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Hundeweihnachtsmarkt: Schön schräg und ein Volltreffer

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Von: Thomas Brüggestraße

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Golden Doodle Watson posiert zusammen mit Frauchen fürs Foto.
Golden Doodle Watson posiert zusammen mit Frauchen fürs Foto. © Thomas Brueggestrasse

Darf man schmunzeln über einen Hunde-Weihnachtsmarkt? Man darf. Die erste Auflage dieses besonderen Marktes im Tagungszentrum kam jedenfalls bei den Hundehaltern und ihren Lieblingen gut an.

Bad Sassendorf – „Den Vierbeinern ist das schnurz, ob sie eine blaue oder grüne Leine gekauft bekommen, denen ist auch Weihnachten völlig egal“, sagte zum Beispiel Ergotherapeutin Julia Fregin aus Lippstadt – sie kam mit Besuchern im Tagungszentrum (TuK) ins Gespräch, wie aus ihrem Labrador „Cookie“ ein richtig guter Therapiehund wird, was Zweibeiner und Vierbeiner dafür alles beachten müssen. Man kann mit dem üblichen „Ach, das ist aber ein Süßer…“ viel falsch machen, erklärte sie am Stand des deutschen Berufsverbands für Behindertenbegleithunde: Die Hunde sollen arbeiten, also helfen, unterstützen – und dann erst schlabbern und sabbern und spielen.

Bei Handicaps helfen

Cookie wird demnächst helfen, Menschen mit Handicaps zu beruhigen, die in die Ergotherapiepraxis kommen. Der kleine, quirlige Aussiedoodle Bonnie soll Assistenzhund werden und Cordula Reich aus Höxter die Strümpfe ausziehen, Schubladen öffen, Dinge aufheben und anreichen: Cordula Reich ist ohne Arme geboren. Wolfgang Schasse aus Lohne hat Beeinträchtigungen durch Contergan, kommt mit seinen zu kurzen Armen auch nicht überall hin. „Man hat zu kämpfen im Alltag“, erzählt er ganz offen. Assistenzhund „Flori“, ein Double-Doodle, soll helfen – zum Beispiel beim Reißverschlussöffnen. „Hunde-Weihnachtsmarkt? Ob das schräg ist? Nun ja: Wenn wir von Weihnachten und Geschenken sprechen“, sagt Schasse, „dann sind wir hier uns einig, dass es für uns ein Geschenk ist, dass wir diese Tiere haben.

Zwei Damen aus Winterberg schauen, was alles im Angebot ist.
Zwei Damen aus Winterberg schauen, was alles im Angebot ist. © Thomas Brüggestraße

Drumherum ist viel Gewusel an geschätzt einem Dutzend Ständen. Es gibt Leinen und Hundespielzeug, es gibt einen Stand mit hundegerechten Leckerlis, es gibt einen Stand mit pompösen Hunde-Staubsaugern. Keine Sorge: Der Hund ist noch da nach der Behandlung, und zwar bestens geschniegelt und gestriegelt. Hat ihren Preis, die Apparatur Marke Hyla – aber man gönnt sich ja sonst nichts…

Ein Laufband für Hunde, hat man so etwas schon gesehen? Die Vierbeiner, ob groß, ob klein, sie laufen alle bereitwillig auf der Stelle und machen große Augen und einen langen Hals. Sabberalarm: Es gibt Hundekekse zur Belohnung. Da ist es doch egal, was da unter den Pfoten rattert und brummt. „Physio ist gar nicht mal so schlecht, das hat Josefine gerne ausprobiert“, sagt Uwe Naeven aus Unna: „Ich find’s hier ganz interessant.“ Die dreijährige Josefine vom Königsborner Tor ist mit ihrer Mutter Ivalu (6) zu Besuch. Noch ein Keks vielleicht? Na klar…

Watson ist ganz scharf auf „Heimatglück“, ein Stückchen Hundemahlzeit aus dem Allgäu. Marion Weber aus Delecke staunt, wie vorsichtig und wohlerzogen dieser Golden Doodle sich sein Probierstückchen vom hingehaltenen Zahnstocher fischt. Watsons Frauchen ist stolz. „Ein liebes Tier“, sagt sie. Und schiebt hinterher: „Das muss ich mal sagen, dass Bad Sassendorf total hundefreundlich ist. Ich wohne seit zwei Jahren hier mit Watson – wir sind beide richtig begeistert.“ Watson ist schon wieder in eine Unterhaltung vertieft: Golden Retriever Bobby aus Lippstadt möchte ihn doch gerne von allen Seiten beschnuppern. Und spielen… Larissa und Lea aus Lippstadt müssen schmunzeln, wie sich ihr Bobby da so auf dem Parkett wälzt und jümmelt und fiept.

Zwei Damen aus Winterberg kramen am Stand mit Leinen und Co. Hunde-Halstücher haben sie gefunden: „Schau mal: ‚Steuerzahler‘ – ist das nicht knuffig?“

Am Stand von Ralf Mecklenburg, René Hüser-Sürig, Sarah Maas und Tibor Szalai bahnt sich ein Skandal an: Hunde ohne Hosen, ja gibt’s denn sowas? Wer hat das erlaubt? „Hat alles seine Ordnung, erklären die vier: Louie, Fire und Vogue sind sogenannte portugiesische Wasserhunde, und diese eigenwillige Frisur vorne lang und hinten blank haben sie wegen des besseren Auftriebs im Wasser. Portugiesische Wasserhunde helfen beim Fischen, sind begnadete Taucher und supervorsichtige Fischeschnapper – die sollen ja heile bleiben für die Zweibeiner…

TuK-Geschäftsführerin: „Bin begeistert“

„So einen Wasserhund habe ich auch“, erzählt TuK-Geschäftsführerin Britta Keusch: „Aber komplett mit langen Haaren, ohne diese Löwenschur.“ Von der Veranstaltung ist sie begeistert. Weil es eben schön ist, wenn eine Idee funktioniert. Ob das denn nicht nur ein Marketing-Gag war mit dem Weihnachtsmarkt ausgerechnet für Hunde? Sie schmunzelt: „Aber es kommt doch bestens an: Wir haben jetzt gerade eine Stunde geöffnet, und wir haben so viel Besuch, da haben wir gar nicht mit gerechnet. Das werden tolle zwei Tage. Zweifünfzig Eintritt, das ist nicht zu viel, und 50 Cent bekommt immer das Tierheim Soest ab.“ Also nächstes Jahr wieder Hunde-Weihnachtsmarkt? „Auf jeden Fall!“ Wer jetzt mehr profitiert – die Vierbeiner oder die Zweibeiner? „Alle sind glücklich, oder?“

Watson, unser Golden Doodle, er kommt inzwischen groß raus: Natascha Sadlowski aus Essen hat die Kamera klargemacht. Klack, klack, klack, und schon ist Watson abgelichtet im mobilen Fotostudio. Eine rote Weihnachtsmütze haben sie ihm aufgesetzt, ihn zwischen roten Christbaumkugeln, ein paar aufgestapelten Verpackungen und einem „Happy Christmas“ aus Holz arrangiert.

Watson posiert ungerührt wie ein Profi. Hinter der Fotografin stehen Frauchen und Herrchen mit ihren Vierbeinern Schlange. Was soll man sagen? Fröhliche Hunde-Weihnacht. Schön schräg.

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