"Corona-Hotspot"-NRW nach Tönnies-Skandal: Virus kommt von der Konkurrenz
Wird Gütersloh das neue Ischgl? NRW gilt nach den Massenausbrüchen als Coronahotspot. Nun wird klar: Das Coronavirus kam von Westfleisch nach Tönnies.
- NRW gilt nach Tönnies-Massenausbruch als Coronavirus-Hotspot - zumindest in Teilen.
- Der Ausbruch hängt mit Fleischproduzenten und Konkurrenten Westfleisch zusammen.
- Derweilen kämpfen Menschen in der Urlaubszeit mit dem Stigma "Hotspot".
NRW ist im Ausnahmezustand - zumindest partiell. Im Kreis Gütersloh und im Kreis Warendorf wurde der Lockdown* ausgerufen, nachdem beim Fleisch-Riesen Tönnies über 2000 Infektionen mit dem Coronavirus bekannt wurden. Nun wird klar: Die Infektionen hängen direkt mit dem Konkurrenten Westfleisch zusammen.
Der Massenausbruch beim Fleisch-Produzenten Tönnies machte NRW zum Corona-Hotspot. Ganze Regionen werden stigmatisiert - zum Beispiel Drensteinfurt im Kreis Warendorf* - und das ganz ohne Corona-Fälle. Bürger stellen Tönnies für die Coronavirus-Vorfälle an den Pranger.
Nach Recherche von t-online.de hängt der Massen-Ausbruch vom Fleisch-Riesen Tönnies in Rheda-Wiedenbrück* mit dem Ausbruch bei Westfleisch, beziehungsweise der Tochtergesellschaft von Westfleisch und Danish Crown, Westcrown, zusammen. Also mit der Konkurrenz von Tönnies.
Laut den t-online-Informationen trafen Tönnies-Mitarbeiter bei einem Gottesdienst auf infizierte Westcrown-Mitarbeiter aus Dissen (Niedersachsen). Andere Mitarbeiter beide Unternehmen trafen wohl zeitgleich laut Auskunft des Landkreises Osnabrück in einem Restaurant aufeinander.
Westfleisch und Tönnies: Coronavirus-Ausbruch macht NRW zum Hotspot
Ein Sprecher des Kreises Gütersloh bestätigte nun die Erkenntnisse, sagt dpa. Auch NRW-Staatssekretär Edmund Heller gab bekannt, dass es sich um eine kirchliche Veranstaltung gehandelt habe. Ob die Fälle im direkten Zusammenhang mit den Tönnies-Skandal stehen, ist noch nicht bestätigt. Der Gottesdienst fand demnach am 17. Mai in einer Kirche in Herzebrock-Clarholz im Kreis Gütersloh statt. In dem Gottesdienst waren auch Besucher ohne Bezug zur Fleisch-Industrie.
Die Mitarbeiter wussten laut Medienberichten nichts von der Infektionskette. Zunächst seien bei Tönnies nach den Treffen nur wenige Infektionen bekannt geworden. Zeitgleich habe es in Niedersachsen bei Westcrown (der Tochterfirma von Westcrown und Westfleisch) zahlreiche Infektionen: Mehr als die Hälfte der 280 Westcrown-Mitarbeiter hatte sich infiziert.
Coronaausbruch bei Tönnies und Westfleisch: Region unter Hotspot-Verdacht
Derweilen kämpfen nach den Coronavirus-Ausbrüchen bei Westfleisch und Tönnies die betroffenen Kreise und das gesamte Bundesland Nordrhein-Westfalen gegen die Stigmatisierung - und das mitten in der Urlaubszeit und direkt zum Start der Sommerferien in NRW*. Die benachbarte Großstadt Hamm (Westfalen) geriet nach Berichten der Bild unter Generalverdacht einer der Top-5-Hotspots für das Coronavirus zu sein.
Der schleppende Informationsfluss der Tönnies-Verantwortlichen war in vielen Städten und damit auch in Hamm* Ursache dafür, dass es in den letzten Tagen im Hammer Rathaus einen offenbar nervenzehrenden Wettlauf gegen die Zeit gegeben hatte. Die Gefahr einer zweiten Welle des Coronavirus', ausgelöst durch Kinder von Tönnies-Mitarbeitern, die das Virus an den Schulen und Kitas in Hamm verbreiten, ist offenbar erheblich größer gewesen als bislang anzunehmen war.
Corona bei Tönnies und Westfleisch: Ruf nach einheitlichem Handeln in der Pandemie
„Statt die Bevölkerung aus Gütersloh und Warendorf unter Generalverdacht zu stellen, ist Solidarität und gemeinsames koordiniertes Vorgehen der betroffenen und benachbarten Kommunen erforderlich“, so der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Hans-Albert Gehle. Noch sind die Fälle recht auf Westfleisch- und Tönnies-Mitarbeiter beschränkt. „Die Menschen in den Kreisen Gütersloh und Warendorf brauchen keine Stigmatisierung und Ausgrenzung, sondern unsere gemeinsame Unterstützung."

Bisher halten sich demnach die Infektionen vor allem im Umfeld der Tönnies-Mitarbeiter. Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe sagt: "Da bisher hier die Allgemeinbevölkerung nicht stärker betroffen ist als an anderen Orten in Deutschland, muss das Überspringen in die Allgemeinbevölkerung verhindert werden.“
Tönnies und Coronavirus: Infektionen machen nicht vor Grenzen halt
Die Ärztekammer fordert nun, dass das Land NRW in der Coronavirus-Pandemie mehr Verantwortung und Steuerung übernimmt, anstatt die Kreise Gütersloh und Warendorf im Lockdown zu lassen. Es müsse verhindert werden, die Ausbreitung entlang der Autobahn A2 - die durch NRW führt - zu verhindern.
Laut Ärztekammer Westfalen-Lippe reicht es nicht mehr aus, die Aufgaben auf alle 50 Kommunen in NRW zu verteilen. Das Land müsse einheitlich agieren, weil das Coronavirus sich nicht an Grenzen hält, statt Regionen wie Gütersloh und Warendorf zu stigmatisieren.
Mittlerweile sorgt der Ausbruch bereits für Aggressionen. Im Kreis Warendorf wurden Autos von Tönnies-Mitarbeitern angezündet. Auf Schalke ist eine Demo angekündigt. Firmen-Chef Clemens Tönnies ist Aufsichtsratsvorsitzender beim FC Schalke 04. - *WA.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks