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Präsident der Lungenärzte warnt trotz Corona-Ende: „Es wird weiter schwere Verläufe geben“

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Von: Anne-Christine Merholz, Max Müller

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Pneumologe Torsten Bauer spricht im Interview über die schwierige Situation der Krankenhäuser, fehlende Beatmungsgeräte und die Lauterbach-Reform der Kliniken.

Berlin – Was gibt es für News aus der Beatmungsmedizin? Was vor Jahren vermutlich nur für Experten interessant wäre, ist durch die Corona-Pandemie längst für alle Menschen relevant. Zu präsent sind die Meldungen von knappen Beatmungsgeräten, kaputtsparten Krankenhäusern und überlastetem Klinikpersonal. In dieser Woche informiert die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) über die neusten Erkenntnisse von einem Kongress. Am Donnerstag wird NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann erwartet, der sich zur Zukunft der ambulanten und stationären Versorgung äußern wird. IPPEN.MEDIA hat vorab mit DGP-Präsident Prof. Dr. med. Torsten T. Bauer gesprochen.

Prof. Dr. med. Torsten Bauer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)
Prof. Dr. med. Torsten Bauer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) © privat

Professor Bauer, wie blicken Sie auf das Ende der Corona-Pandemie?

Wir Pneumologen und Beatmungsmediziner haben gelernt, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 eine gut behandelbare Erkrankung ist. Früh angewendet sind antiviral wirksame Medikamente wirksam und Kortison kann einen schweren Verlauf in vielen Fällen verhindern. Aber trotz dieser Medikamente und der zunehmenden Variationen von Antikörpern in der Bevölkerung wird es weiter schwere Verläufe geben.

Hat sich die Situation der Beatmungsmedizin nach der Pandemie verbessert oder verschlechtert in den Krankenhäusern?

Wir haben in der Pandemie gelernt, dass eine schlichte Ausweitung der Beatmungskapazität durch Verteilung von technischem Gerät nicht der richtige Weg ist, weil das ausgebildete Personal hierfür fehlt. Denn anders als erhofft ist die Situation in den Kliniken weiter angespannt, das Personal oft knapp, viele Betten nicht zu betreiben. Die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach angestoßene Reform der Krankenhausversorgung muss jetzt die Belange großer Patientengruppen wie der von Lungenerkrankten besser finanzieren – immerhin sprechen wir hier von mindestens 16 Millionen Betroffenen in Deutschland, die Corona-Zahlen und Long-Covid-Patienten noch nicht mit einbezogen.

Masken zur Beatmung waren in vielen Intensivstationen während der Corona-Pandemie knapp.
Masken zur Beatmung waren in vielen Intensivstationen während der Corona-Pandemie knapp. © Jens Büttner/dpa

„Es erfordert Investitionen in Millionenhöhe“

Was haben wir als Gesellschaft aus der Pandemie bezüglich der Pneumologie und Beatmungsmedizin gelernt?

Die Menschen im Land haben gerade während der Pandemie gelernt, wie viel von einer funktionierenden und ausreichend finanzierten Krankenhausversorgung abhängt.

Und die Politik?

Sie muss handeln, um pneumologische Fachkliniken zu stärken: Mehrere Krankenhäuser an einem Standort zusammenzuführen ist nicht populär, kann sich aber positiv auf die Qualität und die Personal- und Technikproblem auswirken.

Das klingt teuer.

Es erfordert Investitionen in Millionenhöhe. Zudem müssen wir deutschlandweit mehr Studien- und Ausbildungsplätze anbieten – womit auch eine Aufstockung des Lehrpersonals einhergehen muss. Auch brauchen wir professionelle Anwerbe- und Qualifizierungsprogramme für Zuwanderer aus Gesundheitsberufen oder solche, die sich darin ausbilden lassen wollen. Wir fordern außerdem, dem System der Leihunternehmen durch gesetzliche Maßnahmen – zum Beispiel die Begrenzung der Vergütung oder die Pflicht zu Nacht-, Wochenend-, Feiertagsdiensten – entgegenzutreten, die die Benachteiligung des festangestellten Personals aufheben. Politik, Berufsverbände, Kostenträger und Krankenhäuser müssen jetzt gemeinsam dafür sorgen, dass der Arbeitsplatz Krankenhaus für Ärztinnen und Ärzte wieder attraktiv gestaltet wird

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