanbindung. Die Straße Oberdorf sei so eng, dass sichere Fußwege nicht möglich sind. Die „Burg“ der Landjugend versperre zudem bei der Ausfahrt die Sicht nach rechts. Bei 24 Wohneinheiten werde die Unfallgefahr gegenüber den bisher zwei Wohneinheiten erheblich gesteigert. Dabei sei die Straße bei Sperrungen der A44 und durch den Verkehr Richtung Anröchte stark befahren.
Auch das Thema Hochwasserschutz ist den Anwohnern zufolge nicht ohne. Bei starkem Regen gleicht die Straße Oberdorf einem breiten Bach, belegen die Anwohner mit Handyfotos und -filmen.
Grundsätzlich seien sie keineswegs gegen eine Bebauung der Hofstelle, wenn dies innerhalb der Grenzen des Innenbereichs erfolgte. Selbst bei einem Teil der bestehenden Gebäude und Scheunen, die gut in Schuss sind, seien innerhalb des Innenbereichs ähnlich viele Wohneinheiten möglich, wie bei dem Plan des Investors. Sabine Kell: „Die Frage ist, wie weit die Gemeinde in der Verantwortung ist, das zu steuern.“ Dem pflichtete Rux bei: „Die Gemeinde müsste sich neutraler halten, stattdessen wird Druck gemacht.“ Ähnlich argumentierte Rodeck: „Die Triebfeder, Wohnraum zu schaffen, ist legitim, aber da kann man behutsamer herangehen.“
Was auf der Hofstelle geplant ist
Die Hofstelle Werringloer an der Straße Oberdorf in Neuengeseke wird seit einiger Zeit nicht mehr landwirtschaftlich genutzt. Unter Denkmalschutz stehen das Fachwerkwohnhaus und die „Burg“, in der der Landjugend ihren Sitz hat (in der Skizze die grau eingezeichneten Gebäude). Ein Investor möchte auf dem Areal die sonstigen bestehenden Stall- und Wirtschaftsgebäude abreißen und stattdessen verschiedene Neubauten errichten. Im Westen sind zwei Mehrfamilienhäuser vorgesehen, im Osten soll eine Reihe aus sechs kleineren Wohnhäusern entstehen. Im Süden sollen vier Häuser mit je zwei Wohneinheiten sowie – unter Einbeziehung einer Fläche des östlich gelegenen Nachbargrundstücks – drei Einfamilienhäuser ermöglicht werden. Diese sieben Häuser und das südliche Mehrfamilienhaus liegen im Außenbereich, in der Skizze zu erkennen an der schwarzen Linie.