Jobchancen: Jugendliche mit niedriger Schulbildung werden es in Zukunft schwerer haben
Die Jobchancen für geringqualifizierte Jugendliche werden in den nächsten Jahren noch düsterer aussehen – das sagen Experten. Intensiviert werden sollte unter anderem die Berufsorientierung.
Demografischer Wandel, Fachkräftemangel und Digitalisierung – das sind nur drei Schlagworte, die den Arbeitsmarkt in Deutschland beeinflussen. Die Anforderungen an angehende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steigen gleichzeitig an, das bedeutet vor allem für geringqualifizierte Jugendliche, dass sie vor Problemen stehen könnten. Bildungsexpertinnen und -experten der Bertelsmann Stiftung haben die Zukunftsperspektiven für Jugendliche mit niedriger Schulbildung im Jahr 2030 eingeschätzt.
Geringe Jobchancen: In den nächsten Jahren werden die Qualifikationsanforderungen für Jobs steigen
100 Bildungsexpertinnen und -experten haben an der Umfrage der Bertelsmann Stiftung und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung teilgenommen. Beschäftigt haben sie sich mit den Zukunftsperspektiven für angehende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Für die nächsten acht Jahre vermuten mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent), dass die Qualifikationsanforderungen in Ausbildungsberufen steigen werden. Damit meinen sie auch jene Berufe, die für Jugendliche mit niedriger Schulbildung relevant sind. 61 Prozent der Befragten gehen in diesem Zusammenhang davon aus, dass die Jobchancen und Beschäftigungsmöglichkeiten für geringqualifizierte Menschen abnehmen werden. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Befragten davon ausgehen, dass bis 2030 die Zahl der Ungelernten ansteigen wird.
Der Fachkräftemangel ist ein drängendes Thema unserer Zeit. Es geht aber auch um die persönliche Zukunft der Jugendlichen. Wir müssen uns als Gesellschaft fragen, ob wir es uns weiter leisten können und wollen, dass jedes Jahr viele Jugendliche keinen Anschluss finden und gleichzeitig die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze steigt.
Um dieser Voraussage entgegenzuwirken, brauche es ein entschlossenes Anpacken, damit den Jugendlichen die Chance gegeben werden kann, sich individuell zu entwickeln.

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2030 wird es noch unbesetzte Stellen und unversorgte Bewerber geben
Die Bildungsexpertinnen und -experten sehen allgemein strukturelle Probleme und Ungleichgewichte auf dem Arbeitsmarkt. So geben 85 Prozent der Befragten an, dass sie glauben, dass es auch im Jahr 2030 noch freie Ausbildungsstellen auf der einen Seite gebe und auf der anderen Seite seien weiterhin unversorgte Bewerberinnen und Bewerber, die diese Stellen nicht ausfüllen könnten. Übergangsmaßnahmen für Jugendliche, die im ersten Anlauf keinen Ausbildungsplatz ergattern konnten, sehen rund 60 Prozent als wahrscheinlich an. Clemens Wieland, Ausbildungsexperte der Bertelsmann Stiftung, sieht einen klaren Auftrag: „Wir müssen allen jungen Menschen eine verlässliche Ausbildungsperspektive bieten“. Das gehe aus dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung unter dem Punkt Ausbildungsgarantie hervor. Diese sollte „schnell und wirkungsvoll“ umgesetzt werden, heißt es auf der Webseite der Bertelsmann Stiftung.
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Wie können Jobchancen verbessert werden?
- Berufsorientierung: Fast 90 Prozent der Befragten meinen, dass die schulische Berufsorientierung verbessert werden müsse, damit es bessere Übergangschancen geben könne. Es wird kritisiert, dass die Angebote derzeit zu wenig an den Stärken und Potenzialen junger Menschen orientiert ist. Auch sei die Informationsflut vor allem für Jugendliche mit niedrigen Schulabschlüssen überfordernd. Wichtig sei mehr Unterstützung bei der Orientierung.
- Individuelle Begleitung: Das wünschen sich 83 Prozent der Befragten, wichtig dabei sei Kontinuität, damit Übergänge von der Schule zur Ausbildung besser gelängen. Die Jugendlichen sollten in diesem Fall dort abgeholt werden, wo sie sich gerade befinden. Mit Coaching und Beratung sollen sie dann in die Ausbildung gebracht werden.
- Flexibilisierung der Systeme: Beispielsweise seien Teilqualifikationen, die erworben werden können, möglich, um Auszubildende schrittweise zu einem Abschluss zu führen. Dieses Modell halten 61 Prozent der Befragten für „eher“ bis „sehr wünschenswert“. Eine Realisierung sehen die Befragten allerdings eher erschwert, denn 60 Prozent glauben, dass das Konzept unwahrscheinlich sei. Gleichzeitig erwarten 70 Prozent der Befragten, dass Betriebe zunehmend nach Menschen mit Teilqualifikationen fragen werden.