Regionale-Projekt „Auszeit“ ist angelaufen

Einmal unbeschwert durchschnaufen und den anstrengenden Alltag hinter sich lassen: Das ist die Idee hinter dem Regionale-Projekt „Auszeit für pflegende Angehörige“. Nach langen Planungen ging jetzt in der Klinik Wiesengrund die erste Maßnahme dieses speziellen Angebots zu Ende.
Bad Sassendorf – Im Detail wäre durchaus noch einiges zu verbessern, lautete die Rückmeldung der ersten vier Teilnehmer. Ähnlich sieht dies aber durchaus auch die Klinikleitung. Vor dem Beginn der nächsten „Auszeit“ im Januar werde bewusst eine Denkpause eingelegt, um das Angebot weiter anpassen zu können, erklärte Klinik-Chefarzt Dr. Stefan Kothe: „Das ist noch wie ein frisch gebackener Kuchen, wo man noch nicht genau weiß, ob alle Zutaten drin sind.“
An der ersten der auf 19 Tage angelegten Maßnahme haben vier pflegende Angehörige teilgenommen. Drei hatten kurz zuvor abgesagt, angestrebt werde jeweils eine Gruppe von sechs bis acht Personen, so Kothe. Die Rückmeldungen der ersten vier Patienten zeigten, dass die Bedürfnisse je nach der Situation zu Hause unterschiedlich sind. Eine Teilnehmerin hätte gerne mehr darüber erfahren, wie sie mit einer beginnenden Demenz des gepflegten Angehörigen umgehen kann.
Durch den vormittags teils straff getakteten Klinikalltag habe sie sich eingeschränkt gefühlt, berichtete Elke Kautzmann. Dass die Nachmittage zur freien Verfügung standen, bewertete Ruth Rosker wiederum positiv. Die Möglichkeiten zum Schwimmen im Solebad habe sie nach Kräften ausgenutzt. An ihrer geschädigten Schulter sei gut gearbeitet worden. Wie wichtig die Maßnahme gewesen sei, habe sie aber auch daran gemerkt, dass sie eine Woche brauchte, um von der großen Belastung im Alltag herunterzukommen. Der 90 Jahre alte Werner Schürmann erläuterte, dass er sich von der täglichen Belastung körperlich kaputt fühlte: „Ich musste Ruhe haben.“
Ein Fazit aus Sicht der pflegenden Angehörigen: Eine größere Gruppe wäre vielleicht einfacher, weil dann nach den Bedürfnissen der Teilnehmer Schwerpunkte gebildet werden können. Die Anregungen will Anita Strunk von der Patientenaufnahme der Klinik Wiesengrund auf jeden Fall mitnehmen. So erscheine es sinnvoll, die Bedürfnisse oder Erwartungen der Teilnehmer am Anfang intensiv abzufragen, sodass die Gruppe entsprechend aufgeteilt werden kann.
Manche Erfahrungen, bekräftigten die Teilnehmer, hätten sich aber auch bewährt. So der Punkt, dass die zu pflegenden Angehörigen nicht mit in der Klinik Wiesengrund aufgenommen werden. Sonst werde man in der Freizeit doch wieder in die Pflegeaufgaben eingebunden. Auch Hinweise zum Zeitmanagement habe sie als hilfreich erlebt, dass man nicht immer parat stehen muss, dass man auch mal an sich selbst denken muss, berichtete Ruth Rosker. Aus diesem Grund, so Lola Schulte-Balke von der Klinikleitung, stehen die Nachmittage jeweils zur freien Verfügung.
So wie die Umsetzung der Auszeit für pflegende Angehörige in der Klinik etabliert werden muss, so muss sie auch gegenüber den Krankenkassen oder den einschlägigen Beratungsstellen noch bekannter gemacht werden. Vom Antrag bis zur Maßnahme dauerte es teils ein Jahr, auch den Hausärzten sei das Angebot oft noch nicht bekannt. Es gibt aber auch Ausnahmen. Teilnehmer Herbert Conje berichtete, dass die Pflegeberatung der Caritas ihn auf die Auszeit hingewiesen und der Hausarzt den Antrag umgehend formuliert habe.
Projektleiter Lars Vornheder sieht eine wichtige Aufgabe daher darin, die Auszeit für pflegende Angehörige weiter bekannt zu machen und den jeweiligen Bedarf zu prüfen, sodass Schwerpunkte gebildet werden können. Wie wichtig dieses Angebot ist, bekräftigte Teilnehmerin Elke Kautzmann: „Man ist ausgebrannt hierher gekommen, und geht aufgeladen wieder nach Hause.“
Neue Kraft schöpfen
Als Projekt der Regionale 2025 in Südwestfalen sollen mit der „Auszeit in Südwestfalen“ neue Reha-Angebote für Pflegende geschaffen werden. Den pflegenden Angehörigen soll eine „Auszeit“ vom Alltag ermöglicht werden, damit sie mental und körperlich neue Kraft schöpfen können. In der Klinik Wiesengrund wird es ab Januar 2023 kontinuierlich jeweils drei Wochen umfassende Auszeit-Termine geben. Fragen zur Durchführung und zur Anmeldung werden in der Klinik beantwortet